Apple, McDonalds, Netto

Wenn die Kleinen sich vor Gericht mit den ganz Großen anlegen

Veröffentlicht: 16.12.2020 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 16.12.2020
Elefant klettert aus Angst vor Maus auf Stühle

„Die Großen dürfen sich halt alles erlauben!“, heißt es oft. Entsprechend suchen „die Kleinen“ gar nicht erst den Kampf, dabei hat schon der biblische David gezeigt, dass auch ein Goliath seine Schwachstellen hat. Sicher: Manchmal verliert auch David, in manchen Fällen lohnt es sich aber auch – das zeigen auch unsere Geschichten, die wir herausgesucht haben.

„Dann geh doch zu Netto!“ – Kreative Mutter gegen Netto & Jung von Matt / Saga

Der Werbespot „Kaufmannsladen“ von Netto aus dem Jahr 2017 ist mittlerweile Kult. Zum Kult wurde er vor allem durch einen Spruch, der offenbar aber nicht aus der Feder eines findigen Marketingexperten stammt.

Als das Team samt Kinderdarsteller und der Eltern am Set zum Werbespot war, äußerte der Aufnahmeleiter seine Unzufriedenheit mit dem Drehbuch. Der Handlung fehlte das gewisse Etwas. Einer Mutter kam dann die zündende Idee: „Dann geh doch zu Netto!“ Der spontane Einfall schaffte es in den Spot und ist mittlerweile Kult. Doch weder Netto noch die ausführende Agentur Jung von Matt / Saga wollten diese kreative Leistung anerkennen. Aber genau darum ging es: Anerkennung. Stattdessen wurde die Mutter auf den Rechtsweg verwiesen und nahm die Herausforderung an. 

Nachdem die kreative Frau bei Netto und der Agentur auf Granit biss, wandte sie sich an die Öffentlichkeit und berichtete von ihrem Fall. Was folgte, war eine Klage: Im Februar 2019 forderte Jung von Matt die Mutter dazu auf, die Behauptung, sie habe den Slogan erfunden, zu unterlassen. Die Agentur setzte dafür einen schwindelerregenden Streitwert in Höhe von 100.000 Euro an. Würde die Mutter den Prozess verlieren, so müsste sie mit einem Kostenrisiko von über 10.000 Euro rechnen. 

Sie ließ sich allerdings davon nicht einschüchtern und erhob ihrerseits Klage: Das Gericht sollte klären, dass sie sehr wohl die Urheberin des Slogans ist.

Unterm Strich endete das Verfahren allerdings für niemanden wirklich erfolgreich. Zunächst gab die Agentur zu, dass der Spruch „Dann geh doch zu Netto“ doch von der Mutter erfunden wurde. Das Gericht wies allerdings darauf hin, dass der Slogan an sich zu kurz ist, um urheberrechtlichen Schutz zu genießen. Juristisch gesehen bringt der Mutter dieses Zugeständnis also nichts. Immerhin wurde der Streitwert auf 7.500 Euro nach unten korrigiert. Am Ende haben sich beide Parteien verglichen

Zwar ist nun sicher, dass der Slogan von der Mutter erfunden wurde, nur bringt ihr das juristisch gesehen nichts. Jung von Matt und damit auch Netto haben hingegen eine Chance verspielt, der Mutter Anerkennung für die kreative Leistung entgegenzubringen. Diese Anerkennung wäre auch aus Marketingsicht wahrscheinlich gut nutzbar gewesen. 

Kleine Fastfoodkette lässt McDonalds in selbstgegrabene Grube fallen

Wer schon einmal nach Irland gereist ist, wird vielleicht in einem Supermac’s gegessen haben. Die irisches Fastfood-Kette ist mit ihren etwa 120 Filialen kein Konkurrent für McDonalds. Dennoch hatte es der Konzern auf die kleine Kette abgesehen. Der Grund dafür wirkt sehr konstruiert: Supermac’s klinge wie Big Mac und der sei bekanntlich markenrechtlich geschützt.

Supermac’s reagierte mit einem Löschantrag für den Big Mac beim Europäischen Markenschutzamt EUIPO. Und siehe da… das hat sich doch gelohnt.

In dem Rechtsstreit musste sich die Behörde natürlich mit der Frage auseinandersetzen, inwiefern die Marke Big Mac ernsthaft und dauerhaft von McDonalds genutzt wurde. Die Nutzung einer eingetragenen Marke ist für deren dauerhaften Schutz zwingend notwendig, damit Marken von Unternehmen eben nicht nur als Mittel zum Zweck eingetragen werden.

Die Behörde stellte fest, dass die Marke zwar im Jahr 1999 von McDonalds eingetragen, aber nie ernsthaft genutzt wurde. Im Prozess wurden zwar mehrere Big-Mac-Verpackungen als Beweis vorgelegt, das reichte aber nicht. Entsprechend wurde entschieden, dass die Marke gelöscht wird.

E*message gegen iMessage

Das Berliner Unternehmen E*message W.I.S. Deutschland GmbH ist bereits seit 2000 mit seinem Produkt e*message, wobei das e wie i ausgesprochen wird, am Markt vertreten. Es handelt sich dabei um einen Pager-Dienst, der sich an Krankenhäuser, Feuerwehren und Energieversorger richtet. Fast zehn Jahre später, 2011, startete Apple mit seinem Dienst iMessage, wobei das i als ei ausgesprochen wird, am Markt.

Das Berliner Unternehmen sieht darin eine Verletzung, da e*message und iMessage vom Namen her so ähnlich seien, dass eine Verwechslungsgefahr gegeben sei. Daher wagte das Unternehmen den mutigen Schritt und verklagte Apple. 

Dieser Streit ging leider nicht gut für E*message W.I.S. Deutschland GmbH aus, denn das Gericht stellte fest, dass der Name e*message schon gar keinen markenrechtlichen Schutz genießt. Das „e“ steht für elektronisch, so dass das Produkt den übersetzten Namen „elektronische Nachricht“ führt. Es handelt sich dabei also um ein beschreibendes Wort und dieses können keinen markenrechtlichen Schutz genießen. Außerdem sei aber auch keine Verwechslungsgefahr gegeben, da beide Namen unterschiedlich genug ausgesprochen werden. Zu guter Letzt bedient die E*message GmbH eine Nische, während sich der iMessenger an die breite Masse richtet.

Ido: Händlerin geht Mitgliederliste nach

Vera Dietrich ging es wie so vielen Online-Händlern: Sie erhielt unerfreuliche Post vom Ido Verband, da sie bei einem Schal keine Textilkennzeichnung vorgenommen haben soll. Die Abmahnung wollte sie sich aber so nicht gefallen lassen und ließ es auf einen Gerichtsprozess ankommen.

In dem Gerichtsverfahren musste der Ido dann beweisen, dass er eine ausreichende Anzahl an Mitgliedern hat, die in einem Mitbewerberverhältnis zu Vera Dietrich stehen. Dafür wurde eine Mitgliederliste vorgelegt, für deren Richtigkeit die Vorstandsvorsitzende Sarah Spayou mittels Versicherung an Eides statt bürgte. 

Dietrich hingegen überprüfte die Richtigkeit auf ganz altmodische Art: Sie checkte alle 44 Händler auf der Mitgliederliste und stellte fest: Viele der genannten Mitglieder sind gar keine Mitglieder mehr beim Ido Verband.

Dieses Gerichtsverfahren hatte unschöne Folgen für den Ido Verband: Das Gericht übergab die Akte der Staatsanwaltschaft. Schließlich stand hier der Verdacht der falschen Versicherung an Eides statt und des möglichen Betruges im Raum. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens gerieten auch weitere Mitarbeiter in das Visier der Staatsanwaltschaft. Wie mittlerweile bekannt wurde, wurde das Verfahren gegen Spayou wegen des fehlenden, hinreichenden Tatverdachts eingestellt. 

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