„Dann geh doch zu Netto!“

Streit um Netto-Slogan endet im Vergleich

Veröffentlicht: 15.04.2020 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 15.04.2020
Kind kauft in Supermarkt ein

„Dann geh doch zu Netto!“ – Der Spruch ist simpel und vielleicht gerade deswegen so bekannt. Entstanden ist der Spruch 2017 während des Drehs des Spots „Kaufmannsladen“. Federführend war dabei die Agentur Jung von Matt. Der berühmte Slogan stammt allerdings von einer der anwesenden Mütter der Kinderschauspieler. Was folgte, war ein Rechtsstreit, der nun sein Ende in einem Vergleich fand.

Rückblick: Schwindeleregende Streitwerte und kurze Fristen

Als der Spruch zum Erfolg wurde, fragte die einfallsreiche Mutter bei Jung von Matt nach, wie es um eine Bezahlung steht. Schließlich sei sie Urheberin des Slogans, der den Spot zum Kultobjekt machte. Das Unternehmen verwies die Mutter lediglich auf den Rechtsweg. Kurze Zeit später folgte allerdings ein Schreiben der Agentur: Sie forderte die Mutter dazu auf, von der Behauptung Abstand zu nehmen, dass sie Urheberin des Slogans sei. Die Mutter ersuchte darauf hin rechtlichen Rat bei der Anwaltskanzlei LHR, denn: Als Reaktionszeit räumte die Agentur der Mutter gerade einmal ein Wochenende ein (wir berichteten). 

Im Februar 2019 erhob Jung von Matt dann schließlich Klage vor dem Landgericht Hamburg. Die Agentur begehrte die Feststellung, dass es sich bei der Mutter nicht um die Urheberin handelt. Als Streitwert wurden durch die Agentur schwindelerregende 100.000 Euro angesetzt. Im gleichen Zug reichte auch die Mutter Klage ein. Das Gericht sollte feststellen, dass sie entgegen der Meinung der Agentur sehr wohl die Urheberin des Spots ist.

Die Mutter hat es erfunden

Am 19. Februar 2020 fand nun laut dem Blog der Kanzlei LHR die mündliche Verhandlung vor dem Landgericht Hamburg statt. In der mündlichen Verhandlung erschlossen sich zwei positive Erkenntnisse für die Mutter:

Zum einen traf das Gericht die Feststellung, dass der Slogan die Idee der Mutter war. Zum anderen stellte das Gericht fest, dass der durch die Agentur angesetzte Streitwert in Höhe von 100.000 Euro zu hoch ist. Der Streitwert wurde auf einen Wert „bis 7.500 Euro“ herabgesetzt. Das hat zur Folge, dass sich die Kosten des Verfahrens erheblich verringern. 

Allerdings nützt der Mutter laut Ansicht des Gerichts der Umstand, dass sie die Idee zum Slogan hatte, nichts. In der Verhandlung machte das Gericht der Mutter wenig Aussicht auf Erfolg, denn: Der Slogan ist an sich zu kurz, so dass sie nicht als Urheberin im rechtlichen Sinn anerkannt werden könne. Außerdem reiche ihre Mitwirkung am gesamten Werbespot nicht für die Geltendmachung urheberrechtlicher Ansprüche aus. Aufgrund der geringen Erfolgsaussichten regte das Gericht daher einen Vergleich an. Im Ergebnis erklärten beide Seiten etwaige wechselseitige Ansprüche als abgegolten.

Verlierer auf beiden Seiten?

Rechtsanwalt Arno Lampmann von der LHR bezeichnet den Ausgang als Niederlage für beide Seiten. Für die Mutter sei aufgrund der Hinweise des Gerichts zur Rechtslage lediglich der Vergleich die Lösung gewesen. Finanziell sei sie nicht dazu in der Lage gewesen, im Zweifel eine Instanz höher zu gehen. Jung von Matt und damit auch Netto hingegen haben laut Ansicht des Rechtsanwalts eine Möglichkeit verspielt, der Mutter die verdiente Anerkennung für die Idee zu gewähren. Dadurch hätte Netto „ihre in der Werbung hervorgehobene Kinder- und Familienfreundlichkeit beweisen und damit öffentliche Sympathiepunkte sammeln können“, heißt es dazu konkret auf dem Blog der Kanzlei.

Jung von Matt war auf Nachfrage zu keinem Statement bereit. Auch von Netto lag zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels keine Stellungnahme vor.

Kommentare  

#3 Reiner Graupe 2020-04-20 12:12
Ein Unding! Da wird vom LG behauptet, der Spruch sei zu kurz, um daraus Rechte abzuleiten. In welchem Gesetz oder Verordnung steht denn, dass dieser länger zu sein hat? Wie ist es denn mit "Quadratisch-Pr aktisch-Gut" "Black Friday" "Geiz ist geil" "Ich bin doch nicht blöd"? Erst die Urheberschaft bestätigen, aber dann im rechtlichen Sinne denn dann doch nicht. Was denn nun?
Hier wurde die Urheberin m.E. auch noch mit einem Vergleich abgewimmelt. (Bei einem Vergleich machen auch beide Rechtsanwaltsse iten wunderbar Kasse). Die Werbeagentur macht nun Schampus auf und Netto sollte sich schämen! Wer eine solche teure Werbeagentur bezahlen kann, hätte einen Obolus auch der Urheberin zukommen lassen können. Eine Schande ist das - hier müsste es genauso einen Shitstorm geben!
Zitieren
#2 Jörg Brüne 2020-04-19 14:59
Ich schließe mich Herrn Röschinger an und gehe bloß nicht zu netto.... Ein echtes Armutszeugnis!
Zitieren
#1 Stefan Röschinger 2020-04-16 09:51
"Dann geh bloß nicht zu Netto!"
(c) 2020 Stefan Röschinger
Zitieren

Schreiben Sie einen Kommentar

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.