Dreist oder berechtigt

Transportschaden nach 6 Wochen gemeldet – Ist das rechtens?

Veröffentlicht: 16.03.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 16.03.2023
zerbrochener Teller vor rosa Hintergrund
In unserer neuen Reihe „Dreist oder berechtigt“ nehmen wir Forderungen und Fragen von Verbrauchern, Kunden und Arbeitnehmern unter die Lupe.

 

Diesmal geht es wieder um einen Fall aus dem Gewährleistungsrecht: Eine Käuferin hat bei einem Online-Shop ein Tellerservice gekauft. Etwa sechs Wochen nach der Lieferung meldet sie sich bei dem Verkäufer und gibt an, dass einer der Teller zerbrochen ist. Dieser sei bereits beim Auspacken kaputt gewesen, sie habe es bisher nur noch nicht geschafft, den Schaden zu melden. Der Verkäufer zweifelt an dem Sachverhalt. Zwar handelt es sich um einen typischen Transportschaden, allerdings macht ihn die späte Meldung stutzig. Handelt es sich hier etwa um eine dreiste Kundin?

Grundsatz: Keine Pflicht zur unverzüglichen Mängelanzeige

Für Verkäufer und Verkäuferinnen ist eine zeitige Mängelrüge sehr wichtig, um den Sachverhalt nachvollziehen zu können. Wurde gerügt, dass zu wenig geliefert wurde, kann die fehlerhafte Bestellabwicklung intern vielleicht sogar nachvollzogen werden. Je länger die Rüge hinter dem Sachmangel liegt, desto schwerer kann es werden. Wird beispielsweise ein Produkt trotz Mangels weiterverwendet, wird möglicherweise die vollständige Wahrnehmung des Prüfrechts erschwert.

 

Dennoch sieht das Gesetz keine Pflicht zur unverzüglichen Mängelanzeige vor. Der EU-Gesetzgeber räumt den Mitgliedstaaten zwar grundsätzlich das Recht ein, der Käuferschaft eine Frist, in der die Mängelanzeige erfolgen soll, aufzuerlegen; der deutsche Gesetzgeber hat sich aber bewusst gegen eine solche Regelung entschieden. Stattdessen beträgt die Gewährleistungsfrist in der Regel einfach zwei Jahre und diese Zeit darf genutzt werden. So kann die Kundschaft sich mit der Meldung eines Transportschadens theoretisch auch 23 Monate Zeit lassen. Eine Verwirkung des Gewährleistungsrechts durch eine späte Mängelrüge kommt jedenfalls nicht in Betracht.

Fazit: Kundin durfte sich Zeit lassen

Für den Fall bedeutet das, dass sich die Kundin tatsächlich Zeit lassen konnte. Bei dem Verkäufer mag dieses Vorgehen möglicherweise zu Recht Misstrauen wecken, allerdings handelt es sich bei dem zerbrochenen Teller um einen typischen Transportschaden. Entsprechend wird er hier im Rahmen der Nacherfüllung einen neuen Teller nachliefern müssen. Das Verhalten der Kundin ist also berechtigt. 

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