Man mag es kaum glauben, aber tatsächlich gibt es im Online-Handel auch noch etwas anderes als Abmahnungen. Leider. Die Anhörungsbögen oder Anhörungsschreiben, die anders als von Wettbewerbern oder Verbänden von „echten“ Behörden kommen können, sind ein weiteres Übel, mit dem man als Unternehmer rechnen muss, wenn man Rechtsvorschriften (willentlich oder unbewusst) missachtet. Es ist jedoch wichtig, dass man seine Rechte und Pflichten als Adressat kennt und dabei genauso wenig auf Trittbrettfahrer hineinfällt. Unser FAQ klärt die wichtigsten Standard-Fragen zu einem Anhörungsbogen.
Anhörungsschreiben sind nichts Neues und ein legales Instrument der Verwaltungsbehörden. Grund für eine Anhörung kann also der Verstoß gegen ein Gesetz oder gegen eine Verordnung sein, dem die Behörde nun beispielsweise aufgrund eines anonymen Hinweise oder durch eigene Überprüfungen nachgeht. Grund für eine Anhörung, besonders im E-Commerce, kann daher ein Verstoß gegen bußgeldbewehrte Vorschriften sein, beispielsweise ein Verstoß gegen den Elektrogesetz durch eine fehlende Registrierung oder die missachtete Mitteilungspflicht aus dem Batteriegesetz. Hier bekommt man dann Post vom Umweltbundesamt mit Sitz in Dessau-Roßlau.
Außerdem machten die Datenschutzbeauftragten der Bundesländer immer mal wieder von sich reden, indem sie Anhörungsschreiben wegen Datenschutzverstößen versanden. Auch diese sind mit einem Bußgeld belegt. Zuletzt soll es Händler getroffen haben, die Google Analytics nicht rechtskonform einsetzen. Zur Erinnerung: Es sind bei DSGVO-Verstößen Bußgelder möglich in Höhe von bis zu 4 Prozent des gesamten weltweiten Jahresumsatzes eines Unternehmens bzw. 20 Millionen Euro.
Wie bereits erwähnt sind es staatliche Stellen wie Behörden und Ämter, die die Anhörungsschreiben versenden, weil sie ein Ordnungsmittelverfahren einleiten wollen.
Wie schön wäre es, wenn man vor einer Abmahnung vom Abmahner zumindest angehört wird, idealerweise kostenfrei? Diesen Zwischenschritt gibt es jedoch nur im Verwaltungsrecht, wenn eine Behörde eine Entscheidung (in Form eines Bußgeldbescheides) verhängen will. Wenn die Behörde (aufgrund einer Anzeige) davon ausgeht, dass tatsächlich ein Verstoß vorliegt, wird ein Bußgeldverfahren eingeleitet.
Der Betroffene erhält zunächst eine Möglichkeit zur Äußerung, § 28 VwVfG, § 55 OWiG. Dazu ist sie nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, damit der Betroffene sich noch rechtzeitig verteidigen kann, was letztendlich nichts anderes als das Recht auf rechtliches Gehör ist. Laut Elektrogesetz droht bei einer fehlenden Registrierung eine Geldbuße von bis zu 100.000,00 Euro. Bei der DSGVO sind es noch viel mehr. Eine vorherige Anhörung ist daher durchaus berechtigt und sinnvoll.
Zunächst hat das Schreiben wie jedes offizielle Schriftstück einen Briefkopf. Dann wird mitgeteilt, welche Verstöße dem Betroffenen zur Last gelegt werden. Dem Betroffenen wird am Ende Gelegenheit zur Äußerung gegeben, der eigentliche Anhörungsbogen.
Die Vergangenheit hat jedoch auch gezeigt, dass immer wieder Trittbrettfahrer unterwegs sind, die Schreiben im behördlichen Stil versenden. Die immer wieder auftauchenden Formularfallen können sogar die besten Geschäftsleute schnell über den wahren Absender täuschen.
Meist fehlt eine Rechtsbehefsbelehrung. Auch die oftmals angehängten AGB sollten Adressaten stutzig machen, denn behördliche Schreiben und AGB sind selten bis nie zusammen anzutreffen.
Sind Sie sich nicht sicher, wer der echte Absender ist und vermuten das Umweltbundesamt oder eine andere Behörde, lohnt auch ein Anruf unter Angabe des Aktenzeichens oder eine kurze Suche bei Google. Meist haben schon andere vor den Fake-Schreiben gewarnt.
Wird ein Unternehmer von einer Behörde oder öffentlichen Stelle wie dem Landesdatenschutzbeauftragten angeschrieben, ist er nicht zur Auskunftserteilung verpflichtet. Es gibt aber gute Gründe, dies doch zu tun. Reagiert man nicht, wird die Behörde nach Aktenlage entscheiden und die Tatsachen für die Höhe des Bußgeldes heranziehen, die bis dato vorlagen. Der Empfänger darf die Auskunft natürlich auf das beschränken, was die Behörde aufgeworfen hat und die Antwort kann natürlich auf solche Fragen verweigert werden, bei denen man sich selbst in die Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung begibt.
Die Antwort sollte innerhalb der geforderten Frist und unverzüglich erfolgen.
Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Händen, heißt es. Auch wenn es manchmal nicht zu glauben ist, doch in einer Behörde arbeiten auch nur Menschen. In der Bemessung des Bußgeldes, dass mit einem Verstoß ja nun mal provoziert wurde, findet es aber vermutlich Berücksichtigung, wenn man alle Angaben schnell und lückenlos macht, auch die unbequemen. Auch die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts wird nicht automatisch als Schuldeingeständnis gewertet.
Auch hier naht noch nicht das Ende der Welt. Jeder Verwaltungsakt, zu dem auch die Verhängung eines Bußgeldes gehört, ist wieder angreifbar. Hiergegen kann Einspruch innerhalb einer bestimmten Frist eingereicht werden. Deshalb enthält jeder Bescheid am Ende des Schreibens eine Rechtsbehelfsbelehrunh mit den konkreten Anforderungen. Dies ist bei den Fake-Schreiben beispielsweise selten der Fall.
Hebt die Behörde nach dem Einspruch nicht auf, geht das Verfahren zur Staatsanwaltschaft. Auch hier gibt es dann im nächsten Schritt ein Ordnungsmittelverfahren vor dem Amtsgericht.