Kleinere Händler im Blick

EuGH-Generalanwalt zweifelt Pflicht zur Telefonnummer-Angabe an

Veröffentlicht: 28.02.2019 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 28.02.2019
Telefon wird gewählt

Verbraucher sollen in klarer und leicht verständlicher Weise durch Online-Händler darüber aufgeklärt werden, wie diese erreicht werden können. Das deutsche Recht sieht dazu auch die Notwendigkeit der Angabe einer Telefonnummer vor. Telefaxnummer und E-Mail-Adresse hingegen sollen demnach nur „gegebenenfalls“ zur Verfügung gestellt werden – dann also, wenn diese Kontaktmöglichkeiten vorhanden sind. Kritisch betrachtet wird aber seit Längerem die vorbehaltlose Pflicht zum Hinweis auf die Telefonnummer.

Eine große Rolle spielt dabei das EU-Recht. Während das deutsche Gesetz in dieser Frage klar von einer Pflicht spricht, ist man sich bei der Auslegung der entsprechenden Normen auf Europa-Ebene bislang nicht ganz so sicher. Dabei ist diese Frage wichtig. Sollte die Angabe einer Rufnummer nach Unionsrecht ebenfalls nur „gegebenenfalls“ nötig sein, wäre die deutsche Vorschrift womöglich unionsrechtswidrig.

Zur Zeit befasst sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) nach der Anrufung durch den BGH damit, diese Frage zu klären. Dieser will wissen, ob die Mitgliedstaaten Vorschriften vorsehen dürfen, die die Angabe einer Rufnummer zur stetigen Pflicht machen.

Ziel sei ein immer höheres Schutzniveau für Verbraucher

In diesem Zuge hat der Generalanwalt des EuGH, Giovanni Pitruzzella, heute seine Schlussanträge eingereicht. Wie aus einer Pressemitteilung  vom 28. Februar 2019 hervorgeht, hat er dem Gericht dabei einen klaren Vorschlag gemacht.

Demnach solle das Gericht feststellen, dass keine Pflicht bestehen könne, dem Verbraucher eine Telefonnummer zur Verfügung zu stellen. Ziel der Verbraucherschutzrichtlinie sei es, „ein immer höheres Schutzniveau für den Verbraucher zu erreichen, zugleich jedoch die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu gewährleisten“, heißt es in der Pressemitteilung.

Die Vorschriften des Unionsrechts seien dementsprechend so auszulegen, dass einerseits das höchste Schutzniveau für Verbraucher gewährleistet sei, dabei aber nicht stärker in die Gestaltungsfreiheit von Unternehmen einzugreifen, als es zu diesem Zweck unbedingt erforderlich sei.

Generalanwalt hat auch kleinere Händler im Blick

Während es sich in dem Fall, in welchem es zu einer Entscheidung kommen soll, um Amazon dreht, hat der Generalanwalt aber gerade auch kleinere Händler im Sinn. Insofern bestünde bei einer Pflicht zur Angabe der Telefonnummer die Gefahr, dass es sich dabei um eine Maßnahme handele, „die die betroffenen Unternehmen zum Schaden vor allem derjenigen, die keine 'Internetgiganten' wie Amazon seien, unangemessen belasten könnte“, gibt die Pressemitteilung wieder.

Dagegen sei es wichtiger, dass im konkreten Fall grundlegende Ziele der Richtlinie verfolgt würden: Der Verbraucher solle schnell mit dem Unternehmer Kontakt aufnehmen und effizient mit ihm kommunizieren können, und gleichzeitig sollen die entsprechenden Informationen in klarer und verständlicher Weise erteilt werden.

Insgesamt sei die Angabe einer Telefonnummer insofern nicht notwendig. Die Aufzählung in der Richtlinie sei eher beispielhaft, und der Unternehmer könne frei wählen, welche Kommunikationswege er anbiete – sofern die Ziele der Richtlinie damit erfüllt werden würden. Informationen sollten dem Verbraucher insofern einfach, effizient und verhältnismäßig schnell zugänglich sein.

Das Urteil des EuGH rückt damit näher, ein genauer Termin ist zur Zeit jedoch nicht bekannt. Die Äußerungen des Generalstaatsanwalts sind ein Teil des Verfahrens, besitzen jedoch keine Rechtswirkung.

Kommentare  

#2 P.U.Baer 2020-02-12 15:33
In meiner Rolle als einkaufender Verbraucher hasse ich es, wenn ich bei Problemfällen nicht schnell zum Telefonhörer greifen kann, um die Angelegenheit zu klären.

Shops, bei denen ich feststelle, daß sie telefonisch nicht oder nur sehr schlecht erreichbar sind, sind bei mir unten durch.

Nach einigen Erfahrungen mit labyrinthartige n Menüs bei Kundenhotlines erwarte ich nicht nur die Angabe einer Telefonnummer, sondern genaugenommen auch eine Möglichkeit nach wenigen Auswahlmöglichk eiten mit einem echten Menschen sprechen zu können.

Die EU sollte hier aufpassen, daß sie endlich die Menschen ernst nimmt und nicht nur die Lobbys der Großkonzerne. Der Brexit sollte hier doch eine deutliche Warnung gewesen sein.
Zitieren
#1 Sind die irre? 2019-03-09 12:29
Ich kann mich noch gut an meine erste Abmahnung erinnern. Da ging es in Kungelei eines Berliner Onlineshops und Verwandten bei einer Kölner Kanzelei genau darum, diesem Umstand bei mir zu bemängeln und abzukassieren. Hoch wichtig war die Telefonnummer und geradezu ein Weltuntergang, diese nicht überall stehen zu haben. Das war vor ca. 13 Jahren.

Aber wie sieht es denn heute aus: Amazon und eBay dominieren brutal den Markt der Portale und gerade kleine Händler profitieren von der Pflicht. Denn wenn die Pflicht fällt, wird es nicht möglich sein, auf eBay und Amazon freiwillig eine Tel. zur Beratung anzubieten, denn die Portale möchten die direkte Kommunikation mit Kunden so weit wie nur irgend möglich unterbinden, aus Angst, die Waren werden direkt verkauft. Das kommt durchaus auch mal vor, ist aber meiner Meinung nach ein zu vernachlässigen der Prozentsatz, wenn nicht sogar im Promille Bereich.

Es ist per eBay-Grundsatz sogar untersagt, eine Tel. Nr. dem Kunden im Angebot oder per eMail zu nennen. Einzig die Pflicht zur Angabe im Impressum (und der Signatur) führt noch dazu, dass hinter einen ausklappbarem Impressum-Link diese noch zu finden ist. Die Zahl der Anrufe ist seitdem dadurch enorm gesunken, was gut und schlecht sein kann.

Die Kunden bestellen dann lieber erstmal das billigste und wundern sich dann, dass sie eigentlich die Funktionen eines teureren Modells brauchen. Eine Beratung per eMail mit totaler Kontrolle durch eBay und Amazon = bei meinen Artikeln (Kassen) fast unmöglich. Das würde sich alles wie Kaugummi ziehen.

Von daher sollte die Pflicht auf keinen Fall abgeschafft werden. Eine Handynummer geht immer, muß ja keiner ran gehen, wenn man nicht will. Die Käufer wissen auch so, dass wir alle kleine Händler sind. Ich sehe da kein Problem.

Aber ich könnte mir vorstellen, dass gerade die Plattformen da wieder Ihre Lobbyisten am Werk haben um sich durch die defakto Tel. Nr. Sperre, die es dann wäre, noch mehr Macht sichern.

Apropros Lobby-Arbeit: Nach Elektroschrott Reform kann man als kleiner Händler schon im Grunde keine elektronischen Waren mehr ins EU Ausland schicken, welche man hier erworben hat. Gerade wird bei nicht elektronischen Waren durch Verpackungsrich tlinien einem auch noch der Stecker gezogen. Alles Vorschriften die so kleinkariert sind, wie die deutschen Maut-Pläne. Nun die Tel. Nr. Geschichte. Was macht eigentlich so der Händlerbund den ganzen Tag?
Zitieren

Schreiben Sie einen Kommentar

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.