Was dürfen Chefs?

Mitarbeiterüberwachung in Zeiten der DSGVO

Veröffentlicht: 05.01.2021 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 06.07.2022
Detectiv

Trotz der noch immer andauernden Pandemie fällt es vielen Arbeitgebern noch schwer, ihre Arbeitnehmer in das Home- oder Mobile-Office zu schicken. Die Empfehlungen der Bundesregierung sind an dieser Stelle zwar klar, eine Umsetzungspflicht gibt es allerdings nicht. 

Oft wird als Grund angeführt, dass den Vorgesetzten die Kontrolle fehlt, ob der Mitarbeiter auch vom heimischen Schreibtisch aus tatsächlich seiner Arbeit nachkommt. Dabei sind die Möglichkeiten der Mitarbeiterüberwachung auch an der offiziellen Arbeitsstätte begrenzt.

Mit anderen Problemen haben derweil Unternehmen zu tun, deren Mitarbeiter ohnehin nicht von zu Hause arbeiten können. Egal ob Logistiker oder Handwerksbetrieb: Die Angst vor Langfingern im eigenen Arbeitsumfeld ist groß. Abhilfe sollen hier oft Überwachungskameras schaffen. Allerdings muss auch hier einiges beachtet werden.

In diesem Beitrag wird auf verschiedene Aspekte einer zulässigen Mitarbeiterüberwachung eingegangen. 

Kontrolle über private Tätigkeiten in der Arbeitszeit

Mal schnell das Geburtstagsgeschenk für den Knirps online bestellt und fix den Arzt vom Diensttelefon aus angerufen, um einen neuen Termin zu machen. Wer im Büro arbeitet, kennt die Situation. Zwischen zwei Aufgaben ist so ein bisschen privater Kram oft schnell erledigt. Gesehen wird dies allerdings nicht unbedingt gern. Arbeitgeber ergreifen daher Maßnahmen und kontrollieren beispielsweise den Browserverlauf, lesen E-Mails oder hören Telefonate mit. Wer private Sachen auf Arbeit macht, muss eben damit rechnen, lautet ein häufiger Spruch. In dem Spruch liegt allerdings nur ein wenig Wahrheit.

Duldung privater Tätigkeit

Ob der Arbeitgeber das Recht hat, zu kontrollieren, ob Mitarbeiter an der Arbeitsstätte private Sachen erledigen, hängt ganz davon ab, was im Arbeitsvertrag steht und was geduldet wird. Untersagt der Arbeitgeber vertraglich die Erledigung privater Angelegenheiten, so darf er auch Kontrollen durchführen. Doch Vorsicht: Das Lesen von E-Mails, sowie die Kontrolle des Browserverlaufs sind zwar in der Regel gestattet; beim Mithören von Telefonaten oder der Installation einer Spionagesoftware (sogenannte Keylogger) hört die Zulässigkeit dann aber auch auf. Diese Maßnahmen stellen einen zu großen Eingriff in die Privatsphäre der Mitarbeiter dar. Auch bei der Kontrolle von E-Mails und Browserverlauf müssen die Persönlichkeitsrechte gewahrt werden: Stellt der Arbeitgeber fest, dass vom dienstlichen E-Mail-Konto aus private Nachrichten versendet wurden, so darf er auch eben nur diese Feststellung treffen. Ein Erfassen des Inhaltes ist nicht gestattet. 

Schlechte Karten haben Arbeitgeber allerdings dann, wenn sie die private Nutzung des Dienst-Computers geduldet wird. Hier kommt eine Kontrolle in der Regel nur dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber den berechtigten Verdacht hat, dass der Arbeitnehmer seine geschuldete Leistung nicht wie vertraglich vereinbart erbringt.

Aus der Praxis: Überwachung mittels Keylogger

Einem Webentwickler wurde gekündigt, da dieser privaten Tätigkeiten auf dem Dienst-PC nachging. Der Arbeitgeber erfuhr mittels eines Keyloggers von dieser Tätigkeit. Das Spionageprogramm speicherte den kompletten Internet-Traffic und die Benutzung der Systeme. Gegen diese Kündigung wehrte sich der Mitarbeiter – mit Erfolg. Das Gericht stellte fest, dass die Installation einer solchen Software ohne konkreten Anhaltspunkt unzulässig ist (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Juli 2017, Aktenzeichen: 2 AZR 681/16).

Überwachung der Pausenzeit

Am Thema Arbeitszeiterfassung scheiden sich die Geister. Die einen befürworten ein Modell, welches auf Vertrauen basiert, die anderen wollen minutengenau wissen, wie viel Zeit ihre Angestellten am Arbeitsplatz verbracht haben. In Call-Centern ist es beispielsweise üblich, dass die Arbeitszeit über das Einloggen am PC erfasst wird. Wer fünf Minuten eher geht, sieht das eben auch auf dem Lohnzettel. Aber auch die Stempelkarte ist noch immer verbreitet.

Hat der Arbeitgeber ein solches System für die Arbeitszeiterfassung vorgesehen, so muss dieses vom Arbeitnehmer auch genutzt werden. Wer eine Raucherpause machen möchte, muss das Gebäude eben verlassen und sich ausstempeln; oder eben vom PC abmelden. Wer Pause macht, ohne dies zu dokumentieren, begeht einen Arbeitszeitbetrug. Allerdings rechtfertigt dieser Verdacht noch nicht die Einschaltung eines Privatdetektivs. Auch die Installation einer Überwachungskamera kann aus rechtlicher Sicht schwierig werden. 

Natürlich nur zur Diebstahlsicherung: die Überwachungskamera am Arbeitsplatz

Jeder kennt Überwachungskameras aus Geschäften. Dort sollen sie vor allem vor diebischen Kunden schützen. Aber auch auf Betriebsgeländen sind sie keine Seltenheit. Wer mit teuren Waren oder Rohstoffen arbeitet, will sichergehen, dass die Angestellten den Bestand nicht dezimieren. Aber auch aus anderen Gründen werden Kameras installiert: Sei es zur Kontrolle der Pausenzeiten oder aber aktuell zur Überprüfung der Einhaltung von Hygienemaßnahmen. Allerdings dürfte in deutschen Arbeitsstätten nicht jede Kamera tatsächlich auch rechtmäßig installiert worden sein.

Installation im öffentlichen Bereich 

Grundsätzlich macht es einen Unterschied, ob die Überwachungskamera auf dem Betriebsgelände oder im öffentlichen Bereich, also beispielsweise auf der Verkaufsfläche installiert ist. Im Besucher- oder Kundenbereich ist eine Installation dann zulässig, wenn diese etwa zur Ausübung des Hausrechtes installiert wurde. Der Grund für die Installation darf also nicht gerade primär die Überwachung von Mitarbeitern sein. 

Beispiel aus der Praxis: Die diebische Elster in der Lottoannahmestelle

Ein Arbeitgeber stellte fest, dass während der Schichten einer Mitarbeiterin in einer Lottoannahmestelle 10.000 Euro verschwanden. Daraufhin wertete er das Videomaterial der vier offen installierten Kameras im Kassen- und Bürobereich aus und ermittelte die Mitarbeiterin als Täterin. Die Kündigung begründete er allerdings mit dem Bildmaterial, welches etwa ein halbes Jahr vorher aufgenommen wurde. Die Frage, die das Bundesarbeitsgericht klären musste, war nun die, ob dieses Material für Beweiszwecke verwendet werden darf. Immerhin sei dies laut der Vorinstanzen auf Vorrat, sogesehen ins Blaue hinein, entstanden. Das Gericht stellte fest, dass Arbeitgeber Verdachtsmomenten zeitnah nachgehen müssen. Hätte der Arbeitgeber also bereits vor einem halben Jahr von dem Kassenbetrug erfahren und hätte dann erst spät das Material ausgewertet, hätte er es vermutlich nicht mehr als Beweis heranziehen dürfen. Da der Arbeitgeber aber erst später vom Kassenbetrug erfahren hat und die Videoaufnahmen erst gezeigt haben, dass der Betrug eben bereits vor einem halben Jahr durchgeführt wurde, durfte das Material, wie das Manager Magazin über den Fall berichtet, verwertet werden. 

Installation auf dem Betriebsgelände

An die Überwachung von Mitarbeitern im Betrieb selbst mittels Kamera sind strenge Voraussetzungen geknüpft. Schließlich stellt eine Bildüberwachung einen massiven Einschnitt in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar. Eine Überwachung ist dann möglich, wenn der Arbeitgeber ein besonderes Sicherheitsinteresse hat oder eine Straftat durch einen Mitarbeiter aufklären möchte. Das gezielte Überwachen eines konkreten Angestellten ist in der Regel aber nicht möglich. Bestimmte Räume sind von vornherein ein Tabu. Dazu gehören die Toiletten, sanitäre Anlagen, Umkleide-, Pausen- und Schlafräume.

Zudem muss die Überwachung auch besonders gerechtfertigt sein. Es darf also kein milderes Mittel geben, mit dem der gleiche Zweck erreicht werden kann. Besteht die berechtigte Sorge, dass teure Ware geklaut wird, so kann der Arbeitgeber auch einfach regelmäßig Taschenkontrollen durchführen lassen. 

Eine verdeckte Überwachung ist hingegen meistens unzulässig. Ausnahmen bestehen lediglich dann, wenn eine Straftat oder ein schwerwiegender Verstoß nachgewiesen werden sollen. Aber auch dann darf die verdeckte Überwachung nur über einen bestimmten Zeitraum stattfinden und wenn es keine anderen Lösungsmöglichkeiten gibt. 

Beauftragung eines Detektivs

Schlagzeilen machte zu Beginn der Coronapandemie der Umstand, dass Privatdetektive offenbar einen Service anbieten, um zu ermitteln, ob die Arbeitnehmer zu Hause denn wirklich arbeiten. 

Wie bereits bei der Kameraüberwachung ist auch die Beauftragung eines Detektivs nur unter ganz strengen Voraussetzungen gestattet. Immerhin greift dieser aktiv in die Privatsphäre des Arbeitnehmers ein. Es wird das Heim beobachtet, vielleicht sogar der Müll durchsucht oder die Nachbarn befragt. Auch hier gilt wieder der Grundsatz, dass so eine Überwachung nur dann gestattet ist, wenn der konkrete Verdacht einer Straftat oder eines schwerwiegenden Verstoßes besteht und es kein anderes, milderes Mittel gibt zur Beweissicherung gibt. 

Beispiel aus der Praxis: Einsatz eines Detektivs bei schwerwiegendem Verstoß

Der Mitarbeiter eines Unternehmens war über längere Zeit krank geschrieben. Durch Zufall erfuhr der Vorgesetzte, dass der Sohn des Mitarbeiters nun eine Konkurrenzfirma betreibt und der arbeitsunfähig geschriebene Mitarbeiter dort tätig ist. Ein beauftragter Detektiv erwischte den Arbeitnehmer auf frischer Tat bei dem Verrichten von Arbeiten in dem Betrieb des Sohnes. Es folgte die Kündigung, gegen die sich der Mitarbeiter wehrte. Ob die durch den Detektiv erforschten Kenntnisse als Beweis verwertbar sind, musste das Arbeitsgericht klären. Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 29.06.2017, Aktenzeichen: 2 AZR 597/16) stellte zunächst fest, dass der Mitarbeiter keine Straftaten begangen hat. Da dieser zum Zeitpunkt der Überwachung bereits so lange krank geschrieben war, dass ohnehin kein Anspruch auf Lohnfortzahlung mehr bestand, stand der Verdacht des Betruges nicht mehr im Raum. Allerdings kann der Arbeitgeber laut Bundesarbeitsgericht nicht nur beim konkreten Anhaltspunkt einer Straftat einen Privatdetektiv beauftragen, sondern auch beim Verdacht einer „sonstigen schweren Pflichtverletzung“. Beachtet werden muss, dass die Ermittlungen nicht ins Blaue hinein getätigt werden dürfen, sondern ein konkreter Anhaltspunkt vorliegen muss. Außerdem muss aufgrund des Eingriffs in die Privatsphäre stets eine Interessenabwägung vorgenommen werden. 

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