Angst vor Abmahnern: Was steckt hinter Testkäufen?

Veröffentlicht: 04.10.2017 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 30.04.2018

Unsere Abmahnmonitore beweisen es: abgemahnt wird im Online-Handel an allen Ecken und Enden. Bei einigen Produkten, beispielsweise bei Elektrogeräten oder Trägermedien, geht dem meist sogar eine Testbestellung voraus. Das verunsichert Händler.

Detektiv
© LuckyImages / Shutterstock.com

Online-Shops gibt es wie Sand am Meer, doch der Konkurrenzkampf um das beste Ranking und den meisten Umsatz wird immer härter. Neben unberechtigten Beschwerden gegenüber Amazon oder Ebay können auch Testbestellungen zur Bedrohung werden. Machen Sie sich auch Sorgen, wenn bei den eingehenden Bestellungen Rechtsanwälte als Kunden auftauchen oder gar Konkurrenten darunter sind? Auch bei anderen – bisher unbekannten Kunden wittern Händler oft böse Absichten.

Dürfen Konkurrenten und Anwälte Testbestellungen durchführen?

Selbstverständlich gibt es auch im Online-Handel eine die Vertragsfreiheit, also das Recht, frei zu entscheiden, mit wem und unter welchen Bedingungen Verträge geschlossen werden sollen. In vielen Fällen ist jedoch bereits ein Vertrag geschlossen. Aus diesem wegen einer vermeintlichen Testbestellung wieder herauszukommen, ist kaum möglich. Zu den Hintergründen verrät die Antwort zur nachfolgenden Frage mehr.

In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ebenso anerkannt, dass etwa im Rahmen der Verteidigung von Preisbindungen Testkäufe ein zulässiges Mittel sind, um Wettbewerbsverstöße aufzudecken. Diese Grundsätze gelten auch für Kontrollkäufe ganz allgemein (vgl. Beschluss vom 19.05.2011, Az.: I ZB 215/08). Ergo: (Geheime) Testkäufe sind ein unentbehrliches Mittel zur Überprüfung des Wettbewerbsverhaltens von Mitbewerbern. Es ist rechtlich auch nicht zu beanstanden, wenn zu diesem Zwecke eine Scheinfirma tätig wird (Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 07.10.2008, Az.: 4a O 93/07).

Wann kann ein Testkauf unzulässig sein oder erfolglos bleiben?

Eine Ausnahme von diesem vorgenannten Grundsatz kann dann bestehen, wenn z.B. hinreichende Anhaltspunkte für einen bereits begangenen oder bevorstehenden Wettbewerbsverstoß fehlen und der Mitbewerber durch den Testkauf hereingelegt werden soll. 

Laut einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofes darf jedoch nicht durch jedes Mittel ein Testkauf durchgeführt werden: Testkäufer, die gewerblich in einem B2B-Shop bestellen und später ihre Verbraucherrechte durchsetzen wollen, erhalten die rote Karte vom BGH. Weder können sich die Testkäufer (und Abmahner) in einer Abmahnung auf Verstöße gegen Verbraucherrechte berufen, noch Vertragsstrafen verlangen (vgl. Urteil vom 11.05.2017, Az.: I ZR 60/16).

Ein Testkauf kann ebenfalls dann unzulässig sein, wenn sich der Testkäufer nicht wie ein „normaler“ Kunde verhält und so den Betriebsablauf des „Testverkäufers“ stört (BGH, Urteil vom 25.04.1991, Az.: I ZR 283/89).

Wie ist zu reagieren, wenn eine vermeintliche Testbestellung eingeht?

Zunächst einmal ist es wichtig, Ruhe zu bewahren. Bestellt ein Rechtsanwalt in einem Online-Shop – ob privat oder gewerblich – ist das noch kein Beweis dafür, dass er dies in Vorbereitung einer Abmahnung tut. Auch Konkurrenten müssen nicht immer Böses im Sinne haben. Die Bestellung zu ignorieren, ist jedoch keinesfalls der richtige Weg. Zum einen ist möglicherweise bereits ein verbindlicher Vertrag geschlossen wurden. Zum anderen dürfte es den Besteller nicht gnädiger stimmen.

Das OLG Hamburg geht sogar soweit, dass „eine unzulässige gezielte Behinderung eines Wettbewerbers i.S. von § 4 Nr. 10 UWG vorliegen kann, wenn ein Unternehmen Testmaßnahmen wie Testkäufe, Testgespräche, Testfotos u.ä. durch Wettbewerber unmöglich macht“ (Urteil vom 18.04.2007, Az.: 5 U 190/06).

Für die Frage nach der Lieferpflicht gilt ohnehin folgender rechtlicher Grundsatz: „Pacta sunt servanda“, d.h. die geschlossenen Verträge müssen erfüllt werden. Zunächst muss also geklärt werden, ob ein Vertragsschluss vorliegt, also ob ein rechtsgültiger Kaufvertrag geschlossen wurde oder nicht. Anbieter bei Ebay stellen verbindliche Angebote ein, die der Kunde mit der Bestellung – also z.B. Abgabe des Höchstgebotes oder mit Betätigen der Schaltfläche „Sofort-Kaufen“ – annimmt. Ähnlich sieht die Lage in den meisten Online-Shops aus. 

Behandeln Sie die vermeintliche Testbestellung also wie jede andere und führen den Vertrag und die Lieferung zur vollsten Zufriedenheit des Kunden aus.

Müssen die Kosten für die Testbestellung erstattet werden? 

Eine Abmahnung zu erhalten, ist für Online-Händler schon teuer und ärgerlich noch dazu. In einem Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht Hamburg wollte der abmahnende Händler sogar noch die Kosten erstattet haben, die ihm durch einen getätigten Testkauf bei Ebay entstanden sind. Und er bekam recht: Dies gilt auch dann, wenn der Verkäufer die Ware gar nicht mehr zurück haben will (Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 12.03.2014, Az.: 4 W 23/14).

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