Wir wurden gefragt

Corona-Wucher: Dürfen Händler ihre Preise nicht mehr selbst festlegen?

Veröffentlicht: 06.03.2020 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 24.03.2020
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„Coronavirus: Keine Panik? Die Wirtschaft sieht das anders”, so lautete der Titel einer unserer jüngsten Artikel und tatsächlich scheint etwas Wahres dran zu sein. Offenbar sind die Dollarzeichen, die in den Augen einiger Online-Händler blinken, zu groß. Sie bieten die dringend benötigten Atemschutzmasken oder Desinfektionsmittel zu einem Vielfachen ihres ursprünglichen Verkaufspreises an und hoffen auf das schnelle Geld. Unethisch oder knallharte Marktwirtschaft? Darüber lässt sich derzeit trefflich diskutieren. 

Ein Händler fragte uns gestern, warum Verkäufer ihre Preise nicht mehr selbst festlegen dürfen. Aber aus rechtlicher Sicht sollten sich die findigen Unternehmer jedenfalls auf etwas gefasst machen.

Verrat an Vertragsfreiheit oder sittenwidriger Wucher?

Eine Flasche Desinfektionsmittel für 25 Euro oder eine Atemschutzmaske für 200 Euro – genau solche Preise sollen derzeit am Markt möglich sein. „Das ist doch Wucher!”, wird der verständnisvolle Deutsche nun rufen. Und in der Tat liegen viele Kritiker mit ihrem Rechtsempfinden richtig. Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. Punkt. Nichtig ist insbesondere ein Vertrag, durch den jemand unter Ausbeutung einer Zwangslage einen Preis verlangt, der in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung steht.

Der Preis für eine Atemschutzmaske, die im Einkauf ein Pfennigartikel ist, und nun für 200 Euro verkauft wird, steht indiskutabel in keinem Verhältnis mehr zueinander. Hinzukommen muss für ein rechtswidriges Wuchergeschäft außerdem die Ausnutzung einer Zwangslage. Den Betroffenen bleibt aktuell möglicherweise keine andere Wahl, als das Geschäft einzugehen, da es an bezahlbaren Alternativen mangelt. Besonders in Regionen, wo das Virus schon weit vorgedrungen ist, könnte das der Fall sein. Aktuell kann man durchaus auch davon sprechen, dass die potentiellen Käufer in einer Zwangslage sind, denn medizinisches Personal oder Menschen an Arbeitsstellen mit viel Menschenkontakt sind auf die Artikel angewiesen. 

Jeder Fall ist anders. Doch das Ausnutzen der aktuellen Corona-Hysterie kann durchaus für ein sittenwidriges (Wucher-)Geschäft sprechen, wenn es Händler zu weit treiben. Dann endet auch die Vertragsfreiheit und der Vertrag ist nichtig. Wucher kann nicht nur sittenwidrig, sondern auch eine Straftat gemäß § 291 des Strafgesetzbuches (StGB) sein und wird dann mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft.

Künstliche Verknappung gegen Hamsterkäufe

„Nur noch 3 Artikel vorhanden“ – solche oder ähnlich Aussagen verführen den verzweifelten Kunden erst recht zum Kauf, egal wie hoch der Preis ist. Zum Hashtag Hamsterkäufe sei also auch hier allen Händlern geraten, von derartig fragwürdigen Strategien abzusehen. Denn die Unternehmen setzen durch angeblich absichtliche Falschangaben bei Warenbeständen oder Verfügbarkeiten die Verbraucher unter Druck und animieren sie so zu schnellen und unüberlegten Käufen. Der Händler drängt den Kunden auf einer falschen Grundlage dazu, eine schnellere Entscheidung zu treffen, die er sonst vielleicht nicht getroffen hätte. Eine Abmahnung könnte die Folge sein.

Hausregeln bei Ebay und Co.

Händler müssen neben den Gerichten oder Behörden auf Plattformen noch eine weitere Instanz beachten: Die Marktplätze selbst und deren Hausregeln. Ebay hat bereits erste Maßnahmen ergriffen, wie wir Anfang der Woche bereits berichtet haben. Ebay forderte seine Verkäufer auf, aktive Angebote mit Artikeln wie Gesichtsmasken, Handdesinfektionsgel oder -tücher usw. zu überprüfen und sicherzustellen, dass sie den Ebay-Grundsätzen entsprechen. So bezieht sich auch Ebay auf die Grundsätze des Wuchers: „Angebote, die von Naturkatastrophen und tragischen Ereignissen (wie dem Ausbruch des Coronavirus) profitieren, sind verboten.” Außerdem sollten Händler noch einmal prüfen, ob sie in ihren Artikelbezeichnungen und Artikelbeschreibungen missbräuchlich Begriffe wie „Coronavirus“, „Covid-19“, „Virus“, „Epidemie“ im Zusammenhang mit gesundheitsbezogenen Angaben verwenden, was ebenfalls kritisch ist.

Bei Nachlässigkeiten kann die Plattform die Verstöße mit dem Löschen von Artikeln quittieren oder schlimmstenfalls das Konto schließen. Für Händler ist es daher wichtig, die Spielregeln genau zu kennen und danach zu handeln, um auch an dieser Front keine Probleme zu bekommen.

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