Online-Supermarkt Motatos im Kampf gegen Lebensmittelverschwendung

„Menschen lieben das Konzept, zu Schnäppchenpreisen einzukaufen und gleichzeitig etwas Gutes für das Klima zu tun“

Veröffentlicht: 10.09.2020 | Geschrieben von: Corinna Flemming | Letzte Aktualisierung: 10.09.2020
Set von Lebensmitteln

Vor wenigen Monaten hat die Verbraucherzentrale erschreckende Zahlen zum Thema Lebensmittelverschwendung veröffentlicht. Demnach landen alleine in Deutschland jedes Jahr rund 12 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll, pro Kopf ergeben sich daraus in etwa 75 Kilogramm, die weggeworfen werden. In Summe macht das jedes Jahr einen Wert von rund 20 Milliarden Euro, die direkt in die Tonne wandern. Spitzenreiter der weggeworfenen Lebensmittel sind laut einer GFK-Studie mit 38 Prozent Obst und Gemüse, gefolgt von Fertiggerichten (25 Prozent) und Brot bzw. Backwaren (16 Prozent).

Diese gewaltige Lebensmittelverschwendung wirkt sich nicht nur negativ auf den Geldbeutel der Verbraucher aus, sie hat auch erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt. Denn mit jedem entsorgten Lebensmittel wurden auch Energie, Wasser und andere Rohstoffe bei der Herstellung quasi umsonst genutzt. Und noch ein erschreckender Vergleich: „Der vermeidbare Lebensmittelmüll der EU verursacht im Jahr die gleiche CO2-Menge klimaschädliche Gase wie die Niederlande insgesamt freisetzen“, so die Verbraucherzentrale in ihrem Bericht. 

So weit also das Problem. Eine Lösung dafür will Motatos bieten. Der in Schweden gegründete Online-Supermarkt rettet Lebensmittel vor dem Müll und verkauft diese zu günstigen Preisen an seine Kunden. Im Prinzip also eine Win-Win-Win-Situation für alle Beteiligten.

Vom kleinen Supermarkt zur Mission, die Welt zu retten 

Die Anfänge von Motatos gehen auf das Jahr 2014 zurück. Damals besaß Mitgründer Erik Södergren einen örtlichen Supermarkt und unterstützte bereits einige Lieferanten dabei, Lebensmittel aus Überbeständen vor der Verschwendung zu retten. Mit Karl Andersson und Ulf Skagerström kam zwar Verstärkung dazu, die drei merkten aber ziemlich schnell, dass ihre Mission, noch essbare Lebensmittel vor der Tonne zu retten, einer größeren Plattform bedarf als der heimische Supermarkt. Unter dem Namen Matsmart und mithilfe eines 40-Dollar-Online-Tools wurde dann schließlich der Online-Supermarkt ins Leben gerufen.

Karl Andersson

„Motatos’ Mission ist es, einen nachhaltigen Lebensstil zu fördern, der Spaß macht, günstig und für alle zugänglich ist“, erklärt Gründer und CEO Karl Andersson. „Lebensmittelabfälle haben einen enorm schädlichen Einfluss auf die Umwelt, denn zwischen acht und zehn Prozent der globalen CO2-Emissionen landen durch verschwendete Lebensmittel jedes Jahr vollkommen unnötig in unserer Atmosphäre. Wer also nachhaltiger konsumieren möchte, sollte daher in erster Linie weniger oder gar keine Lebensmittel verschwenden. Nachhaltige Entscheidungen wie der Kauf von Bioprodukten oder das Fahren eines Elektroautos sind allerdings oft mit höheren Kosten verbunden – doch nicht bei Motatos, denn wir verkaufen vor der Entsorgung gerettete Lebensmittel zu günstigen Preisen.“ 

Dabei bietet die Plattform ihren Kunden ein breites Angebot. Von Getränken über Snacks bis hin zu Keksen, Kuchen und sogar Gewürzen und Soßen ist alles dabei. Auch Tiernahrung bietet Motatos an, genauso wie Drogerieartikel und Produkte für den Haushalt. Eine Extra-Kategorie „Bald ausverkauft“ zeigt außerdem Waren an, deren Bestand sich langsam dem Ende neigt. Produkte, die gekühlt werden müssen, verkauft das Unternehmen allerdings nicht, sodass die Waren auch ganz normal in einem Paket auf dem Postweg zu den Käufern gelangen. Einen Mindestbestellwert hat Motatos nicht, ab einem Bestellwert von 40 Euro gibt es die Lieferung kostenfrei, ansonsten werden 3,90 Euro pro Paket fällig.

Nicht hübsch genug für den Handel, zu gut für die Tonne

Produkte, die eigentlich einwandfrei sind, jedoch Gefahr laufen, aufgrund von Überproduktion, Produktionsfehlern, saisonalen Trends oder überschrittenem Haltbarkeitsdatum weggeworfen zu werden, kauft Motatos direkt vom Produzenten und bietet diese dann zu rabattierten Preise über die Website an. Dabei versprechen die Schweden ihren Kunden 20 bis 90 Prozent beim Einkauf der geretteten Lebensmittel sparen zu können. Die Lieferanten von Motatos reichen nach eigenen Angaben von großen multinationalen Konzernen wie Unilever bis hin zu kleineren Lebensmittelproduzenten. Zu den Waren, die über den Online-Supermarkt gekauft werden können, zählen Produkte mit kleinen Mängeln, beispielsweise wenn die Farbe leicht abweicht oder der Verpackung einige Buchstaben fehlen. Den Vorgaben des Handels, die Waren in den herkömmlichen Geschäften zu verkaufen, erfüllen die Artikel aufgrund dieser Mängel also nicht mehr. Für Motatos aber noch lange kein Grund, solche Lebensmittel einfach wegzuschmeißen. „Einige Produkte können ihr Aussehen oder ihre Textur leicht verändern, sind aber aus gesundheitlicher Sicht völlig unbedenklich“, versichert der CEO. 

Motatos Logo 1

Obwohl auch Lebensmittel verkauft werden, deren Mindesthaltbarkeit nur noch sehr kurz bzw. teilweise schon überschritten ist, müssen die Kunden des Online-Supermarkts keine Angst haben, „schlechte” Produkte zu erwerben. „Es ist in Deutschland gesetzlich klar geregelt, dass keine ‚schlechten‘, sprich gesundheitlich bedenklichen Produkte verkauft werden dürfen. Wir halten uns daher an die gleichen Regeln wie jeder andere Lebensmittelhändler auch. Alles, was Sie bei uns kaufen können, ist essbar und gesundheitlich unbedenklich“, so Karl Andersson weiter. „Wenn ein Produkt verdorben, verschimmelt oder anderweitig ungenießbar geworden ist, können unsere Kunden selbstverständlich Beschwerde einreichen, wie sie es auch bei jedem anderen Lebensmittelgeschäft tun können.“ In solchen Fällen, die laut dem CEO so gut wie nie vorkommen, erhalten die Kunden dann ihr Geld zurück.

Mit Tomaten in den Haaren zu mehr Bewusstsein

Mit Fokus auf dem Klima trifft Motatos aktuell genau den Nerv der Verbraucher, der Deutschlandstart des Online-Supermarktes in diesem Jahr konnte die Erwartungen der Gründer sogar noch übertreffen. „Das Feedback ist super positiv. Die Menschen lieben das Konzept, zu Schnäppchenpreisen einzukaufen und gleichzeitig etwas Gutes für das Klima zu tun. Nicht ohne Grund konnten wir im Jahr 2019 5.047 Tonnen Lebensmittel vor dem Wegwerfen retten“, berichtet Karl Andersson. So fällt es den Schweden auch nicht schwer, neue Kunden auf ihr Angebot aufmerksam zu machen. Viele Menschen haben inzwischen ein stärkeres Bewusstsein für den Klimaschutz entwickelt und wollen auch etwas bewegen, so die Erfahrungen der Gründer. Allerdings spielt die Preisfrage auch nach wie vor eine große Rolle. „Die Menschen müssen in der Lage sein, sich und ihre Familien zu ernähren, nachhaltige Lösungen müssen verfügbar und erschwinglich sein“, betont der CEO.

Im Zuge des Deutschlandstarts haben die Lebensmittelretter eine Kampagne entwickelt, um Verbraucher hierzulande auf die Verschwendung von noch brauchbarer Nahrung aufmerksam zu machen. Der Clip hat es vor wenigen Monaten sogar zu unserem Video der Woche geschafft:

 

Das Video zeigt eindrucksvoll, dass die Lebensmittelverschwendung viele Gesichter hat und man uns manchmal auch die hässlichen Tatsachen vor Augen führen muss, um Änderungen zu erreichen.

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