Kolumne „Pech gehabt“

Das Aus von MyToys muss ein Warnsignal für die Branche sein

Veröffentlicht: 07.03.2023 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 07.03.2023
Trauriger Teddy

2017, im Herbst, besuchte ich MyToys und traf die Gründer Florian Forstmann und Oliver Lederle zum Interview. MyToys war da gerade 18 Jahre alt geworden. Gestartet 1999 im Urschleim des Online-Handels, gewachsen, Hörner abgestoßen und nun in der Volljährigkeit, mit großen Plänen für die Zukunft. Die „zentrale Shopping-Plattform für Familien“ holte Partner an Bord, baute die Plattform aus und machte sich einen Namen, hat heute eine Markenbekanntheit von 94 Prozent unter Online-Shoppern – und wird jetzt dicht gemacht.

Otto stellt MyToys ein, weil MyToys im heutigen E-Commerce-Geschäft nicht konkurrenzfähig genug ist. Ja, die Marke bleibt, weil man die eben kennt, das ist für 800 Beschäftigte in der Zentrale in Berlin und in mittlerweile 19 Filialen – MyToys ist ganz nebenbei auch Pionier im kanalübergreifenden (Online-)Handel – aber nur ein schwacher Trost. Mit MyToys geht kein kleiner unbekannter Online-Shop, sondern ein national wie international bekanntes Unternehmen. Das „bisherige monothematische Multichannelkonzept [sei] nicht weiter erfolgreich umzusetzen“, heißt es dazu von der Konzernmutter Otto. Diese nüchterne Analyse veranschaulicht überdeutlich den Status Quo und die Entwicklung der E-Commerce-Landschaft, und das ist keine gute Nachricht.

 

Wenn nicht mal die Erfolgreichen erfolgreich sind...

MyToys wird nach einem Vierteljahrhundert seinen Betrieb einstellen, und egal, was man versuchte, Filialen, Plattform-Ausbau, Mobile First, das „über Jahre defizitäre Geschäftsmodell“ (Otto) war nicht zu retten. In Deutschland gibt es hunderttausende Online-Händler, die E-Commerce-Branche ist bunt und vielfältig und doch schreitet die Konsolidierung, die Konzentration auf wenige Große, immer weiter voran. MyToys ist das neueste und bekannteste Symptom dieser Entwicklung.

Ein Großteil der Online-Händler sagt unverhohlen, dass es ohne Amazon nicht geht. Die dicken Umsätze laufen über diesen Marktplatz oder zumindest generell über Marktplätze und auch da wird die Luft dünner. Amazon thront ganz oben, Ebay folgt dahinter. Otto, ähnlich wie auch schon Real bzw. später Kaufland, ist den Weg hin zur Marktplatz-Plattform gegangen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Rakuten hat sich aus Deutschland zurückgezogen. 2018 schrieb ich einen Nachruf auf DaWanda, weil der Handmade-Marktplatz den Schlussstrich ziehen musste.

Die Abwechslung nimmt ab

Die Nachrichten der bekannten Marken aus der zweiten Reihe, die Amazon und Co. zwar nicht gefährden, die E-Commerce-Welt aber ein wenig abwechslungsreicher machen, sie häufen sich. Bei allem Respekt für Amazon und Ebay, die sich ihre Position über Jahrzehnte erarbeitet haben: Monopole und Oligopole sind selten eine gute Sache. Und wenn sich nicht einmal die halten können, die sich bereits ein echtes Standing erarbeitet haben, dann ist das für die Vielfalt der Branche ein schlechtes Zeichen.

Spielwaren kann man am Ende überall kaufen, aber letztlich ist es eine ganz ähnliche diskussionswürdige Entwicklung wie in den Innenstädten. Wenn alle zu Karstadt rennen, weil es da alles gibt, dann gehen immer weniger Menschen in die kleinen Läden und dann können sich die kleinen Läden auf Dauer nicht halten. Die kleinen Läden im Online-Geschäft sind weltbekannte Unternehmen und sie kommen gegen die großen Marktplätze nicht an. Mit MyToys geht ganz nebenbei ein Stück deutsche Internetgeschichte.

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