Gewerblicher oder privater Kauf - Wann dürfen Kunden widerrufen?

Veröffentlicht: 05.08.2015 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 03.05.2018

Dass der Gesetzgeber für online bestellte Ware ein Widerrufsrecht vorgesehen hat, ist jedem bekannt. Nicht selten wollen auch Unternehmer von diesem Recht profitieren und behaupten, die Bestellung als Verbraucher getätigt zu haben. Für Online-Händler steht dann die Frage im Raum, ob sie den erklärten Widerruf zurückweisen können.

Geschäftsmann Pfeile
Bildquelle: Geschäftsmann vor zwei Möglichkeiten: © Digital Genetics via Shutterstock.com

Warum gibt es überhaupt ein Widerrufsrecht?

Im Grundsatz gilt: Vertrag ist Vertrag! Das Widerrufsrecht bildet eine Ausnahme von diesem Grundsatz, weil Verbraucher in bestimmten Situationen vor einer vertraglichen Bindung geschützt werden sollen. So soll der Verbraucher davor geschützt werden, dass er in einer besonderen Kaufsituation (z.B. online) übereilt oder ohne gründliche Abwägung eine vertragliche Bindung eingegangen ist.

Unternehmern will man dieses Recht nicht einräumen, wenn sie den Kauf im gewerblichen Rahmen getätigt haben. In der Praxis kommt es aber genau bei diesem Punkt immer wieder zum Streit zwischen Händler und Käufer.

Wer ist Verbraucher und wer Unternehmer?

Für die Frage nach dem „Ob“ eines Widerrufsrechtes kommt es auf die genaue Abgrenzung zwischen gewerblichen und privaten Käufen an. Und genau das ist in der Praxis schwierig.

Eine allgemeine Definition des „Verbrauchers“ liefert zunächst einmal das Gesetz: Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Soll der Vertragsgegenstand sowohl der beruflichen als auch der privaten Benutzung dienen, ist entscheidend, welche Benutzung überwiegt. Entscheidend ist dabei auch nicht der innere Wille des Handelnden, sondern der Inhalt des Rechtsgeschäfts. In die Auslegung sind die äußeren Begleitumstände des Vertragsschlusses mit einzubeziehen.

Auch der Bundesgerichtshof hat schon zu diesem Problembereich entschieden: Eine natürliche Person, die sowohl als Verbraucher als auch in ihrer freiberuflichen Tätigkeit als Unternehmer am Rechtsverkehr teilnimmt, ist lediglich dann nicht als Verbraucher anzusehen, wenn dieses Handeln eindeutig und zweifelsfrei ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit zugeordnet werden kann (Urteil vom 30. September 2009, Az.: VIII ZR 7/09). Dies ist zum einen dann der Fall, wenn die Bestellung objektiv in Ausübung der gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit abgeschlossen wurde. Darüber hinaus ist eine Bestellung nur dann der unternehmerischen Tätigkeit zuzuordnen, wenn dies dem Verkäufer durch das Verhalten zweifelsfrei erkennbar war. Die Angabe der Anschrift einer Kanzlei als Lieferort in Verbindung mit dem Namen des Bestellers als Rechnungsempfänger lässt keinen eindeutigen und zweifelsfreien Schluss auf eine Bestellung zu selbstständigen beruflichen Zwecken zu, so der BGH.

Auch wenn die Rechnungs- und Lieferanschrift die eines Unternehmens sind, ist dies lediglich ein Indiz dafür, dass der Vertragspartner das Unternehmen ist. Ebenso, wenn die Rechnung vom Unternehmen gezahlt wird oder es sich um typische gewerblich genutzte Gegenstände (z.B. Etikettierungsmaschine, Registrierkasse) handelt. Die tatsächliche Nutzung bestellter „neutralen“ Produkte (z.B. eine Kaffeemaschine) lässt sich für Händler jedoch kaum nachvollziehen.

Rechnung an Firmenanschrift kein Beweis für Unternehmereigenschaft

In einem aktuell entschiedenen Fall des Amtsgerichts Bonn ging es beispielsweise um die Beratung und anschließende Installation einer Alarmanlage am Wohnsitz des Kunden. Hätte der Kauf der Alarmanlage einem gewerblichen Zweck gedient, hätte der Termin zur Vorführung der Alarmanlage ebenso gut auch am Arbeitsplatz wahrgenommen werden können, so das Gericht. Für eine Zuordnung zur unternehmerischen Tätigkeit sprach lediglich die Tatsache, dass die Rechnungsstellung an die Geschäftsadresse erfolgen sollte. Auch wenn das Finanzamt betrogen werden sollte, hat dies keinen Einfluss auf die Verbrauchereigenschaft. Schließlich musste der Verkäufer den Widerruf akzeptieren (Urteil vom 08.07.2015, Az.: 103 C 173/14).

Fazit

Nach der Rechtsprechung des BGHs ist bei einem Vertragsschluss mit einer natürlichen Person grundsätzlich von Verbraucherhandeln auszugehen. Der Händler ist beweispflichtig für die Tatsache, dass der Vertragspartner für einen gewerblichen Zweck gekauft hat, und deshalb kein gesetzliches Widerrufsrecht besteht. Hierfür müssen sich Händler jedoch ins Zeug legen. Wie so oft muss im Einzelfall entschieden werden, ob dem Besteller aufgrund des konkreten Falles ein Widerrufsrecht zusteht oder nicht.

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