Wir wurden gefragt

Wann handelt es sich um Werbung und wann um eine bloße Information?

Veröffentlicht: 24.02.2021 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 09.04.2021
Geöffneter Online-Shop

Gewerbetreibende müssen besonders bei der Werbung aufpassen. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb legt verschiedenste Spielregeln für die Werbung fest. Das fängt bei den Voraussetzungen zum Versenden von E-Mail-Werbung an und hört irgendwo bei der Verwendung irreführender Keywords auf.

Flattert dann eine Abmahnung wegen irreführender Werbung ins Haus, weil der Händler beispielsweise irgendwo in einer Fußnote was von versichertem Versand stehen hat, lautet die reflexartige Redaktion oft: „Was? Warum Werbung! Ich hab doch nur informiert …“ – So einfach ist das leider nicht. 

Grundsatz: Alles ist irgendwie Werbung

Besonders ein Urteil aus dem Jahr 2018 macht klar, dass Online-Händler in ihrer gewerblichen Tätigkeit selten „einfach mal so“ Inhalte verbreiten, ohne dass diese als Werbung eingestuft werden. Zur Erinnerung: Im Oktober 2018 wurde eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs bekannt, wonach die Bitte um eine Bewertung in einer Rechnungs-E-Mail als Werbung einzustufen sei. Zur Begründung führte das Gericht an:

„Kundenzufriedenheitsabfragen dienen zumindest auch dazu, so befragte Kunden an sich zu binden und künftige Geschäftsabschlüsse zu fördern.“

Zur Werbung gehört nämlich jede Maßnahme eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Platziert ein Online-Händler in seinem Angebot oder in seinem Shop irgendeine Äußerung, so muss er sich die Frage gefallen lassen, welchen Zweck genau dieser Inhalt auf einer gewerblichen Seite haben soll, wenn es nicht Gewinnerzielungsabsicht ist. Daher spielt die Frage, ob eine Äußerung, die von einem Gewerbetreibenden auf seiner gewerblichen Plattform platziert wird, Werbung ist oder nicht, in der Praxis kaum eine Rolle. Auch wenn eine irreführende Äußerung in einer Fußnote möglicherweise kaum vom Verbraucher wahrgenommen und ihn entsprechend eher wenig in seiner Kaufentscheidung beeinflussen wird, wird sich der Händler immer den Vorwurf gefallen lassen müssen, dass diese Äußerung dort „nicht zum Spaß“ steht, sondern damit sehr wohl zumindest mittelbar die Förderung des Absatzes bezweckt wird.

Die Frage, wie stark die Äußerung einen möglichen Käufer in seinem Konsumverhalten beeinflusst, spielt in der Regel dann erst eine Rolle, wenn es um die Frage geht, wie schwer der Wettbewerbsverstoß wiegt.

Aktueller Fall: Werbung für Schwangerschaftsabbrüche

Der Umstand, dass auf einer gewerblichen Seite irgendwie alles als Werbung gedeutet wird, wurde einer Ärztin zum Verhängnis: In dem viel diskutierten Fall ging es um die Ärztin Kris­ti­na Hänel, die auf ihrer Praxis-Homepage darüber informierte, dass sie auch Schwangerschaftsabbrüche vornimmt. Bereits diese Information erfüllt den Straftatbestand des § 219a StGB. Aufgrund der öffentlichen Diskussion gab die Politik nach und änderte den Straftatbestand wir folgt: Die Information, dass Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, wird weiterhin als Werbung gewertet, ist aber erlaubt, „wenn Ärzte, Krankenhäuser oder Einrichtungen auf die Tatsache hinweisen, dass sie Schwangerschaftsabbrüche“ vornehmen.

Diese Änderung hilft der Ärztin allerdings nicht, da sie auf ihrer Homepage auch erklärte, wie ein Schwangerschaftsabbruch durchgeführt wird. Auch nach der aktuellen Fassung darf sie nur darüber informieren, dass sie solche Eingriffe vornimmt. Entsprechend wurde sie nun auch in letzter Instanz rechtskräftig verurteilt, hat aber laut Beck-Aktuell bereits eine Verfassungsbeschwerde angekündigt.

Fazit: Auch bei Fußnoten genau hinschauen

Für Online-Händler ist die Antwort auf die Frage „Information oder Werbung?“ vielleicht frustrierend, aber nichts Neues. Das Klischee, dass schon kleine Äußerungen am Rande des Shops teuer werden können, kommt eben nicht von ungefähr.

Die Abgrenzung zwischen Information und Werbung wird bestenfalls dann relevant, wenn jemand beispielsweise einen überwiegend redaktionell gehaltenen Blog betreibt. 

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