Probleme bei Amazon: Wenn die Produktfotos zur Qual werden

Veröffentlicht: 10.06.2015 | Geschrieben von: Tina Plewinski | Letzte Aktualisierung: 23.03.2017

Vergleicht man das Internet von heute mit dem Internet von vor zehn Jahren, so ist eines ganz deutlich: Die Bedeutung von Bildern ist auf ein Extremmaß gewachsen. Fotografien, Collagen, Slider – jegliche Art von Abbildungen – sind eines der grundlegenden Bestandteile der digitalen Welt geworden und längst nicht mehr wegzudenken. Doch gerade im Online-Handel (und nicht zuletzt bei Amazon) sind die Anforderungen nach perfekten Produktfotos so gestiegen, sie für viele Händler nicht selten zum Problem werden.

Probleme bei Amazon.

Bildquelle: (360b / Shutterstock.com)

Ohne Produktfotos läuft im Online-Handel gar nichts. Sie zeigen die beworbene Ware, geben einen ersten Eindruck von Form, Beschaffenheit, Design und vielleicht auch der Qualität. Ohne gute und aussagekräftige Bilder ließe sich im Online-Handel nur schwerlich etwas verkaufen. Und deshalb räumen die meisten Unternehmen (ob groß oder klein) ihren Abbildungen einen hohen Stellenwert ein. In der Praxis zeigt sich allerdings, dass Online-Marktplätze wie Amazon die Messlatte manchmal zu weit oben anlegen, um ein extrem hohes visuelles Niveau zu schaffen. Ungelöste Fragen und Probleme sind dann häufig schon vorprogrammiert.

Produktfotos vor weißem Hintergrund: Wie weiß ist eigentlich weiß genug?

Auf der Hilfe-Seite von Amazon finden sich in der Rubrik rund um die Produkt-Detailseite auch Angaben, welche Kriterien Produktfotos erfüllen müssen, damit sie akzeptiert werden: Von Format-Angaben, Verboten von integrierten Texten und Wasserzeichen, Angaben zur Bildgröße und Auflösung ist alles dabei. So weit so gut. Doch diese Informationen allein helfen dem Händler im Alltag nicht immer weiter. Ein Beispiel:

Amazon schreibt einen weißen Hintergrund vor, was vielen Händlern Sorgen bereitet. Man könnte denken „Wo ist das Problem, einen Gegenstand vor einem weißen Hintergrund zu fotografieren?! Das gehört zu den absoluten Grundkenntnissen beim Fotografieren!“ Doch so einfach scheint die Sache mit den Produktfotos nicht zu sein, wie ein User auf Sellercentral anmerkt:

„Das ein weißer Hintergrund bestehen muss ist jedem klar! Es geht um den Weißheitsgrad, der mit dem menschlichen Augen so gut wie keine Unterschiede zeigt und den bekommen Sie mit einer Kamera und Lampen so nicht hin. Sie sind gezwungen die Bilder nachzubearbeiten (auszuschneiden ). Das Weiß von Word - Paint und Co sind Amazon nicht weiß genug. Das ist das Thema.“

Das Freistellen der Bilder vergrößert Aufwand und Kosten

Das heißt, selbst wenn ein Händler Produkte ordnungsgemäß vor einer weißen Leinwand fotografiert, können die Bilder dennoch einen leicht gräulichen oder gelblichen Hintergrund aufweisen. Dann kommt man um das besagte „Ausschneiden“ oder „Freistellen“ der Artikel nicht drum herum. Dies bedeutet für die Anbieter jedoch mehr Zeitaufwand und – wenn diese Tätigkeit an einen Profi übertragen wird – einen weiteren Kostenfaktor, der zu Buche schlägt.

Es gibt in diversen Foren genügend Händler, die wegen der Produktfotos ihr Leid klagen und davon berichten, dass ihr Amazon-Konto gesperrt wurde – und zwar, weil sie gegen die geltenden Bilderrichtlinien verstoßen haben. Ist dies passiert, folgt zumeist ein langwieriger und nervenaufreibender bürokratischer Kraftakt. Auch die Hilfsbereitschaft und der Nutzen des Verkäuferservices wurden innerhalb solcher Diskussionen schon häufiger infrage gestellt (hier ein Beispiel).

Verletzen Produktfotos mit weißem Hintergrund Patentrechte von Amazon?

Im vergangenen Jahr sorgte Amazon mit einem kuriosen Patentantrag nicht nur für Aufsehen, sondern auch für Hohn und Spott. Einfach formuliert: Der Konzern ließ sich das Fotografieren von Personen oder Objekte vor weißem Hintergrund patentieren. Natürlich wurden dabei auch der Aufbau und andere spezifische Faktoren berücksichtigt, doch im Großen und Ganzen beschreibt das patentierte Arrangement einen Prozess, der Tag für Tag auf der ganzen Welt stattfindet: Praktisch alle Unternehmen in der E-Commerce-Branche nutzen weiße Hintergründe für ihre Produktfotos.

Dass dieses Patent nicht nur für Spott, sondern auch für Verwirrung unter den Händlern sorgt, zeigt ein Blick ins Sellercentral: Hier wurde darauf verwiesen, dass Händler, die weiße Hintergründe für ihre Produktfotos nutzen, theoretisch gegen das Patent von Amazon verstoßen könnten – was natürlich alle Händler beträfe, weil der weiße Hintergrund ja ein Pflichtkriterium für die Bilder ist. „Wie erhalten wir eine Freigabe, um später nicht von unserem Partner Amazon auf Lizenzgebühren verklagt werden zu können?“

Die Freigabe von Bildern mit weißem Hintergrund durch Amazon ist natürlich in der Praxis nicht umsetzbar. Aber die Verwirrung bei den Anbietern bleibt.

Produktfotos: Die Richtlinien im Mode-Bereich und ihre absurden Konsequenzen

Für die Kategorie Mode hat Amazon spezielle, noch spezifischere Richtlinien aufgestellt als in anderen Bereichen. Zum Beispiel dürfen keine Plasik-Modelle verwendet werden. Händler sind daher gezwungen, nach passenden (menschlichen!) Modellen zu suchen, die die Fashion-Teile während des Fotografierens tragen. – Zumindest scheint diese Anforderung für das Hauptbild auf der Produktdetailseite zu gelten. Denn wie unsere Screenshot-Collage zeigt, hat des in der Praxis kuriose Folgen:

 

Screenshots: Fotos auf Produktdetailseite bei Amazon (Kleiderpuppe und retuschiertes Modell)
Screenshots: Fotos auf Produktdetailseite bei Amazon (Kleiderpuppe und retuschiertes Modell)

Hier zeigt sich, dass ein Herren-Shirt auf einer Kleiderpuppe fotografiert wurde. Um den Richtlinien zu entsprechen, wurde der Puppe auf dem Hauptbild jedoch ein männlicher Kopf und Hände angefügt. Einige Händler dürften sich fragen: „Muss es denn immer so kompliziert sein?“ – Sinnvolle Beschäftigung sieht definitiv anders aus!

Auch Posen im sitzenden oder liegenden Zustand sind bei den Amazon-Produktfotos grundsätzlich verboten. Dabei müssten doch die Posen die Veranschaulichung des jeweils speziellen Kleidungsstücks untermalen. Jedes Kleidungsstück ist anders und manchmal erfordert ein originelles Kleid oder eine ausgefallene Jacke einfach ein bisschen Kreativität in der Fotografie. Darauf müssen Amazon-Händler allerdings verzichten.

Händler in Nöten: Technische Probleme füllen die Foren

Ein letztes Problem, das hier im Zuge der bestehenden Bilderrichtlinien angesprochen werden soll, ist von technischer Natur. Immer wieder schreiben Händler im Sellercentral-Forum, dass sie Schwierigkeiten haben, ihre Produktfotos hochzuladen; oder dass ihre Bilder auf einmal weg sind; oder dass sie vertauscht wurden… An der Technik scheint ein reibungsloser Verkauf immer wieder zu scheitern. Natürlich läuft auch bei einem großen Konzern wie Amazon nicht immer alles glatt. Dennoch scheinen solche Missstände keine Einzelfälle zu sein und die Händler immer wieder ratlos zurückzulassen. Und das Schlimmste: Viele Händler fühlen sich vom Verkäuferservice nicht richtig unterstützt, weil auch die Problemlösung häufig viel Zeit in Anspruch nimmt.

Es zeigt sich: Die Probleme im Bereich der Produktfotos sind extrem vielschichtig (zumal an dieser Stelle auch nicht auf alle Probleme eingegangen werden konnte). Händler, die auf Amazon erfolgreich sein wollen, müssen die Richtlinien beachten. Da führt kein Weg dran vorbei. Denn die Erfahrungen der Händler-Kommune zeigt: Wer sich nicht an die Regeln hält, dem droht kurzfristig und unmittelbar eine Sperrung.

 

Bisher sind in der Themenreihe „Probleme bei Amazon“ erschienen:

Kontensperrung durch Verifikationsprozess

Das Anhängen an bestehende Artikel

Asics beschränkt offenbar Handel auf dem Marketplace

Haben auch Sie Probleme beim Handeln auf Amazon? Dann können Sie uns diese gern über den Insider Tipp mitteilen. Wir behandeln Ihre Informationen anonym!

Kommentare  

#7 Michael 2021-02-03 10:47
Hallo,
ich nutze schon länger ein ähnliches Tool für die Bilder in meinem Blog. Allerdings hat es gegenüber remove.bg einen entscheidenden Vorteil: Man kann auswählen, was freigestellt werden soll. So wäre zum Beispiel bei Ihrem Testbild das Handy nicht entfernt worden. Zu finden ist das Tool unter bilder-freistellen-online.de/ Vorsicht, oben rechts gibt es unter "mehr" den link "online freistellen". Dort kann man kostenlos freistellen! Es ist ein bisschen komplizierter und bedarf ein bisschen an Einarbeitung, dafür sind die Funktionen aber reichhaltiger.
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#6 Hatice 2017-06-25 11:22
Hi,

wir sind eine Studio das sich auf Produktfotos spezialisiert hat, gerne können wir euch weiterhelfen.
www.productpicture.de/
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#5 Gerd Zeller 2017-04-30 18:17
Ich bin nun schon seit Stunden am versuchen die Produkte so zu fotografieren, dass sie Amazongerecht sind. Leider gelingt mir das nicht. Ich werde die Geschichte jetzt outsourcen oder mal mit chromakey versuchen. Vielleicht gelingt das ja.
LG Gerd Zeller
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#4 Ralf 2017-04-21 11:41
Hallo,

sehr interessanter Artikel. Da ich als Händler bei Amazon verkaufe, hatte ich auch das Problem der Produktfotograf ie. Meine ersten Bilder habe ich mir damals selbst gemacht und dafür recht lange gebraucht. Gerade bei reflektierenden Artikel bekommt man einen rot/blau Stich, der bei der Zoomfunktion bei Amazon echt mies aussieht. Nun lagere ich diese Tätigkeit lieber aus. Eigentlich schreibt Amazon ja den weißen Hintergrund vor. Deswegen verstehe ich auch nicht, warum einige Artikel oft mit Zusatzartikel oder Anwednungsbeisp ielbilder zugelassen werden.

LG
Ralf
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#3 Grohe 2016-06-08 14:52
Wir haben jetzt Gott sei dank einen zuverlässigen Partner gefunden, der sich im Bereich Amazon, Ebay und Online Shop Fotografie sehr gut auskennt und sehr gute Produktfotos macht.
Das allerbeste ist der Preis, wir zahlen ungefähr die Hälfte, die andere Agenturen verlangt haben.
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#2 Ümit 2016-03-06 22:39
Ich habe auch den Bericht von Oliver gelesen und suche dringend jemanden der professionelle Hauptfotos für Amazon für mich bearbeitet, da ich auch Händler geworden bin.Ich hoffe das sich schnell jemand bei mir meldet.Vielen Dank
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#1 Oliver 2016-01-21 13:30
Als eines der ersten Online-Fotostud ios fotografieren wir seit fast 10 Jahren speziell für Amazon-Händler, eBay-Verkäufer und Onlineshops. Ich denke, Amazon verfolgt einen konsequenten Weg hin zu einer einheitlich professionellen Gestaltung, an dem schon viele Mode-Versandhäu ser mehr oder weniger gescheitert sind. Durch die Marktmacht von Amazon stehen die Chancen auch gut, dieses Vorhaben erfolgreich umzusetzen, um eine noch stärkere Marktposition zu bekommen, was irgendwo dann natürlich auch den Amazon-Händlern zugute kommt. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von mehr oder weniger guten Fotostudios im Budget-Preis-Se ktor, die den Händlern die Arbeit abnehmen und gute Fotos für den Internethandel liefern. Das macht auch in wirtschaftstheo retischen Ansätzen irgendwo Sinn, wenn sich Händler mehr auf Ihre Kernkompetenzen konzentrieren, als sich selbst mit im Grunde betriebsfremden Tätigkeiten zu befassen.
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