(Wieder) Probleme bei Amazon: Lagerbestand wird (ohne Wissen) aufgekauft

Veröffentlicht: 08.06.2016 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 25.01.2017

Und täglich grüßt das Murmeltier. Bereits vor gut einem Monat haben wir über eine Neuerungen bei Amazon berichtet: Amazon nimmt demzufolge eine Preiserhöhung für die FBA-Händler in Deutschland vor, die ihre Waren nicht für die Logistikzentren in Tschechien und Polen freigeben (wir berichteten). Nun macht Amazon mit einer neuen Taktik von sich reden, nach der die Lagerbestände von Händlern angekauft werden – meist ohne deren Wissen.

Amazon logo: Weiß auf Schwarz

360b / Shutterstock.com

Die neue Funktion „Kauf Ihres Lagerbestandes durch Amazon“

Schon lange wurde gemunkelt, dass Amazon Produkte von Online-Händlern in sein eigenes Sortiment übernimmt, auch wenn die entsprechenden Online-Händler das gar nicht möchten. Amazon soll die Produkte und deren Verkaufsentwicklung dabei zunächst beobachten. Anschließend sollen gut laufende Produkte von den Händlern in das eigene Sortiment von Amazon integriert werden. Das beste Stück vom Kuchen ist damit wohl für Amazon gesichert…

Das Prinzip hat sich offenbar bewährt. Im Rahmen seines neuen Clous will Amazon die Produkte von Händlern zum Angebotspreis aufkaufen und diese dann nach eigenen Angaben möglicherweise über die internationalen Amazon-Ableger (z.B. Amazon.co.uk) weiterverkaufen. Für ausgewählte Händler soll der Verkauf an Amazon genauso ablaufen als würde ein Verkauf an einen „normalen“ Kunden stattfinden. Amazon kauft, der Händler zahlt die reguläre Verkaufsprovision… An sich nicht dramatisch, möchte man meinen. So schnell und unkompliziert hat man als Händler seine Produkte noch nie über die virtuelle Ladentheke gebracht. Wenn da nicht das „Aber“ wäre.

Nicht wenige Händler bewegen sich mit dem Verkauf ihrer Markenprodukte ohnehin auf dünnem Eis: es geht um die immer wieder auftauchenden Vertriebsbeschränkungen, die meist den Verkauf auf Online-Plattformen verbieten (wollen). Hier war erst im vergangenen Jahr der „Messer“-Fall ans Tageslicht gekommen. Das Muster setzt sich nun in der „Lagerbestands-SB-Einkaufs-Funktion“ fort.

Außerdem ist der steuerliche Aspekt nicht zu vergessen, nachdem der Verkauf an den ausländischen Kunden (d.h. Amazon mit Sitz in Luxemburg) auch steuerliche Änderungen (z.B. Umsatzsteuerberechnung) mit sich bringen kann. Hier muss daher auch mit dem Steuerberater Rücksprache genommen werden.

Um trotzdem an den Lagerbestand der Händler zu kommen, scheut Amazon keine Kosten und Mühen und will den Kauf des Lagerbestandes wie folgt schmackhaft machen: „Amazon möchte Ihnen dabei helfen, dass Ihre Angebote mehr Aufmerksamkeit erlangen und Sie Ihren europaweiten Umsatz steigern können.“

„Lagerbestand verkaufen“ automatisch vorausgewählt

Dass Amazon ein großes Interesse am Lagerbestand hat, zeigt auch, dass die Option „Kauf meines Lagerbestandes durch Amazon genehmigen“ vorausgewählt, d.h. „aktiviert“ ist. Ein Händler, der sich durch sein Verkäuferkonto scrollt, und nicht ganz genau hinsieht, wird die Einstellung gar nicht bemerken – und ist ggf. seinen Lagerbestand los… Händler, die ihr Verkäuferkonto nicht aufrufen, weil sie möglicherweise über die Änderung nicht informiert wurden, werden überhaupt nichts vom Schicksal ihrer Waren erfahren.

Zwar wird von Amazon erklärt „Sie können die Teilnahme an dem Programm beenden, wenn Sie befürchten, dass Ihre Produkte eventuell gegen geltende Gesetze verstoßen oder Sie diese nicht auf anderen Marktplätzen vertreiben dürfen. Um die Teilnahme an diesem Programm zu beenden, rufen Sie in Seller Central die Einstellungen für Versand durch Amazon auf und deaktivieren Sie die Option „Kauf meines Lagerbestandes durch Amazon zulassen.“ Zu genaueren Details lässt sich Amazon nicht in die Karten schauen. Wird der Lagerbestand automatisch verkauft, gleich komplett oder nur der gutlaufende Teil? Ungewissheiten, die Händler von der Nutzung dieser Option absehen lassen sollte, soweit sie bereits betroffen sind.

 

Bisher haben wir diese „Probleme bei Amazon“ näher beleuchtet:

Kontensperrung durch Verifikationsprozess

Das Anhängen an bestehende Artikel

Asics beschränkt offenbar Handel auf dem Marketplace

Der "Versand durch Amazon" und seine rechtlichen Folgen

Wenn die Produktfotos zur Qual werden

Daten- und Produktklau bei Amazon

Unzureichende Erfüllung der vorvertraglichen Informationspflichten

Detaillierte Verkäuferinformationen und Kontaktdaten

Einbeziehung von AGB nicht möglich

Verwendung der abmahnfähigen „Tell a friend“-Funktion

Kommentare  

#8 hannes 2016-06-11 12:51
Ich kann mich noch erinnern als amazon in DE angefangen hat gab es weitsichtige
Leute die gesagt haben „vorsicht vor Amazon, das ist der Tod des kleinen Händlers „
Die Reaktion war das diese Leute als Schwarzseher, Übertreiber u.s.w. beschimpft wurden.
Daher hält sich mein Mitleid mit den betroffenen Händlern in Grenzen. Im Gegenteil durch Amazon bin ich einige Mitbewerber losgeworden. Im übrigen das Amazon hier in Deutschland praktisch machen kann was es will liegt daran das diese eine große Anzahl an Lobbyisten hat und es leider so ist das Geld die politische Richtung bestimmt.
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#7 Gerhard Kemper 2016-06-11 10:09
Mir ist als Käufer augefallen, das einige Händler dieselben Artikel teurer auf amazon als über ebay anbierten. Sonst war es umgekehrt.
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#6 Thomas Reinel 2016-06-09 13:44
Servus,
der Bericht gibt mir Recht - ich weigere mich seit Jahren auf dieser Plattform zu verkaufen da ich mit solchem unseriösen Geschäftsgebare n nichts zu tun haben will.
Das diese Plattform so handelt und nichts mit dem gutem deutschem ehrbarem Kaufmannsgeschä ft zu tun hat dürfte doch jedem klar sein.
Jetzt mach ich lieber Schluß sonst schreibe ich mich in Rage.
Kann nur sagen -- Hände weg von diesem Verein.
Gruß und gute Geschäfte
Thomas
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#5 Florentine 2016-06-09 10:03
Ich hab mit Amazon gar nicht erst angefangen. Im Prinzip ist Amazon Konkurrenz und warum soll ich die unterstützen? Ich hab etliches im Sortiment, das es bei Amazon nicht gibt. Alle paar Monate krieg ich einen Anruf, von Amazon ich soll doch bei denen verkaufen. Aus genau diesem Grund. Aber das werde ich mit Sicherheit nicht tun.
Von den Preisen und der Marge kann doch keiner leben. Außerdem stellt sich seine Firmenstruktur irgendwann auf den Umsatz und alles ein. Dann ist man Amazon ausgeliefert und im schlimmsten Fall geht wegen deren Firmenpolitik die eigene Firma drauf.

Ich konzentriere mich mittlerweile hauptsächlich auf mein Ladengeschäft. Treue Kunden vor Ort sind mir da viel lieber. Und im eigenen Onlineshop bin ich auch unabhängiger. Die ständigen Meldungen über Amazon bestätigen meine Entscheidung immer wieder.
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#4 Uwe 2016-06-09 09:28
Und wo kann man dieses deaktivieren?
Ich habe hierzu nichts gefunden.
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#3 Caroline 2016-06-08 17:08
Toll M. Karch - auch sehr gut zu wissen, dass man mehr verdienet wenn man Amazon meidet! Es macht also Sinn Amazon zu meiden. Alles was Du schreibst kann ich unterstreichen! Amazon verklagt Verkäufer die sich um positve Rezensionen bemühen, und kauft selbst Rezensionen mit Hilfe des Vine Clubs. Amazon ist das einzige Unternehmen welches fistlos ohne Gründe kündigen darf. Verifikation ist für mich zum Bsp ein gundloser Grund. Ich hoffe sehr, dass die Gesetzgeber in Deutschland und Luxembuorg auch bald schnallen, dass man nicht einfach frist- und grundlos kündigen darf und warum man bei nicht erfolgter Verifikation kein mulitchannel Fulfillmentkund e mehr sein darf. Es gibt zu viele Ungereimtheiten bei Amazon und Amazon Aufstieg ist mit zu vielen ruinierten Händlern verbunden. Hätten die sich von Amazon nicht belenden lassen und selbst eigene Wege des Online Vertriebs entwickelt, wäre Amazon nicht da wo Amazon heute ist. Es ist mitlerweile ja bekannt, dass Amazon die Vernichtung des deutschen Verlagswesen und des deutschen Einzelhandels höher bewertet als Kundenzufrieden heit. Außerdem wird Bezos ja auch nicht müde zu erwähnen, jeden von der Klippe zu schleudern, der den Amzonweg nicht mitgeht.
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#2 Schwartinsky 2016-06-08 16:59
Das Amazon die Verkäufe von Händler nutzt und dann selber das Produkt ins Sortiment nimmt wundert mich nicht. Aber wenn man an Amazon verkauft, verkauft man an Amazon, wo die es verkaufen ist doch deren Sache. Was soll das dann mit Steuerrechtlich etc?

Amazon hat es doch vorher quasi im Land gekauft
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#1 M. Karch 2016-06-08 14:31
Und wieder zeigt amazon wie abgebrüht die Damen und Herren sind. amazon ist sicherlich die Plattform die viele als unersetzlich sehen. Wir waren dort auch aktiv, zumindest bis zum Bekannt werden wie man im Unternehmen mit den Mitarbeitern umgeht, wie man sich vor der Abgabe von Steuern in Deutschland drückt und wie sehr man bei dieser Plattform immer wieder neue Ideen findet seine Händler aufs neue zu umgehen oder schlechter zu stellen. amazon vergißt immer mehr warum dieses Unternehmen dort ist wo es ist, weil Händler wie WIR ALLE sie sortenreicher und attraktiver im Angebot gemacht haben. Zum Dank wurden die Provisionen immer höher, die Forderungen immer dreister und abschließend werden wir in diversen Bereichen auf amazon schlechter gestellt als eigene amazon-Angebote . Wir haben uns nach Alternativen umgeschaut und mittlerweile auch solche gefunden und wachsen auch ohne amazon, ebay und co. in mindestens gleichem Umfang wie Händler die dort agieren, nur dass wir wesentlich mehr verdienen als unsere Mitbewerber die dort handeln.
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