„Oberste Priorität ist die Gesundheit“

So reagiert Spreadshirt auf die Coronakrise

Veröffentlicht: 20.04.2020 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 20.04.2020
Spreadshirt Produktion

Mehr als 400 Mitarbeiter beschäftigt der Print-on-Demand-Anbieter Spreadshirt in seiner Zentrale in Leipzig. Doch seit über einem Monat sind die Büroräume, die für 450 Personen ausgelegt sind, nahezu leer. Die Coronakrise hat auch das Leipziger Unternehmen, das neben seinem Standort in Deutschland Produktionsstätten in Polen, Tschechien und den USA betreibt, fest im Griff. 

Die ersten Auswirkungen des Coronavirus bemerkte der Print-on-Demand-Anbieter bereits Mitte Februar, wie CEO Philip Rooke im Gespräch mit OnlinehändlerNews erklärt: „Weniger Menschen suchten online nach T-Shirts und in den am stärksten betroffenen Ländern wurden Veranstaltungen, mitsamt der dafür geplanten Merchandise-Produkte, abgesagt.“ Bereits zu diesem Zeitpunkt begann Spreadshirt damit, die eigenen Marketing-Pläne anzupassen. Anfang März, als die Zahl der Infektionen in Deutschland stieg, bereitete Spreadshirt das Homeoffice für seine Büro-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter vor. Zum selben Zeitpunkt wurden sämtliche Geschäftsreisen und Reisen zwischen den Standorten des Unternehmens eingestellt.

Inzwischen befinden sich die meisten Mitarbeiter von Spreadshirt im Homeoffice, zum 1. April hat das Unternehmen mit den Mitarbeitern in der Leipziger Zentrale Kurzarbeit vereinbart. „Die MitarbeiterInnen in unserer Leipziger Zentrale zeigten vollstes Verständnis, warum wir Kurzarbeit einführen, und erklärten sich freiwillig bereit, Kürzungen in Kauf zu nehmen, um ihre Kollegen und die Zukunft des Unternehmens zu schützen“, erzählt Rooke. „Die Teams arbeiteten härter als je zuvor, um eine gut funktionierende Homeoffice-Kultur zu etablieren und sich auf die reduzierten Arbeitszeiten vorzubereiten.“ Viele Mitarbeiter seien „mehr als nur einen Extraschritt“ gegangen, so Rooke weiter, um die Veränderungen in sehr kurzer Zeit vorzunehmen. 

„Wir winken einander aus der Ferne zu“

Um der Coronakrise zu begegnen, hat Spreadshirt verschiedene Maßnahmen umgesetzt. Neben der weltweiten Einführung von Homeoffice wurden beispielsweise hohe Hygiene- und Distanzregeln für alle Mitarbeiter, die weiterhin im Büro oder in den Produktionsstätten arbeiten, umgesetzt. Zudem hat das Unternehmen nach eigenen Angaben die Teams in den fünf Produktionsstätten verkleinert, um dafür zu sorgen, dass die Distanz zwischen den Mitarbeitern gewahrt werden könne – und so die Ansteckunsgefahr reduziert wird. Um die finanzielle Sicherheit des Unternehmens in der Krise zu gewährleisten, hat Spreadshirt zudem einen Einstellungsstopp verhängt. Neue Projekte liegen ebenfalls auf Eis. 

Philip Rooke arbeitet zwar hauptsächlich noch im Leipziger Büro, da er sich mit zeitkritischen Entscheidungen und Dokumenten befassen muss, aber auch er bemerkt die Veränderungen im Arbeitsleben deutlich. „Wir winken einander aus der Ferne zu und gehen auch in Besprechungen auf soziale Distanz zueinander. In den letzten Wochen haben wir alle gelernt, noch besser mit Videoanrufen umzugehen“, so Rooke. Selbst mit Kollegen, die 50 Meter entfernt in einem anderen Raum sitzen, werde per Video gesprochen.

Behelfsmasken aus retournierten T-Shirts

Aktuell seien Rooke zufolge 98 Prozent der über 400 Mitarbeiter in Leipziger im Homeoffice. In den Produktionsstätten in Tschechien und Polen sowie an den Standorten in den USA werde auf einem Level von circa 50 Prozent gearbeitet, damit die Produktion der Print-on-Demand-Artikel weiterhin realisiert werden kann. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Büros, inklusive des Kundenservices, arbeiten aber auch in den internationalen Märkten seit Mitte März von zuhause aus. 

„Die lokalen Teams in unseren Produktionsstätten haben sich sofort reingekniet, um im Rahmen der örtlichen Gegebenheiten weiter zu machen: Arbeitszeiten wurden angepasst, alternative Schichtsysteme entwickelt, neue Sicherheitsmaßnahmen eingeführt und einiges mehr“, erklärt der Spreadshirt-CEO. „Mit größtem Einsatz wurde in kürzester Zeit viel erreicht, um den Betrieb am Laufen zu halten, während sich lokale Vorschriften zum Teil täglich änderten.“ 

Spreadshirt Masken

In Polen und Tschechien wurden die Teams etwa erfinderisch, um die dort geltende Maskenpflicht umzusetzen: Da es kaum entsprechende Masken zu kaufen gab, brachten einige Mitarbeiter kurzerhand ihre Nähmaschinen mit ins Unternehmen und nähten aus retournierten T-Shirts Behelfsmasken, um die Teams damit auszustatten. 

Großes Wirrwarr in den USA

Gerade die internationalen Produktionsstätten stellen das Leipziger Unternehmen aber auch vor besondere Herausforderungen. Zwar seien Tschechien und Polen von der Pandemie weniger stark betroffen als andere europäische Länder, aber Grenzkontrollen zur Eindämmung von Covid-19 haben für Spreadshirt „zeitweise Herausforderungen in der Logistik“ mit sich gebracht. Doch die größte und wichtigste Herausforderung liege Rooke zufolge woanders: Nämlich darin, mit den internationalen Teams zusammenzuarbeiten, die finanziellen Auswirkungen auf sie zu begrenzen und ihnen Flexibilität – etwa bei der Betreuung ihrer Kinder – zu ermöglichen. 

Besonders spürbar ist das bei den Produktionsstandorten in den USA, die zwischenzeitlich sogar geschlossen werden mussten. Die Vereinigten Staaten sind mittlerweile das am stärksten betroffene Land – rund 800.000 Menschen sind infiziert, 40.000 Tote gab es bereits zu beklagen. Das Krisenmanagement von US-Präsident Donald Trump ist mehr als fragwürdig und stiftet mitunter mehr Verwirrung als Klarheit. Trump beanspruchte zunächst absolute Entscheidungsgewalt für sich, gab die Kompetenz aber dann kurze Zeit später doch an die Gouverneure der Bundesstaaten ab. 

Spreadshirt muss sich damit ständig mit neuen und teils widersprüchlichen Entscheidungen auseinandersetzen. „Die Situation in den USA ist für uns nicht einfach“, erklärt Philip Rooke. „Es ist eine große Herausforderung, die Einschränkungen mit individuellen und wechselnden Entscheidungen auf Bundes-, Landes-, Kreis- und Stadtebene zu verstehen. Das Bild ist oft sehr unklar.“ Staatliche Unterstützung für Arbeitnehmer und Unternehmen wirke auf vielen Ebenen vergleichsweise willkürlich und werde schlecht kommuniziert, moniert Rooke. Für das Team und Management in den Staaten sei die aktuelle Lage „enorm stressig“. Doch auch in den Staaten gilt der Grundsatz, den Spreadshirt in der Krise auch in Europa verfolgt: „Unsere oberste Priorität ist die Gesundheit und die Sicherheit des Teams“, betont Rooke.

„Ich war noch nie so stolz auf ein Team.“

Philip Rooke

Von einer Entspannung der Situation geht der Spreadshirt-CEO momentan nicht aus: In Europa werden die meisten Einschränkungen seiner Ansicht nach noch bis Juni andauern. „Und auch dann wird es Verbote und Beschränkungen zum Beispiel für Großveranstaltungen geben, bis es einen Impfstoff oder einen sehr einfachen Test gibt“, so Philip Rooke. Tatsächlich hat die Bundesregierung die für Spreadshirt wichtigen Großveranstaltungen in Deutschland bis zum 31. August 2020 gesetzlich verboten. 

Doch Ressentiments gegenüber dem Krisenmanagement der Bundesregierung lässt Rooke nicht erkennen. „Wir sind dankbar, dass wir unseren Hauptsitz in Deutschland haben. Einem Land, das von allen Ländern, in denen wir arbeiten, mit am besten vorbereitet war und auf die Situation aus unserer Sicht sehr gut reagiert hat“, bekräftigt der Spreadshirt-CEO. Die aktuelle Situation bestätige die Haltung des Unternehmens, so Rooke weiter: Konzentration auf das Team und die Zusammenarbeit sowie gute Kommunikation und Fokussierung. Diese Haltung stärke das Unternehmen und mache es möglich, die Krise zu überstehen.

Dass das Spreadshirt-Team in der Coronakrise mitzieht und mit Verständnis und Engagement auf die Veränderungen in ihrem Arbeitsleben reagiert haben, ist für Rooke zentral für den Erfolg der Maßnahmen, die sein Unternehmen umgesetzt hat. „Unser Team ist unglaublich“, erklärt er. „Ich war noch nie so stolz auf ein Team.“

Schreiben Sie einen Kommentar

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.