Wir wurden gefragt

Ab wann sind Produkte gebraucht?

Veröffentlicht: 24.11.2022 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 24.11.2022
Online-Händlerin macht Ware versandfertig

Ob ein Produkt neu oder gebraucht ist gehört zu den wesentlichen Informationen, über die Unternehmen im Warenangebot informieren müssen. Die Käuferschaft hat somit das Recht zu wissen, ob das erworbene Produkt bereits gebraucht war. Hintergrund ist der, dass einem gebrauchten Produkt regelmäßig ein höheres Sachmangelrisiko anhaftet. Dabei ist es die Abgrenzung zwischen neu und gebraucht oftmals gar nicht so einfach.

Grundsatz der gewöhnlichen Verwendung

Mit der Frage, ab wann ein Produkt nicht mehr neu ist, hat sich bereits 2014 das OLG Hamm (Urteil vom 16.01.2014, Az.: 4 U 102/13) beschäftigt und einen Grundsatz entwickelt: Ein Artikel ist dann gebraucht, wenn er vom Hersteller, dem Verkäufer oder einem Drittes bereits seiner gewöhnlichen Verwendung zugeführt wurde. Das bedeutet, dass ein Produkt nur dann als neu gilt, wenn er noch nicht benutzt und aus neuen Materialien hergestellt wurde. Außerdem darf der Artikel nicht ewig im Lager rumliegen haben. So darf ein Kugellager, welches seit 20 Jahren im Lager vor sich hin staubt, nicht mehr als neu angeboten werden, da das konkrete Risiko von Lagerschäden besteht (Landgericht Aachen, Urteil vom 13.01.2015, Az.: 41 O 60/14). 

Gretchenfrage: Sind retournierte Produkte Gebrauchtware?

Die Frage, die sich nun stellt, ist, ob Produkte, die im Rahmen der Ausübung des Widerrufsrechts zurück gesendet werden, entsprechend als Gebrauchtware deklariert werden müssen. Immerhin dürfen Verbraucher die Ware innerhalb der Widerrufsfrist auf ihre Beschaffenheit prüfen und damit auch austesten. Auch hier lautet die Antwort wie so oft: Es kommt darauf an. Wird beispielsweise ein technisches Gerät nur mal kurz angemacht um zu schauen, wie es läuft und dann zurück gesendet, so kann man in der Regel davon ausgehen, dass das noch keinen Brauch darstellt und das Produkt daher wieder als neu verkauft werden kann. Das selbe dürfte für Kleidung gelten, in die nur mal kurz reingeschlüpft wurde. Anders sieht es aus, wenn die Kleidung über längere Zeit getragen wurde oder der Rasenmäher tatsächlich mal im Garten einem Testlauf unterzogen wurde. In solchen Fällen dürften die Produkte nicht mehr als neu gelten und müssten als gebraucht gekennzeichnet werden. 

Das Ärgerliche dabei ist, dass gebrauchte Produkte oftmals zwangsläufig günstiger weiterveräußert werden müssen, um Abnehmer zu finden. 

B-Ware nicht automatisch gebraucht

Händler, die B-Ware anbieten, müssen diese übrigens nicht immer als gebraucht kennzeichnen. Vielmehr kommt es darauf an, was die Ware zur B-Ware macht. In der Regel ist B-Ware aber nicht gebraucht, sondern ist lediglich leichte beschädigt oder hat keine Originalverpackung mehr. Natürlich müssen Händler im Rahmen der Produktbeschreibung auf diese Umstände hinweisen; eine Deklaration als Gebrauchtware ist aber oftmals nicht notwendig. 

Sonderfall: Upcycling-Produkte

Eingangs wurde bereits erwähnt, dass ein neues Produkt auch aus neuen Materialien hergestellt werden muss. Bei Upcycling-Produkte ist dies per Definition nicht der Fall. In einem anderen Beitrag haben wir uns bereits eingehend mit dieser Produktgruppe beschäftigt und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass solche Produkte nicht als Neuware verkauft werden dürfen.

Warum die Kennzeichnung wichtig ist

Es ist äußerst wichtig, dass Unternehmen ihre Ware in richtig bezeichnen. Zum einen droht eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung, sollten Gebrauchtwaren als Neuware angeboten werden. Dies zeigt auch unser aktueller Abmahnmonitor.

Das Ganze hat aber auch Auswirkungen auf das Gewährleistungsrecht: Für gebrauchte Ware dürfen Händler die Gewährleistungsfrist verkürzen. Auf das Widerrufsrecht wirkt sich der Zustand der Ware hingegen nicht aus.

Ein weiterer Grund für eine richtige Kennzeichnung ist außerdem das Sachmangelrecht: Wird eine Ware als neu angeboten und ist dann doch gebraucht, so stellt dieser gebrauchte Zustand einen Sachmangel dar. Die Kundschaft darf dann also Nacherfüllung und eventuell sogar Schadensersatz verlangen. 

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