Lebensmittelinformationsverordnung

Müsli vor dem EuGH: Was gilt für die Nährwertangabe?

Veröffentlicht: 12.08.2020 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 12.08.2020
Müsli in Glas

Nährwertangaben finden sich auf so ziemlich allen vorverpackten Lebensmitteln. Sie sollen Käufer über den Inhalt informieren und gleichzeitig auch verschiedene Produkte in verschiedenen Packungsgrößen vergleichbar machen. Das Ganze soll für Konsumenten natürlich einfach und transparent sein, um seinen Zweck zu erfüllen. 

Der Weg zur korrekten Nährwertdeklaration ist allerdings nicht ganz so übersichtlich, wie das Ergebnis. Und offenbar auch nicht in allen Details so eindeutig. In einem Rechtsstreit, in dessen Zentrum das „Vitalis Knuspermüsli Schoko + Keks“ von Dr. Oetker steht, hat der Bundesgerichtshof nun den EuGH angerufen. Der klagende Verbraucherzentrale Bundesverband hat ein Problem mit der Angabe auf der Schauseite der Produktverpackung: Dort angegeben wird nämlich der Brennwert im Bezug auf 100 Gramm des zubereiteten Müslis mit Milch. Der Verband allerdings hält die Angabe je 100 Gramm des Produkts für nötig. Was nun nach den europäischen Vorgaben nötig ist, will der BGH vom EuGH geklärt wissen (Beschluss v. 23. Juli 2020, Az. I ZR 143/19).

Feinheiten der Deklaration von Nährwerten

Für das Müsli, so heißt es im Beschluss, ist die Nährwertangabe grundsätzlich verpflichtend. Angaben zum Brennwert und Mengen an Fett, gesättigten Fettsäuren, Kohlenhydraten, Zucker, Eiweiß und Salz müssen in einem Sichtfeld erscheinen und, wenn denn genügend Platz auf der Verpackung ist, auch in Tabellenform dargestellt werden. Das wird auf der Seite der Verpackung auch so gemacht. Um diese Angabe geht es im Streit aber nicht.

Die LMIV erlaubt es darüber hinausgehend außerdem, die Angaben noch einmal zu wiederholen. Entweder den Brennwert allein, oder den Brennwert zusammen mit den Mengen an Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz. So regelt es Artikel 30 Abs. 3 b) LMIV. Das geschieht dann im Hauptsichtfeld der Verpackung, also jener Fläche, die der Verbraucher beim Kauf höchstwahrscheinlich auf den ersten Blick wahrnimmt. Auch auf diesem Müsli wurde diese freiwillige wiederholende Angabe gemacht.

Wo sich die Angaben zu Brennwert und Co. im Normalfall auf die Werte zum Zeitpunkt des Verkaufs beziehen, gibt es auch eine Ausnahme. Wenn ausreichend Hinweise auf die Zubereitung gemacht werden, können sie sich auch auf das zubereitete Lebensmittel beziehen. Diese grundsätzlich existierende Ausnahme wurde bei dem Müsli nun auf der Vorderseite genutzt. Die Angaben beziehen sich hier nicht auf 100 Gramm Müsli, sondern 40 Gramm Müsli und 60 Milliliter Milch mit 1,5 Prozent Fett. 

Nährwerte für Müsli mit Milch: Dürfen die das denn?

Aber konnte diese Ausnahmeregelung für das Müsli überhaupt zulässigerweise genutzt werden? Wie der Streit vor Gericht ausgeht, hängt laut dem Beschluss des BGH von der Frage ab, ob die Vorschriften der LMIV so auszulegen sind, „dass es verboten ist, in einem Fall wie dem hier in Rede stehenden mit Nährwertinformationen pro Portion des zubereiteten Lebensmittels zu werben, ohne zusätzlich den Brennwert je 100 g des Lebensmittels zum Zeitpunkt des Verkaufs anzugeben“.

Dann stellen die Richter außerdem die Frage, ob die Ausnahme nur für Lebensmittel genutzt werden kann, bei denen eine Zubereitung überhaupt erforderlich und die Zubereitungsweise außerdem vorgegeben sind. Das ist zum Beispiel bei Instantsuppen, Puddingpulver oder Backmischungen der Fall. Beim Müsli allerdings ist das kritisch, meinen die BGH-Richter: „Müsli kann auf unterschiedliche Weise zubereitet werden. Es kann beispielsweise mit Milch oder mit Joghurt zubereitet werden, wobei die Milchprodukte einen unterschiedlichen Fettgehalt haben können; außerdem können ihm andere Zutaten wie etwa Obst oder Honig zugesetzt werden“. Vorgegeben wäre die Zubereitung nicht, sodass die Wahlmöglichkeiten zwischen Angaben für das verkaufte oder das zubereitete Produkt unter Umständen nicht bestünde. 

Produkte sollen vergleichbar sein

Ganz irrelevant ist diese Frage auch deswegen nicht, weil es bei der Regelung der Nährwertangabe eben auch um die Vergleichbarkeit mehrerer Produkte geht. Wenn nun Angaben für ein Produkt wie ein zubereitetes Müsli gemacht werden, dabei allerdings diverse Arten der Zubereitung infrage kommen, dann wird diese Funktion für die Konsumenten unter Umständen kaum erfüllt werden können. Ein Sprecher von Dr. Oetker teilte uns auf unsere Anfrage hin mit, dass man den Beschluss zur Kenntnis genommen habe und mit Interesse das Urteil des EuGH erwarte. Wann sich der EuGH zur Sache äußern wird, ist noch nicht bekannt.

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