Willkürliche Gesamtbewertungen?

Bundesgerichtshof prüft Bewertungsplattform Yelp

Veröffentlicht: 20.11.2019 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 19.11.2019
Yelp auf Handy

Bewertungsportale sind ohne Frage wichtig. Dabei wandert der Blick der Nutzer häufig zunächst zur sogenannten Gesamtbewertung. Diese soll anzeigen, wie gut das bewertete Unternehmen im Schnitt ist. Ein solches Bewertungsportal ist Yelp. Dessen Rechenweg zur Gesamtbewertung steht nun vor dem Bundesgerichtshof (Aktenzeichen: VI ZR 495/18) auf dem Prüfstand.

Nur empfohlene Bewertungen werden einbezogen

Geklagt hatte der Betreiber zweier Fitness-Studios. Dieser erreicht laut idowa gerade einmal 2,5 von fünf Sternen. Dabei blieben 75 positive Bewertungen aber unberücksichtigt. Der Grund hierfür liegt darin, dass Yelp bei der Bildung der Gesamtbewertung lediglich empfohlene Bewertungen eingezieht. Diese empfohlenen Bewertungen werden durch einen Algorithmus herausgesucht. Auf dem Bewertungsportal heißt es dazu: 

„Was sind empfohlene Beiträge?

Unsere User veröffentlichen […] Millionen von Beiträgen. Aus diesem Grund benutzen wir eine automatisierte Software, um die hilfreichsten Beiträge hervorzuheben. Diese Software zieht mehrere Faktoren in Betracht, wie z. B. die Qualität, die Vertrauenswürdigkeit und die bisherige Aktivität des Users […]. Dieser Vorgang ist gleich für alle Geschäftsauflistungen und hat nichts damit zu tun, ob ein Unternehmen ein Anzeigenkunde bei uns ist oder nicht. Die Beiträge, die nicht direkt in die Gesamtbewertung eingerechnet werden, sind aber unten aufgeführt.“

Die nicht-berücksichtigten Bewertungen können allerdings weiterhin eingesehen werden. Neben der Gesamtbewertung erfolgt auch der Hinweis, dass so und so viele empfohlene Bewertungen existieren.

Verzerrtes und unrichtiges Gesamtbild?

Der Vorwurf des Fitness-Studio-Betreibers lautet, dass durch die willkürliche Einteilung in empfohlene und nicht-empfohlene Bewertungen und die daraus berechnete Gesamtbewertung ein verzerrtes und unrichtiges Gesamtbild entstünde. 

Laut Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs scheiterte das Unternehmen in der ersten Instanz vor dem Landgericht München (Urteil vom 12.02.2016, Aktenzeichen: 25 O 24644/14) mit dieser Argumentation. Das Gericht konnte keine WIllkür erkennen. Yelp konnte darlegen, dass der Algorithmus vor allem manipulierte Bewertungen erkenne und diese richtigerweise von der Gesamtbewertung ausschließe. Darin liege ein sachliches Kriterium in der unterschiedlichen Behandlung der Bewertungen.

Anders wurde der Fall durch das Berufungsgericht, also das Oberlandesgericht München (Urteil vom 13.11.2018, Aktenzeichen: 18 U 1280/16), entschieden. „Wird eine Vielzahl der abgegebenen Bewertungen ausgesondert, ohne dass dies für die Nutzer ohne Weiteres erkennbar ist und ohne dass sich die Aussonderung auf offensichtlich gefälschte Bewertungen beschränkt, entsteht eine verzerrte Gesamtbewertung, welche zum Wesen eines Bewertungsportals im Widerspruch steht, weil sie nicht das Gesamtbild der abgegebenen Bewertungen widerspiegelt und deshalb nicht repräsentativ ist“, heißt es konkret in den Leitsätzen des Urteils.

Welche Ansicht der Bundesgerichtshof vertreten wird, bleibt also offen. Ein Urteil steht noch aus.

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