Eskalierte Garagenverkäufe und keine Haftung bei Tod

Über Recht und Unsinn: Wenn Verbraucher verkaufen...

Veröffentlicht: 01.09.2020 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 18.08.2022
Mann rauft sich panisch die Haare.

Wenn Verbraucher verkaufen, raufen sich Juristen panisch die Haare oder verfallen in ein lautes Auflachen. Grund dafür sind die Irrtümer, die sich wacker halten und sich wie ein roter Faden durch die zahlreichen Angebote von Verbrauchern auf Portalen wie Ebay und Ebay Kleinanzeigen ziehen.

Der Unbedachte: Keine Gewährleistung oder Garantie

Würde man aus typischen Verbraucherphrasen ein Bullshit-Bingo machen, so würde die Aussage: „Privatkauf! Keine Gewährleistung oder Garantie“ wohl am schnellsten ein Häkchen bekommen. Schauen wir uns die Aussage doch einfach mal von der juristischen Seite an.

Keine Garantie – So nützlich wie ein Stein im Schuh

Wer sich ein wenig auskennt, dem wird die Aussage, dass keine Garantie auf das Produkt gegeben wird, weh tun. Diese Aussage offenbart nämlich eines: Dass der Verbraucher keine Ahnung hat. 

Garantie und Gewährleistung werden zwar oft in einem Atemzug genannt, sind aber zwei grundlegend unterschiedliche Sachen: Während die Gewährleistung gesetzlich vorgeschrieben ist, ist die Garantie eine rein freiwillige Sache. Bei der Garantie verspricht der Verkaufende oder das herstellende Unternehmen, dass ein Produkt oder Teile eines Produktes über einen festgelegten Zeitraum eine bestimmte Beschaffenheit aufweisen.

Die Aussage, dass ein Privatverkäufer kein Garantieversprechen abgibt, ist also absolut überflüssig, aber immerhin nicht schädlich. Anders sieht es da schon mit der Aussage zur Gewährleistung aus.

Keine Gewährleistung – Die Vertragserfüllung dem Zufall überlassen

Im Gegensatz zur Garantie ist die Gewährleistung gesetzlich bestimmt. Unter der Gewährleistung versteht man die Haftung für einen Mangel. Bemerkt der Käufer nach dem Kauf einen Sach- oder Rechtsmangel, so kann er beim Verkäufer Nacherfüllung verlangen. Verweigert der Verkäufer die Nacherfüllung, kann vom Kaufvertrag zurückgetreten werden. Auch Schadensersatzansprüche sind möglich.

Das Gewährleistungsrecht sorgt dafür, dass Verträge gehalten werden. Was der Verkäufer verspricht, muss er auch leisten. Schafft er dies nicht, so bekommt er dank des Rechts der zweiten Andienung im Rahmen der Nacherfüllung nochmal die Chance, seinen Vertrag einzuhalten. Gewährleistungsansprüche verjähren in der Regel nach zwei Jahren. Bei gebrauchten Produkten kann auch eine kürzere Gewährleistung vereinbart werden. 

Klassische Gewährleistungsfälle sind irgendwelche Schäden am Produkt, über die nicht in der Produktbeschreibung informiert wird. Ein Sachmangel liegt aber auch dann vor, wenn der Verkäufer ein Produkt in der falschen Größe liefert, ein komplett anderes Produkt als gekauft versendet oder die Ware gar nicht erst zur Post bringt. Explodiert beim Öffnen des Pakets das unsachgemäß verpackte Elektroprodukt in den Händen des Käufers, ist dies im übrigen auch ein Sachmangel. Die an den Händen entstandenen Brandverletzungen können im Wege des Schadensersatzes auf Grundlage des Gewährleistungsrechts beim Verkäufer ausgeglichen werden. 

Und damit ist doch eigentlich schon alles gesagt, oder? Statt zu schreiben, dass der private Verkäufer keine Gewährleistungsrechte einräumt, kann er genauso schreiben: „Ich übernehme keinerlei Haftung. Eine Haftung ist ebenfalls ausgeschlossen, wenn wegen meiner Verantwortung jemand stirbt.“ Das klingt jetzt irgendwie nicht nach einer legalen Lösung.

Natürlich könnte der Verbraucher jetzt sagen: „Nein! Das meine ich doch gar nicht! Es geht mir doch nur darum, nicht dafür gerade stehen zu müssen, wenn das gebrauchte Fahrrad nach nur einem halben Jahr zu Bruch geht.“ Zwischen dem, was der Verkäufer meint, und dem was er sagt, besteht damit offenbar ein eklatanter Unterschied. 

Haftungsausschluss richtig formulieren

Es ist klar: Die Formulierung „Keine Gewährleistung oder Garantie“ soll den privaten Verkäufer davor schützen, gerade stehen zu müssen, wenn sich am gebrauchten Produkt bereits nach kurzer Zeit ein Mangel zeigt, den der Verkäufer trotz sorgfältiger Prüfung nicht hat erkennen können. Tatsächlich ist eine Haftungsbegrenzung auch tatsächlich möglich: Dazu muss man erst einmal wissen, dass es sich bei dieser Formulierung streng genommen um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt. Folglich kommen auch die Regularien zu AGB-Klauseln zur Anwendung und die sagen, dass ein genereller Haftungssauschluss in AGB unzulässig ist. Unzulässig ist ein Ausschluss der Haftung bei:

  • Verletzungen am Körper, wenn diese schuldhaft, also aus einer fahrlässigen oder vorsätzlichen Pflichtverletzung resultieren

  • Schäden, die die Folge von grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz sind

Entsprechend kann ein zulässiger Haftungsausschluss nicht salopp formuliert werden. Es hat eben seine Gründe, warum gewerbliche Händler ihre AGB meist von Anwälten erstellen lassen.

Ausschluss durch Individualabrede

Im Gegensatz zur Formulierung in AGB ist ein kompletter Ausschluss von Gewährleistungsrechten in Form einer individuellen Absprache zwischen Käufer und Verkäufer möglich. In der Praxis spielt dies aber selten eine Rolle. Auf Plattformen wie Ebay verhandeln Verkäufer und Käufer eher selten über solche Vertragsdetails. 

Die Unentschlossenen: Ich will's doch behalten!

Das folgende Problem findet sich eher auf Portalen, bei denen der Kauf nicht über ein automatisiertes System abgewickelt wird, sondern alles durch die individuelle Kommunikation zwischen dem Anbieter und dem Interessenten geregelt wird. Das ist im Grunde genommen bei Anzeigen-Portalen wie Ebay Kleinanzeigen und Das schwarze Brett der Fall. Auch bei Kleiderkreisel war das lange Zeit so. 

Wer oft auf solchen Portalen unterwegs ist, wird folgende Situation mit Sicherheit schon mehr als einmal erlebt haben: Man bekundet Interesse an einem Produkt, die Daten sind im Endeffekt schon ausgetauscht und zack – der Verkäufer meldet sich nicht mehr oder gibt an, es sich doch anders überlegt zu haben. Die meisten Verbraucher sehen darin kein Problem. Schließlich ist doch alles total unverbindlich gewesen, oder?

Basics zum Kaufvertrag

Naja, ganz so unverbindlich ist das nicht. Ein Kaufvertrag besteht aus zwei übereinstimmenden Willenserklärungen. Das bedeutet, dass der eine sagt: „Das will ich von dir zu diesem Preis haben“ und der andere ein „Geht klar!“ erwidert. Und et voilá: Es ist ein Kaufvertrag! Mehr Magie ist überhaupt nicht notwendig. Wie diese übereinstimmenden Willenserklärungen zustande kommen, ist dabei total egal: Ob

… durch einen Klick auf einen „Kauf“-Button und eine Bestätigungs-E-Mail, oder

… durch persönlichen Schriftverkehr, oder

… durch ein müdes Zeigen auf die Quarktasche in der Auslage der Bäckerei und das anschließend flappsige „Macht 89 Cent, wenns geht passend“ der Fachverkäuferin .

Verträge sind zu halten

Da im deutschen Recht der Grundsatz gilt, dass Verträge zu halten sind, kann der Verkäufer – auch wenn es sich dabei um eine Privatperson handelt – es sich eben nicht mal ebenso anders überlegen. Um einen bereits bestehenden Kaufvertrag wieder ins Wanken zu bringen, benötigt es eine Rechtsgrundlage. So eine Rechtsgrundlage kann beispielsweise eine Anfechtung wegen Irrtums sein. Aber Vorsicht!

Ein „Ich habe mich über meinen Willen, die Sache nicht behalten zu wollen, geirrt“ ist kein Irrtum, der zur Anfechtung berechtigt. Insgesamt ist es kaum möglich, wieder aus der Nummer herauszukommen. Ist der Vertrag geschlossen, kann der Käufer also auf die Erfüllung bestehen. Notfalls kann er den Verkäufer auch verklagen.

Gilt auch für sprunghafte Käufer

Das ganze gilt natürlich andersherum auch für Käufer. Ist der Vertrag geschlossen, kann es sich der Käufer nicht plötzlich anders überlegen. In der Folge kann der Verkäufer den Käufer dazu zwingen, die erworbene Sache abzunehmen und den Kaufpreis zu zahlen.

Vom Verbraucher zum Unternehmer in 3, 2, 1 – Meins!

Am besten sind die Verbraucher, die privat Dinge verkaufen und eigentlich eine Gewerbeanmeldung benötigen. Meist resultiert diese mangelnde Anmeldung nicht aus böser Absicht heraus, sondern aus Unwissen.

Wenn der Garagenverkauf eskaliert

Besonders tückisch sind große Entrümpelungsaktionen. Jemand mistet mal so richtig aus und stellt das, was er nicht mehr benötigt, sukzessive über Wochen und Monate hinweg immer wieder zum Verkauf. Je nachdem kann daraus schon ein gewerblicher Handel werden. Gewerblich handelt nämlich der, der eine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt. Ob diese Gewinnerzielungsabsicht vorliegt, wird anhand verschiedener Indizien festgemacht. So spielt die Anzahl der Anzeigen eine Rolle, der Preis und wie viel Energie der Verkäufer dort reinsteckt. Im Zweifel muss der Verkäufer bei größeren Verkaufs-Aktionen einfach mal beim Gewerbeamt nachfragen.

Problem besonders im Handmade-Bereich

Vor allem im Handmade-Bereich bieten viele ihre selbst hergestellten Sachen privat zum Kauf an. Die Rechtfertigungen reichen von “Ich mach das nur zum Spaß” bis hin zu „Die (gemeint sind die, die ein Gewerbe in dem Bereich betreiben) sollen sich mal nicht so haben.” Fakt ist: Wer Sachen für den Weiterverkauf herstellt, ist Gewerbetreibender und darf sich entsprechend nicht als Privatperson ausgeben.

Der scheinprivate Händler

Wer seine Verkäufe als Privatperson tätigt, obwohl er eigentlich ein Gewerbe betreibt, wird als scheinprivater Händler bezeichnet. Verkäufer, die so handeln, müssen mit einer Abmahnung rechnen, denn: Scheinprivate Händler umgehen die gesetzlichen Pflichten. Unternehmer müssen beim Verkauf an Verbraucher so einiges an Informationspflichten beachten und können auch nicht ebenso mal das Gewährleistungsrecht begrenzen. Wer als scheinprivater Händler agiert, hat also einen Wettbewerbsvorteil. 

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