Kommentar: Datenschutz - Firmen fühlen sich von der Politik mit der DSGVO im Stich gelassen

Veröffentlicht: 24.01.2018 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 05.07.2022

Um mit der Umsetzung der neuen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) überhaupt beginnen zu können, müssen sich alle Verantwortlichen erst einmal klar werden, ob sie überhaupt betroffen sind. Und auch die unvermeidliche Anwendung der neuen Vorschriften scheint eine Mammutaufgabe, denn satte 88 PDF-Seiten, 173 Erwägungsgründe und 99 Artikel zu lesen – und zu verstehen – ist für den Laien unrealistisch.

Labyrinth
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Firmen nicht auf DSGVO vorbereitet

Lange, lange wurde diskutiert und beraten. Lobbyisten aus allen Bereichen zerrten am europäischen Datenschutz und einigten sich schließlich 2016 auf einen mehr oder minder akzeptablen Kompromiss. Zwei Jahre sind seit den finalen Abstimmungen vergangen und der Tag X rückt immer näher. Viel getan bei der Vorbereitung über den neuen Datenschutz hat sich seitdem jedoch noch nicht.

Mag es im Herbst 2016 noch an der sehr langen Übergangsphase gelegen haben, die Betroffene die Umsetzung auf die lange Bank schieben ließ. Damals gaben 80 Prozent von über 800 Managern an, nur wenige oder keine Details der DSGVO zu kennen. Mitte 2017, also ein Jahr vor Inkrafttreten waren die Verantwortlichen jedoch ebenfalls noch nicht weiter vorangekommen. Fast drei Viertel der Befragten (72 Prozent) haben im Sommer 2017 entweder noch nie von der DSGVO gehört oder haben zumindest davon gehört, aber wussten nicht, was genau auf sie zukommt.

Die Uhr tickt...

Nun, wenige Monate vor dem Startschuss sieht es ebenfalls nicht besser um die DSGVO aus. Der Händlerbund begleitete seine Mitglieder und Leser bei der Umsetzungsphase der neuen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) mit einer weiteren Studie im Dezember 2017. Die Auswertung der Ergebnisse zeigt, dass sich zwar immer mehr Online-Händler mit dem Thema vertraut gemacht und sich zur DSGVO belesen haben.

Die Unsicherheit oder gar Geringschätzung bei der Umsetzung ist jedoch geblieben beziehungsweise Letztere sogar gestiegen. Das Ergebnis zeigt sogar, dass die zunehmende Auseinandersetzung mit dem neuen Datenschutzrecht bei den Befragten den Eindruck geweckt hat, die DSGVO sei überflüssig und eine Belastung. Mit dem Datenschutz werde es übertrieben, sagen jetzt deutlich mehr Befragte als bei der letzten Umfrage. Sie halten die bisherigen Vorschriften für ausreichend. Und das vor dem Wissen, welche hohen Geldstrafen künftig drohen können.

Firmen fühlen sich von Politik mit neuen Vorschriften im Stich gelassen

Die Kommentare zu unseren DSGVO-Beitragen zeigen deutlich die Abneigung, die neuen Vorschriften umzusetzen. Ein Leser beispielsweise schrieb, dass in seinem Betrieb von fünf Mitarbeitern 20 für die Bewältigung der Bürokratie benötigt werden. Andere fanden deutlichere Worte „Unausgegorener und praxisferner EU Mist. Datenschutz ist wichtig, aber man kann nicht alles haben. (...) Ich finde es sollte erstmal die Voratsdatenspeicherug abschaffen. Das wäre Datenschutz!“. Alles in allem lautet der Tenor zur neuen DSGVO, dass durch die aufgeblähten EU-Verordnungen kein normaler Mensch – und manchmal auch kein Jurist – mehr durchblickt. Die Rechtslage sei jedenfalls mehr als verwirrend... 

Umsetzung im Alleingang unrealistisch

Woran mag das liegen, dass der Datenschutz an sich und insbesondere die DSGVO von einer Notwendigkeit zur Qual mutierte. Ein Grund könnten die aufgeblähten und teilweise noch unausgegorenen Vorschriften sein, deren genaue Anwendung in der Praxis oft rauchende Köpfe verursacht. Zudem scheint es an der propagierten Rechtsvereinheitlichung in der EU zu hapern. Durch zahlreiche Öffnungsklauseln in der DSGVO können die Staaten jedoch wiederum eigene Gesetze schaffen, wie in Deutschland das ergänzende Bundesdatenschutzgesetz. Andere Verordnungen fehlen noch gänzlich, etwa die erwartete E-Privacy-Verordnung, die eigentlich mit der DSGVO gemeinsam in Kraft treten sollte und unter anderem den Cookie-Einsatz thematisieren sollte.

Alles in allem ist die DSGVO allein nicht zu bewältigen, sondern nur mit professioneller Hilfe. Ob das der richtige Weg ist, wenn man Unternehmen und Webseitenbetreiber zu einem gewissenhaften Umgang mit dem Datenschutz animieren will, ist fraglich.

 

Die Themenreihe zur Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)

Einführung

Teil 1: Newsletterversand

Teil 2: Informationspflichten

Teil 3: Auskunftspflichten

Teil 4: Betroffenenrechte

Teil 5: Umgang mit Datenpannen

Teil 6: Neuerungen beim Umgang mit Kundendaten

Teil 7: Übermittlung von Daten ins Ausland

Teil 8: Auftragsdatenverarbeitung

Teil 9: Der Einsatz von Cookies

Teil 10: Social Plugins

Teil 11: Der Datenschutzbeauftragte

Teil 12: Verfahrensverzeichnis, Vorabkontrolle und Folgenabschätzung

Teil 13: Aufsichtsbehörden

Teil 14: Befugnisse und Sanktionsmaßnahmen

Teil 15: Praxisteil - Maßnahmen zur Vorbereitung (Checkliste)

Teil 16: Glossar

 

Der DSGVO-Countdown: Wie plane ich die nächsten 157 Tage? (Teil 1)

Der DSGVO-Countdown: Wie plane ich die nächsten 135 Tage? (Teil 2)

 

Der Händlerbund hat Online-Händler zur DSGVO befragt. Die Infografik zeigt, wie Händler sich auf die DSGVO vorbereitet fühlen und was sich bisher bei der Umsetzung getan hat.

 

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