Händlerporträt Human Blood

Mit coolen Klamotten gegen Diskriminierung

Veröffentlicht: 24.04.2019 | Geschrieben von: Hanna Behn | Letzte Aktualisierung: 26.04.2019
Mann trägt T-Shirt mit „Make Love not War“-Schriftzug

Der Online-Shop Human Blood verkauft Statement-Fashion. Statement meint dabei aber nicht einfach einen modischen Hingucker, sondern vor allem eine deutliche Botschaft zu tragen. „Wir wollen kein Meinungsmacher sein, wir wollen jedem, der gegen Rassismus steht, die Möglichkeit geben, dies mit coolen Klamotten zum Ausdruck zu bringen“, sagt Benjamin Hartmann von Human Blood im Gespräch mit OnlinehändlerNews. Wir haben mit dem Gründer, CEO & Director über die Entstehung, die Philosophie und die Entwicklung seiner Marke gesprochen.

„Ich weiß, was Ausgrenzung und Rassismus bedeuten“

Gründer Benjamin Hartmann / HUMAN BLOOD

Hartmann hat früher in diversen TV-Sendeformaten mitgewirkt. Er stand als Modeexperte bei RTL II, als Arzt bei „Alles was zählt“ oder auch für das Neo Magazin mit Jan Böhmermann vor der Kamera. Dadurch stellten bekannte Labels wie Adidas oder Nook ihm auch Klamotten, Schmuck oder Accessoires, damit er diese vor der Kamera tragen kann. „Irgendwann kam ich auf die Idee, doch ein eigenes Label zu gründen, denn somit kann ich die Sendungen, in denen ich mitwirke, als kostenlose Werbeplattform nutzen“, berichtet er.

Allerdings sollte es „kein 0815-Label mit nichtssagenden Prints“ sein, sondern „etwas, das auch eine Botschaft hat“. Und diese ist eng mit seinen eigenen Erfahrungen verknüpft: „Da ich selbst schwul und vom Land in Bayern bin, zudem einen schwarzen Freund habe, weiß ich, was Ausgrenzung und Rassismus bedeuten. Irgendwie ist mir dann der Spruch ,Human blood is all one color‘ in die Hände gefallen.“ Anders als die zahlreichen Hautfarben, die oft genug Anlass zur Diskriminierung bieten, hat menschliches Blut immer nur dieselbe Farbe – oder mit anderen Worten: Innen sehen wir alle gleich aus.

Produziert wird auf Nachfrage

Im Jahr 2014 registrierte Hartmann die Domain humanblood.de und bastelte einen Shop auf WooCommerce-Basis. Das Know-how erarbeitete er sich in Eigenregie, Hartmann ist gelernter Einzelhandelskaufmann und stammt aus einer Gastronomen-Familie. „Zum Glück war humanblood.de noch frei und ich konnte meine Marke unter dem Namen ausbauen, denn der komplette Slogan wäre zu lang für eine Internet-Adresse“, freut er sich noch heute. Das ursprüngliche Einzelunternehmen ist mit der Zeit zu einer LTD geworden und beschäftigt derzeit – projektbezogen – zwischen vier und sechs freie Mitarbeiter.

Die Marke hat ihren Sitz in London, Hartmann selbst ist mittlerweile von Berlin nach Barcelona gezogen. „Bis Sommer 2018 habe ich mit meinem Team noch täglich kistenweise Klamotten aus der Produktion ins Büro bekommen und wir haben diese jeden Tag verpackt und verschickt.“ Da er sich stärker auf das Marketing und den Online-Shop konzentrieren will, lässt er Druck, Versand und Retouren inzwischen von einem Partnerunternehmen abwickeln. Produziert wird on demand, also stets auf Nachfrage. Das sei nicht nur kostensparender, sondern erhöhe auch die eigene Flexibilität: So könne bereits nach ca. 24 Stunden ein Motiv im Shop sein, bei anderen Produktionsarten nehme dies teilweise Monate in Anspruch.

„Wir werden oft in eine politische Ecke gestellt“

Im Online-Shop gibt es Tops, Shirts, Longsleeves, Pullis und Hoodies in verschiedenen Formen und Farben sowie diverse Accessoires zu kaufen. Sie alle tragen Text- und/oder Bild-Motive, die sich gegen Rassismus und weitere Formen der Diskriminierung richten bzw. an Werte wie Toleranz, Religionsfreiheit oder die Tatsache appellieren, dass das eigene Handeln Konsequenzen hat. Wer für diese Werte einsteht, kann das auch mit Style zeigen: „Unsere Produkte sind extra auch sexy oder urban gestaltet, denn eine tolle Botschaft muss ja nicht gleich langweilig aussehen.“ Das beliebteste Motiv ist, nach eigener Aussage, „COEXIST“: Darauf sind nebeneinander die religiösen Symbole für den Islam, das Judentum und das Christentum abgebildet, drumherum steht der Marken-Slogan.

Das Unternehmen wird aufgrund solcher und ähnlicher Botschaften vorrangig politisch wahrgenommen: „Wir werden oft in eine politische Ecke gestellt“, so Hartmann. Dabei würden sie sich gar nicht mit irgendeiner bestimmten politischen Richtung identifizieren. „Wir stehen gegen Rassismus und Ausgrenzung und diese Philosophie vertreten wir. Wir versuchen jede Meinung zu verstehen, egal ob diese von der AfD oder den Grünen kommt. Jede Meinung ist ein wichtiges Gut“, erklärt der Gründer weiter.  

Motive / HUMAN BLOOD

Botschaften wie „No Place for Homophobia Racism Sexism Facsim Hate“ oder „Anti Anti Refugee Club“ rufen allerdings politische Reaktionen hervor: „Wir haben schon einiges an Gegenwind aushalten müssen. Vergangenes Jahr hatte die Marke Human Blood rund 15.000 Euro Anwaltskosten nur durch Abmahnungen und Rechtsstreitigkeiten mit AfD-Freunden.“ Und auch, wenn das Unternehmen diese oft für sich erfolgreich lösen kann, sei es trotz allem sehr mühsam und zeitaufwendig, damit verbundene Kosten einzutreiben.

Den Standort der Marke haben sie deshalb nach London verlegt – hier wäre es schwerer, sie abzumahnen. Der Gegenwind im Netz oder in sozialen Netzwerken halte sich demgegenüber aber in Grenzen. Bei unberechtigten Bewertungen auf Facebook beispielsweise kontaktiert das Unternehmen das soziale Netzwerk direkt, damit diese entfernt werden.

„Ohne Philosophie ist es nur Profit“

Instagram und Facebook stellen auch die wichtigsten Marketingkanäle dar, gleichsam verbreitet sich über diese auch die eigene Philosophie – für Hartmann ist diese ein hohes Gut: „Jede Marke, die sich mit einem Thema wie wir beschäftigt, sollte neben guten Produkten auch eine Philosophie haben, denn ohne Philosophie macht man es nur aus Profit(gier).“ Und so geht es dem Modehändler nicht nur um den Umsatz, mit dem Erlös werden auch soziale Projekte, wie die Mission Lifeline Seenotrettung oder die VITA-Assistenzhunde, unterstützt .

„Wäsche ist das Einzige, was farblich getrennt sein sollte“ / HUMAN BLOOD

Außerdem lässt Human Blood viele Produkte aus Bio-Baumwolle und fair produzieren, wenngleich dies bereits im Einkauf mit höheren Kosten verbunden ist. Bedruckt werde die Kleidung mit einem wassersparenden Verfahren. Wichtig sind dem Unternehmen zudem Werte wie ein faires Gehalt für alle Mitarbeiter, kein Unterschied zwischen den Geschlechtern, ein fairer Umgang und flache Hierarchien. „Ohne ein Herz in der Firma macht man es nur, um sich zu bereichern, und das passt nicht zu der Marke, die wir präsentieren und vertreten“, resümiert der CEO.

Die Philosophie kommt an: Im ersten Halbjahr nach der Gründung waren es vier bis 20 Bestellungen pro Monat, heute sind es zwischen 500 und 1.500 monatlich. Zudem gewann Human Blood viele prominente Unterstützer, darunter Hugo Egon Balder, Jan Josef Liefers, Axel Prahl, Vera Int-Veen oder auch Clueso. „Wichtig hier ist mir, dass keine der Kooperationen bezahlt ist, denn das wäre nicht authentisch. Entweder man trägt ein Statement, weil man dazu steht, oder man lässt es.“ Solche Partnerschaften möchte Hartmann künftig auch international angehen, etwa mit Shakira und Gerard Piqué.

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