Sektoruntersuchung der Europäischen Kommission: Befragte zur Teilnahme verpflichtet

Veröffentlicht: 29.07.2015 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 29.09.2015

In den letzten Jahren ist der elektronische Handel in der Europäischen Union stetig gewachsen. Im Jahr 2014 kauften nahezu 50% der Bevölkerung der Europäischen Union online ein. Trotz dieser steigenden Tendenz ist der grenzüberschreitende elektronische Handel – wie auf europäischer Ebene beabsichtigt - noch nicht zur Normalität geworden. Beispielsweise kauften im Jahr 2014 nur 15 Prozent der europäischen Bevölkerung von in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Händler Waren bzw. Dienstleistungen ein.

Europäische Kommsission

(Bildquelle Flaggen vor dem Hauptsitz der Europäischen Kommission: symbiot via Shutterstock)

Untersuchungen und Umfragen haben ergeben, dass Sprachbarrieren, Verbraucherpräferenzen und unterschiedliche Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten ein Grund für diesen nur langsam wachsenden grenzüberschreitenden Handel sind. Wettbewerbswidrige Vereinbarungen oder abgestimmte Verhaltensweisen zwischen im elektronischen Handel tätigen Unternehmen sind eine weitere Ursache für den schleppenden grenzüberschreitenden Handel. Aus diesem Grund hat die Europäische Kommission am 6. Mai 2015 den Beschluss zur Einleitung einer Sektoruntersuchung zum elektronischen Handel gefasst.

Im Rahmen dieser Sektoruntersuchung will die Kommission von den befragten Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen Auskünfte zum grenzüberschreitenden Handel sammeln. Dazu gehört insbesondere die Auskunft der Unternehmen und Unternehmensvereinigungen zu sämtlichen Vereinbarungen, Beschlüssen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen, um daraus mögliche Wettbewerbshindernisse ausfindig zu machen.

Zu den befragten Unternehmen gehören unter anderem Dienstleister sowie Anbieter und Händler von Waren, Online-Marktplätze und Preisvergleich-Webseiten. Der Schwerpunkt soll auf Waren und Dienstleistungen liegen, bei denen der elektronische Handel eine besonders wichtige Rolle spielt, z. B. Elektronik, Bekleidung und Schuhe.

Ermächtigungsgrundlage für einen Teilnahmezwang

Lassen die Entwicklungen des Handels zwischen Mitgliedstaaten, Preisstarrheiten oder andere Umstände vermuten, dass der Wettbewerb im gemeinsamen Markt möglicherweise eingeschränkt oder verfälscht ist, so kann die Kommission eine entsprechende Untersuchung durchführen (Artikel 17 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003).

Im Rahmen dieser Untersuchung kann die Kommission von den betreffenden Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen Auskünfte verlangen und die dazu notwendigen Nachprüfungen vornehmen. Die Kommission kann insbesondere von den betreffenden Unternehmen und Unternehmensvereinigungen verlangen, sie von sämtlichen Vereinbarungen, Beschlüssen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen zu unterrichten.

Erhobene Daten werden vertraulich behandelt

Die Durchführung einer Sektoruntersuchung bedeutet zwar im Grundsatz nicht, dass Gründe für einen kartellrechtlichen Verstoß eines bestimmten Unternehmens vorliegen. Dennoch ist problematisch, dass angeschriebene Online-Händler und Unternehmen um die Vertraulichkeit ihrer übermittelten Auskünfte fürchten. Die Kommission verlangt im Rahmen ihrer Sektoruntersuchung beispielsweise Auskunft über Lieferanten sowie die wichtigsten Auswahlkriterien, die der Händler erfüllen muss, um als Verkäufer von Markenwaren zugelassen zu werden. Dass die zum Teil sehr vertraulichen Daten im schlimmsten Fall zur Einleitung eines kartellrechtlichen Verfahrens genutzt werden, ist dabei die Angst der Adressaten. Auch die Preisgabe von Lieferanten und deren Konditionen schreckt die Befragten vor der Teilnahme ab.

Die Kommission teilt in seiner Einleitung zum Fragebogen für Einzelhändler jedoch mit, die Daten sollen ausschließlich für die Zwecke der Sektoruntersuchung verwendet und streng vertraulich behandelt werden. Vertrauliche Informationen werden laut dem Fragebogen in keinem Fall veröffentlicht.

Teilnahme an Sektoruntersuchung zur Förderung des Online-Handels

Im Zuge der Sektoruntersuchung hat die EU-Kommission zunächst verschiedene Verbände der europäischen Mitgliedstaaten um Auskunft und Mithilfe gebeten. Die Kommission wird in den kommenden Monaten noch weitere Auskunftsersuchen an verschiedene Hersteller, Großhändler und Händler versenden, die im elektronischen Handel tätig sind.

Die Sektoruntersuchung ist für den Online-Handel deshalb so wichtig, da sie den Binnenhandel hindernde Vereinbarungen wie Vertriebsbeschränkungen großer Markenhersteller aufdecken soll. Die Zeit in das Ausfüllen des umfangreichen Fragebogens ist also gut investiert.

Unternehmen, die von der Kommission förmlich mit der Aufforderung zur Teilnahme angeschrieben wurden, müssen diese Anfrage unbedingt ernst nehmen. Die Fragen sind sorgfältig und wahrheitsgemäß innerhalb der angegebenen Frist zu beantworten. Dafür steht auch ein Online-Fragebogen zur Verfügung. Hinweise zur freiwilligen Teilnahme finden Interessenten auf der Website der Kommission.

Sie haben Fragen zur Sektoruntersuchung? Der Händlerbund klärt Ihre Fragen und hilft seinen Mitgliedern auch beim Ausfüllen des Fragebogens kostenfrei weiter.

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