Von Kinderarbeit bis Schleichwerbung

Recht im Influencer-Marketing: Darauf muss man achten

Veröffentlicht: 21.08.2020 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 10.08.2022
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Der eine folgt ihnen, der andere kann es einfach nicht nachvollziehen: Die Rede ist von Influencern. Seit einigen Jahren schon bestimmen sie die Marketing-Landschaft auf den verschiedenen Social-Media-Plattformen. In Sachen Recht sind sie vor allem wegen Schleichwerbung immer wieder Gesprächsstoff. Dabei ist dies nicht der einzige rechtlich interessante Aspekt von Influencer-Marketing. 

Was ist ein Influencer?

Das Wort Influencer taucht sehr oft auf, aber: Was bedeutet es eigentlich? Influencer leitet sich von dem englischen verb „to influence“ ab, welches beeinflussen bedeutet. Plump übersetzt bedeutet Influencer also Beeinflusser. 

Personen mit einer starken Präsenz und hohem Ansehen in Form von Followern auf Social-Media-Plattformen werden als Influencer bezeichnet. Wie viele Anhänger ein Profil haben muss, um als Influencer zu gelten, ist allerdings nicht definiert. Hier kommt es auch stark darauf an, in welchem Bereich der Influencer tätig ist. Influencer mit unter 100.000 Followern werden allerdings bereits als Micro-Influencer bezeichnet. Für ein Nischenthema, wie zum Beispiel das Sammeln von Münzen, dürften die Werte allerdings etwas anders ausfallen als etwa im stark frequentierten Modebereich.

Verdient ein Influencer mit seiner Präsenz Geld, spricht man von Influencer-Marketing. Hier haben Influencer unterschiedliche Möglichkeiten, Geld zu verdienen: Sei es über Affiliate-Links oder über Verträge mit Unternehmen, die Influencer für das Präsentieren von Produkten bezahlen. 

Unternehmertum und Influencer

Viele Influencer träumen davon, ihren Lebensunterhalt durch ihre Tätigkeit zu bestreiten. Wer gerade damit anfängt und die ersten zaghaften Schritte in Richtung Monetarisierung wagt, sollte aber aufpassen: Wer vor hat, Geld zu verdienen, muss eventuell schon früh ein Gewerbe anmelden und natürlich auch Steuern zahlen. Dabei müssen Umsatzsteuer, Gewerbesteuer und Einkommenssteuer berücksichtigt werden. 

Eine Sache, die insbesondere Influencer nicht vergessen dürfen, sind die Geschenke von Unternehmen: Nicht selten schicken Hersteller Influencern kostenlos, teilweise auch ungefragt, Produkte zu. Dürfen diese behalten werden, müssen Influencer das bei der Steuer berücksichtigen. Bei solchen Geschenken handelt es sich um steuerpflichtige Sachzuwendungen. Ausnahmen bestehen für Sachen von geringem Wert oder wenn das Unternehmen die Geschenke bereits versteuert hat.

Das Thema Gewerbe und Steuern ist komplex. Influencer müssen – wie jeder andere Unternehmer auch – ihre Ein- und Ausgaben dokumentieren. Um teure Fehler zu vermeiden lohnt es sich also, möglichst früh Rat bei einem Steuerberater zu suchen.

Vom Juristen zum Reise-Influencer 

In Sachen Unternehmensgründung gibt es sicherlich unterschiedliche Ansatzpunkte. Viele Influencer dürften allerdings eher auf gut Glück zum Beruf gekommen sein. Meist fängt es damit an, dass sie einen Blog auf Instagram pflegen und erst mit wachsender Aufmerksamkeit auf die Idee kommen, das ganze planmäßiger anzugehen. Es gibt aber auch Influencer, die von Anfang an professionell an die Sache heran gehen. Ein solches Beispiel ist der Jurist Marcel Schneider: Nach seinem Examen entschied er: „Ich werde Reise-Influencer.“ Vom ersten Tag an fokussierte er gemeinsam mit seiner Partnerin dieses Ziel. Heute betreiben die beiden neben ihrem Reiseblog eine Marketing-Agentur.

Ihr Geld verdienen die beiden damit, indem sie zum Beispiel Sponsored Posts an Unternehmen verkaufen oder die Produkte der Unternehmen mit auf Reise nehmen, um sie besonders in Szene zu setzen. Es kommt auch vor, dass Hotels ihnen Übernachtungen anbieten, wenn sie dafür auf dem Blog erwähnt werden. 

Durch ihre Tätigkeiten verdient das Paar laut eigenen Angaben der LTO gegenüber im Jahr etwa 140.000 Euro brutto (Stand: 2019).

Wenn der Minderjährige Geld verdient – zwischen Hobby und Kinderarbeit

Während manche Eltern alles dafür tun, um ihre Kinder aus dem Internet herauszuhalten, gibt es andere Familien, in denen der junge, minderjährige Spross bereits als Influencer gilt. Spielzeugtests, Anleitungen oder einfach nur Videos vom Kind beim Hobby: All das ist nicht mehr neu. Ebenso wenig neu sind Werbeverträge für die jungen Influencer. Diese verdienen damit also ihr Geld. Bei so manch einem mag da direkt eine Alarmglocke schrillen: Ist Kinderarbeit nicht verboten?

In Deutschland ist Kinderarbeit grundsätzlich verboten, Als Kinder gelten dabei alle Personen bis 14 Jahre. Für schulpflichtige Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren gelten die gleichen Spielregeln, wie für Kinder. Ab einem Alter von 15 Jahren dürfen Jugendliche 40 Stunden die Woche arbeiten, aber maximal acht Stunden am Tag. Arbeit am Wochenende ist nicht erlaubt. Kinder über 13 dürfen mit der Erlaubnis ihrer Eltern zwei Stunden (auf Bauernhöfen drei Stunden) am Tag arbeiten, wenn es sich um leichte, für Kinder geeignete Beschäftigungen handelt. Zwischen 18 und 8 Uhr gilt eine Ruhezeit. Die Kinderarbeit darf außerdem nicht die Schulleistung beeinträchtigen. 

So weit zur rechtlichen Lage. Woher kommen dann die ganzen Kinder im Rundfunk und den Theaterbühnen? Für Theater, Fernsehen und Film sieht das Jugendarbeitsschutzgesetz Ausnahmen vor. Allerdings gibt es hier Regeln. So muss bei der zuständigen Behörde eine Genehmigung beantragt werden. Außerdem müssen auch dort bestimmte Zeitbegrenzungen eingehalten werden. Auch das zuständige Jugendamt muss angehört werden. Bei der Bewilligung wird bestimmt, wie lange, wann und an welchem Tag das Kind arbeiten darf, wie lange die Ruhepausen andauern und wie viel Zeit das Kind maximal an der Beschäftigungsstelle verbringen darf.

Der Auftritt auf Social-Media-Plattformen sollte eigentlich eins zu eins unter genau diese Sonderregelung fallen. Wie ein Beitrag von Funk zeigt, sieht die Praxis aber anders aus: In dem Beitrag besucht die Reporterin eine Familie, deren neunjährige Tochter als Influencerin bereits Geld verdient. Die Gewerbeaufsicht fühlt sich nicht zuständig, obwohl sie das Jugendarbeitsgesetz auf diese Sachverhalte anwenden könnte. Offenbar muss auch hier erst einmal der Gesetzgeber nachbessern.

Werbekennzeichnung im Social-Media-Bereich

Influencer sind besonders in den letzten Jahren immer wieder Gesprächsstoff, wenn es um die Werbekennzeichnung geht. Dabei ist die Kennzeichnung von Werbung nichts, was ausschließlich Influencer trifft, sondern etwas, von dem jeder betroffen ist, der Inhalte im Internet der Öffentlichkeit präsentiert. 

„Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte“, heißt es dazu in § 5a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb.

Jeder, der mit seinem Inhalt einen kommerziellen Zweck verfolgt, muss diesen Zweck kennzeichnen. Ein Inhalt ist kommerziell, sobald er nicht als redaktionell eingestuft werden kann. Ein kommerzieller Zweck liegt beispielsweise dann vor, wenn der Blogger für den Inhalt eine Gegenleistung erhält oder aber mit seinem Post den Umsatz eines eigenen oder fremden Unternehmens steigern möchte. 

Bekommt der Influencer eine Gegenleistung für den Inhalt, oder hat die Absicht einen fremden Absatz zu fördern, so muss eine Werbekennzeichnung her. Werbung für eigene Produkte oder sich selbst muss hingegen nicht gekennzeichnet werden. Das liegt am Sinn und Zweck der Werbekennzeichnung.

Sinn und Zweck der Werbekennzeichnung

Vom Betrachter werden kommerzielle Inhalte erwiesenermaßen viel kritischer beurteilt als redaktionelle Inhalte. 

Preist ein Unternehmen sein Produkt in der Werbung als das Beste an, so wird der Betrachter dieser Aussage nicht viel Gewicht beimessen. Schreibt hingegen jemand eine Produktrezension, in der er auf die Vor- und Nachteile des Produktes eingeht und hinterher ein positives Urteil fällt, wird dieser Aussage viel mehr Wert beigemessen als der Antwort. Würde der Leser nun aber wiederum wissen, dass der Blogger für diese Produktrezension bezahlt wurde oder das Produkt kostenlos vom Hersteller erhalten hat, wird der Beitrag wieder kritischer gelesen, denn möglicherweise war der Blogger beim Austesten nicht ganz so unbefangen. 

Bei der Werbekennzeichnung geht es also einfach um eine Vorwarnung an den Betrachter. Dabei ist „Vor“-Warnung ganz wörtlich zu nehmen. Die Kennzeichnung sollte so früh wie möglich, am besten also ganz zu Beginn des Beitrags erfolgen. Außerdem sollte das ganze Kind auch beim deutschen Namen genannt werden: Anzeige, Werbung, bezahlte Partnerschaft, unbezahlte Werbung – Hauptsache, dem Betrachter wird hierzulande klar, dass es sich bei dem Text oder Bild eben um keinen rein redaktionellen Inhalt handelt.

Was muss wie gekennzeichnet werden?

Genau diese Pflicht ist in den letzten Jahren massiv diskutiert wurden. Grund dafür sind beispielsweise Abmahnungen gegen namhafte Influencer, wie Vreni Frost und Cathy Hummels. Hinzu kommen noch teilweise schwer nachvollziehbare Urteile von Gerichten und schon ist das Chaos perfekt. Viele kennzeichnen nun zur Sicherheit alles, was aber auch nicht immer der richtige Weg ist und sogar teuer werden kann: Markiere ich in einem als Werbung gekennzeichneten Beitrag eine Marke, suggeriere ich damit eine wirtschaftliche Verbindung zu der Marke. Besteht diese nicht, kann der Markenbesitzer juristisch gegen mich vorgehen. 

Fakt ist, dass die gesetzliche Grundlage eigentlich recht eindeutig ist, viele Gerichte aber mit dem jungen Berufsbild des Influencers ihre Probleme zu haben scheinen. Das eine Gericht sagt, dass Influencer gar nichts kennzeichnen müssen, da ja eh klar sei, dass hier nichts ohne kommerzielles Interesse geschieht; wiederum andere sagen, dass jede Erwähnung eines Unternehmens das Verfolgen eines kommerziellen Zwecks darstellt, egal, ob dafür eine Gegenleistung geflossen ist, oder nicht. Schließlich nutze der Influencer die Markennennung nicht zuletzt, um auf sich aufmerksam zu machen und in der Zukunft vielleicht Geld von dem genannten Unternehmen zu erhalten. 

Die Verwirrung ist verständlich und der Knoten, der dadurch entsteht, kann wohl nur durch ein höchstrichterliches Urteil gefällt werden. Influencern und Influencerinnen kann daher nur geraten werden, sich nicht durch jedes noch so kleine Urteil verunsichern zu lassen. Doch: Was kann hier geraten werden?

Nummer 1: Ehrlich sein

Fließt eine Gegenleistung, sollte damit ehrlich umgegangen werden. Egal, ob das Produkt nun kostenlos zur Verfügung gestellt wurde oder tatsächlich Geld geflossen ist. Jedem ist mittlerweile klar, dass Influencer sich durch Werbeverträge finanzieren. Unehrlichkeit kann sich hier auch negativ aufs Image auswirken.

Nummer 2: Support für fremde Unternehmen

Es ist kein Geld geflossen, aber es soll ein Unternehmen aktiv unterstützt werden? Dann muss ebenfalls eine Werbekennzeichnung her, denn hier soll nun konkret der Umsatz des fremden Unternehmens gesteigert werden. Es geht eben nicht darum, die Leser zu informieren und ihnen Tipps zu geben.

Nummer 3: Persönliche Empfehlungen auch als solche gestalten

Wird ein Produkt aus der eigenen Überzeugung heraus empfohlen, dann sollte diese Empfehlung auch in einen entsprechenden, redaktionellen Beitrag eingebettet werden. Es reicht eben nicht aus zu sagen: „Heute trage ich wieder die tolle Sonnencréme von XYZ.“ Es ist ganz klar, dass dies als Werbung verstanden werden kann und entsprechend unliebsame Folgen nach sich zieht. Wer seinen Followern echte Empfehlungen geben will, muss schon ein wenig mehr in die Tasten hauen. Warum ist die Créme gut? Welche Konsistenz hat sie? Wie riecht sie? Zieht sie gut ein? Und: Was ist vielleicht nicht so gut?

Wer behauptet, den Betrachter über Produkte informieren zu wollen, sollte auch Informationen zur Verfügung stellen. Ohne diese Informationen wirkt ein inhaltsloser Beitrag gerade bei Influencern als Indiz für kommerzielle Ziele. 

Influencer als Werbebotschafter: Infos für Online-Händler

Als letztes widmet sich dieser Beitrag noch der anderen Seite: Damit ein Influencer Geld verdient, muss es natürlich auch das Unternehmen geben, welches die Marketing-Leistung bucht. Das machen nicht nur große Unternehmen, sondern auch kleinere Firmen. Wer einen Influencer mit dem Bewerben der Produkte beauftragen möchte, sollte allerdings einiges beachten.

Tipp 1: Schriftlicher Vertrag

Das A und O ist wie bei allem natürlich ein schriftlicher Vertrag. Immerhin investiert der Händler in die Leistung. Der Vertrag sichert an dieser Stelle den Influencer und auch das Unternehmen ab.

Tipp 2: Leistung festlegen

In diesem Vertrag sollte genau festgelegt werden, welche Leistung vom Influencer gefordert wird. Es bringt nichts zu sagen, dass die Person einfach nur das Produkt nennen soll. Allein auf Instagram gibt es mindestens zwei Möglichkeiten, Inhalte zu präsentieren: Da ist einmal der normale Feed und zum anderen die Story, in der Bilder allerdings nur 24 Stunden lang zu sehen sind. Es ergibt also durchaus Sinn, genau festzulegen, wo die Nennung der Produkte stattfinden soll.

Tipp 3: Dauer festlegen

Beiträge auf Blogs, bei Facebook und bei Instagram können natürlich gelöscht werden. Das kann dazu führen, dass der Influencer zwar wie vereinbart den Beitrag mit der Nennung des Unternehmens postet; diesen Post aber nach Bezahlung wieder löscht. Daher sollte in dem Vertrag auch immer vereinbart sein, wie lange der Post mindestens auf der vereinbarten Plattform abrufbar sein sollte. 

Tipp 4: Vereinbarung zur Werbekennzeichnung

Zu guter Letzt sollte der Händler auch immer schriftlich festhalten, dass der Influencer die kommerziellen Inhalte auch tatsächlich als Werbung kennzeichnet. So eine Klausel mag zunächst irritieren, schließlich ist der Influencer für die Kennzeichnung verantwortlich. Dennoch ergibt diese Formulierung Sinn, denn: Kennzeichnet der Influencer die Beiträge nicht als Werbung, kann das genannte Unternehmen verdächtigt werden, das genau so auch gewollt zu haben und von einem Mitbewerber abgemahnt werden. Daher ist es gut, einen Vertrag zu haben, mit dem man nachweisen kann, dass genau diese Situation vom Unternehmer eben nicht gewollt war. So eine Klausel ist auch in dem Mustervertrag für Influencer-Marketing des Händlerbundes erhalten. Das Muster kann kostenlos über den HB Marketplace erworben werden.

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