Bundestag beschließt neues Infektionsschutzgesetz

Das bedeutet die Corona-Notbremse für den Handel 

Veröffentlicht: 21.04.2021 | Geschrieben von: Patrick Schwalger | Letzte Aktualisierung: 23.04.2021
Deutscher Bundestag

Die sogenannte bundeseinheitliche Corona-Notbremse, die das Bundeskabinett am 13. April beschlossen hatte, um den steigenden Corona-Infektionszahlen entgegenzuwirken, wurde nun in geänderter Fassung vom Bundestag beschlossen: 342 Abgeordnete stimmten für den von der Koalition eingebrachten Gesetzesvorschlag, 250 dagegen und 64 enthielten sich. 

Die Notbremse soll „eine bundesweit einheitliche Steuerung des Infektionsschutzes gewährleisten“. Konkret werden Änderungen im Infektionsschutzgesetz sowie im 3. und 5. Sozialgesetzbuch vorgenommen. Wird in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen bei der Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen der Schwellenwert von 100 überschritten, greifen künftig bundeseinheitliche Regelungen. 

Die Regelungen treten außer Kraft, wenn der Inzidenzwert von 100 an fünf aufeinander folgenden Werktagen unterschritten wird. Auch wurde geregelt, dass die Bundesregierung per Rechtsverordnung weitere Maßnahmen erlassen könne, denen Bundestag und Bundesrat dann zustimmen müssen. Auch dürfe der Bund Erleichterungen für Menschen festlegen, wenn sie vollständig geimpft sind. Weitere Ausnahmen könnte es bald per Verordnung für negativ Getestete geben.

Die neuen Regelungen könnten ab Samstag greifen und sind dann bis zum 30. Juni 2021 befristet. Zuvor muss das Gesetz am Donnerstag noch den Bundesrat passieren. Eine Zustimmung des Bundesrates ist nicht nötig, die Länderkammer könnte jedoch ein Veto einlegen – das ist aber nicht zu erwarten. 

Diese Regeln und Ausnahmen gelten jetzt für den Einzelhandel

Wenn die neue Notbremse greift – also wenn die 7-Tage-Inzidenz in einer kreisfreien Stadt oder einem Landkreis einen Wert von 100 an drei aufeinanderfolgenden Tagen überschreitet – wird das auch Auswirkungen auf den stationären Einzelhandel haben. Denn dann werden Geschäfte schließen müssen. Diese Schließungen betreffen alle Ladengeschäfte und Märkte „mit Kundenverkehr für Handelsangebote”, wie es in § 28 b Nummer 4 des Gesetzes heißt.

Doch es gibt auch einige Ausnahmen, die nicht von den Schließungen betroffen sind: Lebensmittelgeschäfte, Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörakustiker, Tankstellen, Stellen des Zeitungsverkaufs, Buchhandlungen, Blumenfachgeschäfte, Tierbedarfsmärkte, Futtermittelmärkte, Gartenmärkte und der Großhandel dürfen auch bei einem Überschreiten des Schwellenwerts geöffnet bleiben. 

Allerdings gelten für die Ausnahmen von den Schließungen eine Reihe von Regeln. So besagt das Gesetz, dass der Verkauf von Waren untersagt ist, die über das „übliche Sortiment des jeweiligen Geschäfts hinausgehen”. Außerdem darf in Geschäften mit weniger als 800 Quadratmetern Verkaufsfläche nur je eine Person pro 20 Quadratmeter eingelassen werden. Geschäfte mit mehr als 800 Quadratmetern Verkaufsfläche dürfen nur je eine Person pro 40 Quadratmeter einlassen. Natürlich gilt auch weiterhin die Pflicht, dass in geschlossenen Räumen eine Gesichtsmaske zu tragen ist.  

Click-and-Meet und Click-and-Collect bleiben möglich 

Nachgebessert hat der Bundestag bei Click-and-Meet und Click-and-Collect. Während der Regierungsentwurf von letzter Woche keine Erlaubnis beider Optionen vorgesehen hatte, haben die Bundestags-Abgeordneten heute beschlossen, dass Click-and-Collect unabhängig vom Inzidenzwert möglich bleiben soll. Ladenbetreiber sollen sicherstellen, dass lange Schlangen vermieden werden, etwa durch gestaffelte Zeitfenster für die Abholung. 

Click-and-Meet soll zwar nicht ganz verboten sein, doch hier gibt es strenge Auflagen. Generell bleibt es bis zum übernächsten Tag, nachdem ein Inzidenz-Schwellenwert von 150 (nicht nur 100) an drei Tagen überschritten wurde, erlaubt, Geschäfte für Kunden zu öffnen, die im Vorfeld einen Termin gebucht haben. Unabhängig von der Gesamtverkaufsfläche gilt dann eine Beschränkung von je einem Kunden pro 40 Quadratmeter Verkaufsfläche. Die Kunden müssen einen negativen Coronatest vorweisen, der nicht älter als 24 Stunden ist. Und die Geschäftsinhaber müssen die Kontaktdaten – Name, Telefonnummer, E-Mail-Adresse oder Anschrift – der Kunden aufnehmen und auch den Zeitraum des Aufenthalts erheben. 

Überblick über die wichtigsten weiteren Regelungen

Folgende Regelungen sollen künftig außerdem ab einem Sieben-Tage-Inzidenzwert über 100 im Rahmen der Corona-Notbremse gelten: 

Es gelten Ausgangsbeschränkungen zwischen 22 Uhr und 5 Uhr des Folgetages. Jogger und abendliche Spaziergänger dürfen zwischen 22 Uhr und 24 Uhr noch unterwegs sein, wenn sie alleine sind. Gestattet bleiben Aufenthalte außerhalb des Wohnraums, wenn diese zur Berufsausübung, zur Abwendung einer Gefahr für Leib, Leben oder Eigentum, zur Wahrnehmung des Sorge- oder Umgangsrechts, zur Ausübung des Dienstes oder des Mandats, der Berichterstattung durch Vertreterinnen und Vertreter von Presse, Rundfunk, Film und anderer Medien, zur unaufschiebbaren Betreuung unterstützungsbedürftiger Personen oder Minderjähriger, der Begleitung Sterbender oder der Versorgung von Tieren dienen.  

In Bezug auf Kontaktbeschränkungen gilt, dass private Zusammenkünfte auf die Angehörigen eines Hausstandes und maximal eine weitere Person begrenzt sind, ausgenommen sind Kinder unter 14 Jahren. An Trauerfeiern dürfen statt 15 nun 30 Personen teilnehmen, „um dem Bedürfnis nach einem angemessenen Rahmen zu entsprechen“, heißt es. 

Schulen, Berufsschulen, Hochschulen, außerschulische Einrichtungen der Erwachsenenbildung und ähnliche Einrichtungen dürfen ab einem Inzidenzwert von 165 keinen Präsenzunterricht mehr durchführen. Ab einer Inzidenz von 100 ist Wechselunterricht vorgesehen. Ausnahmen seien für Abschlussklassen und Förderschulen aber möglich. Schüler und Lehrer sollen sich zweimal wöchentlich testen lassen, um am Präsenzunterricht teilzunehmen.

Schließen müssen Freizeiteinrichtungen, Museen, Kinos, Theatern und ähnlichen Einrichtungen sowie von Gaststätten. Die Auslieferung von Speisen und Getränken sowie deren Abverkauf zum Mitnehmen sind dagegen weiterhin möglich.

Homeoffice: Arbeitgeber müssen erklären, warum es nicht möglich ist

Auch gilt, dass Beschäftigte im Homeoffice arbeiten müssen – „wenn ihnen dies möglich ist“. Konkrete Gründe, warum das nicht so sein könnte, wären räumliche Enge, Störungen durch Dritte oder unzureichende technische Ausstattung. Arbeitgeber müssen zudem darlegen, weshalb Homeoffice nicht nötig ist, wenn Behörden hierfür eine Begründung verlangen.

Tests für Arbeitnehmer müssen seit 20.04. verpflichtend und auf eigene Kosten der Unternehmen angeboten werden.  

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