Probleme bei Amazon: Unzureichende Erfüllung der vorvertraglichen Informationspflichten

Veröffentlicht: 07.07.2015 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 15.07.2015

Amazon bietet Händlern die Möglichkeit, in den Shop-Einstellungen das Impressum, die Widerrufsbelehrung(en) inkl. Muster-Widerrufsformular, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Kundeninformationen sowie die Datenschutzerklärung zu hinterlegen. Finden wird der Kunde diese Informationen jedoch eher durch Zufall. Einige der Kernprobleme sollen nachfolgend beleuchtet werden.

Amazon logo: Weiß auf Schwarz

360b / Shutterstock.com

Erfüllung der Informationspflichten vor Einleitung der Bestellung

In Online-Shops finden sich die erforderlichen Rechtstexte in aller Regel unter entsprechenden Schaltflächen, die zentral einsehbar und jederzeit im Online-Shop abrufbar sind. Bei Amazon ist dies jedoch nicht ohne Weiteres möglich, da die Plattform keinen Raum für eigene Anpassungen zulässt. Zwar kann der Online-Händler die entsprechenden Rechtstexte in seinem Shop auf der Seite „Detaillierte Verkäuferinformationen“ (mehr oder minder übersichtlich) hinterlegen, dennoch ist dies nur die halbe Miete.

Das Problem: Diese Seite wird vom Käufer bei Bestellung von Waren nicht zwingend zur Kenntnis genommen oder durchlaufen. Der einzige Verweis findet sich am eingestellten Artikel mit dem Hinweis „Verkauf und Versand durch [Verkäufername]. Für weitere Informationen, Impressum, AGB und Widerrufsrecht klicken Sie bitte auf den Verkäufernamen.“

Bei Klick auf den Verkäufernamen gelangt man in den Shop des Verkäufers und erst durch einen weiteren Klick, beispielsweise auf „Detaillierte Verkäuferinformationen“, zu den rechtlichen Hinweisen.

Diese Shop-Seite muss aber im Rahmen einer Bestellung vom Käufer eben nicht zwingend aufgerufen werden, sodass der Käufer – bedingt durch die Gestaltung der Plattform – vor Einleitung des Bestellvorganges die Informationen nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise zur Verfügung gestellt bekommt.

Erfüllung der Informationspflichten Bestellablauf

Die Erfüllung der Informationspflichten ist auch im Bestellablauf von Amazon nicht sichergestellt.

Im gesamten Bestellablauf finden sich keinerlei Hinweise auf die Verbraucherinformation des Verkäufers (z.B. die AGB und Kundeninformationen, Widerrufsbelehrung und Muster-Widerrufsformular, Zahlungs- und Versandbedingungen). Vielmehr ist auf der Bestellübersichtsseite folgender Hinweis angebracht: „Bitte prüfen Sie Ihre Bestellung. Mit Ihrer Bestellung erklären Sie sich mit den Datenschutzbedingungen und den Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie den Bestimmungen zu Cookies & Internetwerbung von Amazon.de einverstanden.“

Die Worte „Datenschutzbedingungen“ und „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ führen aber nicht zu den rechtlichen Hinweisen des Verkäufers, sondern zu denen von Amazon. Im Fußbereich der Bestellübersichtsseite finden sich Links mit den Namen „Impressum“, „Datenschutzerklärung“ und „Unsere AGB“, die wiederum auf die Rechtstexte von Amazon verweisen. Diese Verlinkung zu den entsprechenden Informationen von Amazon führt letztendlich zur Unsicherheit, wer tatsächlich Verkäufer ist.

Der in der Artikelzusammenfassung enthaltene Hinweis „Verkauf durch: (Verkäufername)“ ist zwar verlinkt, bei Klick auf den Verkäufernamen gelangt man aber zuerst in den Shop des Verkäufers und nach einem weiteren Klick zu den Rechtstexten, beispielsweise über den Link „Detaillierte Verkäuferinformationen“.

Insofern können die gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtinformationen vom Online-Händler nicht klar und verständlich zur Verfügung gestellt werden. Der Online-Händler kann zudem Allgemeine Geschäftsbedingungen beim Verkauf über Amazon nicht wirksam in das Vertragsverhältnis einbeziehen. Damit ist beispielsweise auch keine abweichende Vereinbarung über die Gewährleistungsfrist beim Verkauf von gebrauchter Ware möglich. Dem Online-Händler ist insofern eine für ihn günstige Gestaltungsmöglichkeit verwehrt.

Fazit

Wenn der Marktplatzanbieter es einem Anbieter von Waren nicht ermöglicht, sich gesetzeskonform zu verhalten, sei es Sache des Anbieters, die Angebotsdaten abzuändern, den Marktplatzbetreiber zu Systemveränderungen zu veranlassen, beziehungsweise sich schlichtweg dieses Betreibers nicht zu bedienen. Diese deutlichen Worte fand das Landgericht Hamburg in einer Entscheidung vom 24.11.2011 (Az.: 327 O 196/11). Auch der Bundesgerichtshof hat zuvor in ähnlicher Weise geurteilt: Online-Händler können sich im Falle einer Wettbewerbsverletzung nicht darauf berufen, dass die Plattform (im konkreten Fall Ebay) eine Möglichkeit des rechtssicheren Handelns nicht vorsehe (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.03.2010, Az.: I ZR 16/08).

Nutzer sogenannter „Amazon seller central - Shops“ haben nur wenig bis gar keinen Einfluss auf die Gegebenheiten auf der Verkaufsplattform Amazon, sie sind jedoch auf diesen Absatzkanal marktpolitisch angewiesen. Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, dass Amazon eine rechtlichere Grundlage für seine Händler schafft und sie nicht mehr länger im Regen stehen lässt.

 

Bisher sind in der Themenreihe „Probleme bei Amazon“ erschienen:

Kontensperrung durch Verifikationsprozess

Das Anhängen an bestehende Artikel

Asics beschränkt offenbar Handel auf dem Marketplace

Der "Versand durch Amazon" und seine rechtlichen Folgen

Wenn die Produktfotos zur Qual werden

Daten- und Produktklau bei Amazon

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