Zu viele Retouren? - Die Kontensperrung und deren Zulässigkeit

Veröffentlicht: 03.03.2014 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 03.03.2014

 „Ihr Konto wurde gesperrt. Wir senden Ihnen eine Nachricht mit dem Grund für die Sperrung und informieren Sie darüber, wie Sie das Konto wieder aktivieren können.“ Als Grund für die Kontensperrung führen Unternehmen überhöhte Retouren an. Aber woher nehmen Unternehmen dieses Recht? In unserem Artikel soll daher heute die Zulässigkeit derartiger Sperrungen etwas näher beleuchtet werden.

  Retoure wird übergeben

(Bildquelle Retoure wird übergeben: Photographee.eu via Shutterstock)

Shoppen im Internet ist beliebt. Doch auch Retouren und die dadurch teilweise erheblichen Kosten für Hin- und Rücksendungen gehören als negativer Aspekt zum Online-Handel. Besonders im Textilbereich ist dies aufgrund fehlender Umkleidekabinen auch kaum anders zu erwarten. Gefällt der Artikel nicht, geht er einfach zurück – und das scheint wohl bei einigen Kunden einmal zu oft vorgekommen zu sein.

Doch viele Kunden hat es im letzten Jahr wie ein Blitz getroffen, als sie von Amazon ohne Vorwarnung eine Mitteilung über die Sperrung des Kundenkontos wegen erhöhter Retouren erhielten. Das ewig leidige Thema mit überhöhten Retourenqoten hatte der Online-Handels-Riese Amazon wohl zum Anlass genommen, seine Kunden - wie es scheint ohne Gnade - zu vergraulen. Auch Unternehmen wie Tchibo und Schwab haben ihre Kunden in Einzelfällen wegen zu vieler Retouren abgestraft und eine Kontensperrung vorgenommen.

Kontensperrung versus Widerrufsrecht

Sicherlich scheint die Kontensperrung aus Sicht eines Online-Händlers verständlich, doch es gilt: Verbraucher dürfen ihre Vertragserklärung innerhalb einer bestimmten Frist ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) oder auch durch Rücksendung der Sache widerrufen. Gerade vor diesem Hintergrund scheint die Herangehensweise der Kontensperrung „störender“ Kunden zweifelhaft.

Eine drohende Kontensperrung kann beim Verbraucher bewirken, dass dieser aus Angst vorsichtshalber freiwillig auf eine Rücksendung – und damit letztendlich auf den Gebrauch des ihm zustehenden Widerrufs- oder Rückgaberechts – verzichtet. Das Inaussichtstellen einer „Strafe“ bei Ausübung des Widerrufs- oder Rückgaberechtes ist jedoch unzulässig und darf dem Verbraucher weder angedroht noch auferlegt werden. Dies deshalb, da der Kunde sein Widerrufs- bzw. Rückgaberecht aus freien Stücken ausüben können soll und nicht deshalb von einem Widerruf absieht, weil er eine Sanktion (z.B. die Kontensperrung) befürchten muss.

Vertragsfreiheit

Zwar müssen Online-Händler das gesetzliche Widerrufs- oder Rückgaberecht einhalten, allerdings gilt es auch den im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) als Gesichtspunkt der Privatautonomie festgesetzten Grundsatz der Vertragsfreiheit (Vertragsautonomie) zu beachten. Dieser besagt, dass jeder – in gewissen Grenzen - das Recht hat, frei darüber zu entscheiden, ob, mit wem und zu welchen Bedingungen er Verträge abschließen will. Dieser Aspekt könnte für eine Zulässigkeit der Kontensperrung sprechen.

Meist intransparente oder keine Regelungen

Problematisch bei einer Kontensperrung ist jedoch in den meisten Fällen die fehlende und unklare Regelung zur Kontensperrung. Auch in den von Amazon ausgesprochenen Kontensperrungen fehlten transparente Regelungen, nach denen erkennbar ist, wann ein Rauswurf droht.

Verbraucherzentrale gibt sich nicht geschlagen

Die Verbraucherzentrale NRW hat die rigide Praxis der Kontensperrung seitens Amazon nicht hingenommen und zwischenzeitlich eine Abmahnung ausgesprochen. Amazon habe die Vorwürfe aber bislang zurückgewiesen, weshalb die Verbraucherschützer Amazon nun verklagen wollen.

Es geht auch anders

Um hohe Rücksendungen zu vermeiden, kann von Online-Händlern aber statt der barschen Kontensperrung sicher eine kundenfreundlichere Lösung gefunden werden. Einige Online-Shops setzen bereits jetzt auf anschauliche Produktfotos und –videos. Beispielsweise gibt es im Bereich der Textilbranchen virtuelle Umkleidekabinen und Laufstegvideos. Das Modehaus Bonprix belohnt seine Kunden für jede behaltene Ware mit einer Gutschrift auf dem Kundenkonto. Hier sind langfristig vor allem kreative und innovative Ideen der Marketingexperten gefragt.

Sollte es dennoch zu einem erhöhten Retourenverhalten kommen, können Kunden erst einmal kontaktiert werden, bevor das Konto endgültig gesperrt wird.

Fazit

Ganz ungefährlich ist das Sperren von Käuferkonten jedenfalls nicht, wenn dies tatsächlich als Verhinderung der Ausübung des Widerrufrechts eingestuft würde. Auch hier gilt wie so oft: Abschließende Klarheit haben Online-Händler erst, wenn die Gerichte über diesen Fall entschieden haben. Vielleicht wird auch das Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Regelungen dem „Rücksendewahn“ ein Ende bereiten, denn dann müssen Kunden die Rücksendekosten grundsätzlich selbst tragen. Wenn Händler nach dem Stichtag am 13. Juni 2014 die Rücksendekosten freiwillig übernehmen, aber aufgrund zu vieler Retouren eine Kontensperrung vornehmen, könnte dies möglicherweise anders zu bewerten sein.

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