#MeinungsMicha

Retourenkosten: Werden jetzt endlich die Verbraucher in die Pflicht genommen?

Veröffentlicht: 08.12.2020 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 08.06.2021
Rücksendeschein wird ausgefüllt

Müssen Verbraucher künftig selbst für die Kosten aufkommen, wenn sie intakte Ware zurückschicken? Derartige Überlegungen stehen derzeit ausgerechnet beim Sachverständigenrat für Verbraucherfragen (SVRV) im Raum – dem Organ, das sich vor allem für den Verbraucherschutz einsetzt. Dass nun eine Maßnahme mit auf dem Tisch liegt, die bis dato neben dem kostenlosen Versand einer der wichtigsten Aspekte des Kundenservice im Online-Handel war, lässt aufhorchen.

Die Grundlage für die Überlegung, Verbraucher zur Kostentragung von Retouren zu verpflichten, liegt dabei in der Frage nach der Nachhaltigkeit, wie der SVRV in seiner Mitteilung erklärt: „Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher interessieren sich für die Bedingungen, unter denen Konsumgüter entstehen. Das Wissen, ob bei der Produktion Menschenrechts- und Umweltstandards gewahrt bleiben, ist für viele Verbraucherinnen und Verbraucher wichtig.“ 

Wie kann ein nachhaltiges Verbraucherrecht aussehen?

Dabei beschäftigte sich der SVRV mit den Fragen, welche Regelungen es dazu heute schon gibt und wie der Konsum nachhaltig gestaltet werden kann. Klar wurde dabei offenbar schnell: Nachhaltigkeit kann nicht nur einseitig realisiert werden. Es reicht nicht, der Industrie und den Händlern Pflichten und Regelungen aufzudrücken, um dieses Thema anzugehen. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die deutsche Ratspräsidentschaft den Klimawandel und Nachhaltigkeit als zentrales Thema angehen will, „müssen sich auch Verbraucherpolitik und das Verbraucherrecht der Frage stellen, wie ein nachhaltiges Verbraucherrecht aussehen könnte und sollte“.

Und dann werden die Sachverständigen für Verbraucherfragen deutlicher: Das Verbraucherrecht behandele klassischerweise vor allem Rechte, die Verbraucherinnen und Verbraucher vor missbräuchlichen Unternehmenspraktiken schützen sollen. „Verbraucher-Verantwortlichkeiten kommen in dieser bilateralen Ausgestaltung des Rechts praktisch nicht vor“, so der SVRV. Und das soll sich nun wohl ändern – für viele Händler ist das zweifellos eine gute Nachricht. Der Sachverständigenrat fordert in seinem Policy Brief, die Verantwortlichkeiten der Unternehmen, des Gesetzgebers und des Verbrauchers neu auszutarieren.

Das Ende der Vielretournierer?

Sollte der Vorschlag des SVRV wie geplant umgesetzt werden, müssten Verbraucher für die Retoure von mangelfreien Produkten zahlen. Kunden, die aus Jux und Dollerei also zahlreiche Produke bestellen, um einen Großteil einfach wieder zurückzuschicken, könnten damit der Vergangenheit angehören. Gestützt wird die Forderung der Sachverständigen von einer Studie der Universität Bamberg, nach der eine Mindestrücksendegebühr von nur 3 Euro die Retourenzahl bereits um 16 Prozent senken würde. 

Dass die Politik aber jetzt loslegt und die Kostenübertragung auf die Verbraucher direkt in gesetzlichen Stein meißelt, ist unwahrscheinlich. Verbraucherverbände und die Verbraucherpolitik positionieren sich gegen eine solche Kostentragungspflicht, zudem – so merkt es der SVRV an – „sind zwingende Kostenregelungen unserem marktwirtschaftlichen System fremd“. 

Langfristig könnten alle Verbraucher profitieren

Nichtsdestotrotz: Die Mentalität, dass nur Unternehmen in der Pflicht stehen und die Verbraucher ihre Rechte haben, weicht sich augenscheinlich auf. Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind schließlich auch nicht realisierbar, wenn sich nur eine Seite darum kümmert. Dieses Thema fordert Engagement von allen Seiten. Händler dürfte es freuen, falls Kunden für die Retourenkosten aufkommen sollten. Aber auch die Kunden hätten dadurch einen Vorteil: Wenn die Händler die Kosten, die durch notorische Vielretournierer ausgelöst werden, nicht mehr in der Mischkalkulation auf alle Kunden umlegen müssen, könnten die Rücksendungen für alle Kunden langfristig gesehen günstiger ausfallen.

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