Bis zu zwei Jahre Haft für Beleidigungen

Gesetz gegen Hass und Hetze im Netz in Kraft getreten

Veröffentlicht: 08.04.2021 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 14.12.2022
Person am Notebook, die Hassbotschaften bekommt

Die Hemmschwelle im Netz ist im Vergleich zum realen Leben gering. Klar: Immerhin kann sich jeder hinter einer Wand aus Anonymität verstecken. Wer oft in den sozialen Netzwerken unterwegs ist, wird feststellen, dass Beleidigungen und Bedrohungen an der Tagesordnung sind. Gerade gegen Minderheiten und Frauen geht der Ton nicht selten deutlich unter die Gürtellinie. Daher begrüßt Justizministerin Lambrecht die Initiative: „Die Hetze ist sehr oft rechtsextremistisch, rassistisch und frauenfeindlich. Es ist eine ernste Bedrohung unserer demokratischen Gesellschaft, wenn Menschen aufgrund ihres Namens oder ihres Aussehens attackiert werden – oder mundtot gemacht werden, weil sie sich politisch oder wissenschaftlich äußern oder gesellschaftlich engagieren.“ 

Abhilfe soll nun das Gesetzespaket gegen Hass und Hetze im Netz schaffen, welches im Wesentlichen von drei Säulen getragen wird und am 3. April 2021 in Kraft getreten ist. 

Säule 1: Verschärfte Strafgesetze

Wer im Netz Personen bedroht oder beleidigt, soll künftig härter bestraft werden. Wie aus der Presseerklärung des Bundesjustizministeriums hervorgeht, wurde der Strafrahmen für das Aussprechen von öffentlichen Beleidigungen von einem auf zwei Jahre Freiheitsstrafe gesetzt. Neben der Strafverschärfung wurden auch Tatbestände erweitert. So ist nun nicht mehr nur die Bedrohung mit einem Verbrechen strafbar, sondern auch Drohungen, die sich gegen die sexuelle Selbstbestimmung, körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder Sachen von bedeutendem Wert richten. Wer jemanden öffentlich im Internet mit dem Anzünden des Autos droht, muss künftig also mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren rechnen. Für das Bedrohen mit einem Verbrechen, wie etwa Mord oder Vergewaltigung, wird der maximale Strafrahmen auf drei Jahre gesetzt.

Mit einem Strafverfahren muss außerdem derjenige rechnen, der Forderungen, wie etwa „Die sollte man alle an die Wand stellen“ öffentlich befürwortet oder bekräftigt. 

Das Paket wird außerdem dazu genutzt, den Schutz von Notdiensten zu verstärken. Rettungskräfte, die im Einsatz attackiert werden, sind bereits seit 2017 besser durch das Strafrecht geschützt. Der Schutz des § 115 StGB wurde nun auch auf das Personal in ärztlichen Notdiensten und in Notaufnahmen ausgedehnt. 

Säule 2: Meldepflichten für soziale Netzwerke

Die zweite Stellschraube, an der gedreht wurde, ist das Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Soziale Plattformen, wie etwa Facebook und YouTube, sollen bestimmte Straftaten in Zukunft direkt an das Bundeskriminalamt melden. Von der Meldepflicht umfasst sind neben der Äußerung auch die IP-Adresse und die Port-Nummer, die dem Nutzerprofil zuletzt zugeteilt war. Betroffen sind folgende Straftaten: 

  • Verbreiten von Propagandamitteln und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§§ 86, 86a StGB)
  • Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§§ 89a, 91 StGB) sowie Bildung und Unterstützung krimineller und terroristischer Vereinigungen (§§ 129 bis 129b StGB)
  • Volksverhetzungen und Gewaltdarstellungen (§§ 130, 131 StGB) sowie Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten (§ 126 StGB)
  • Belohnung und Billigung von Straftaten (§ 140 StGB)
  • Bedrohungen mit Verbrechen gegen das Leben, die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit oder die persönliche Freiheit (§ 241 StGB)
  • Verbreitung kinderpornografischer Aufnahmen (§ 184b StGB)

Beleidigungen und üble Nachreden sind ausdrücklich nicht umfasst. Hier besteht das Problem, dass die Abgrenzung zur noch zulässigen Meinungsäußerung oft nicht einfach ist und selbst Juristen Schwierigkeiten bereitet. Daher soll Plattformen diese Abwägung nicht auferlegt werden.

Säule 3: Vereinfachte Auskunftssperre

Um sich selbst vor Bedrohungen, Beleidigungen und Nachstellungen zu schützen, soll es Betroffenen künftig leichter gemacht werden, Auskunftssperren im Melderegister durchzusetzen. 

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