Kolumne: Deal-Wahnsinn – wer soll das kaufen?

Veröffentlicht: 23.12.2016 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 13.01.2017

Online-Händler denken offenbar nur noch in Deal-Zeiträumen. Amazon treibt das gerade auf die Spitze. Es reicht!

Christoph Pech

© Händlerbund

Haben Sie auch drei Fernseher und fünf Blu-ray-Player im Wohnzimmer? Nein? Ich auch nicht. Müssten wir aber, schließlich gibt es mittlerweile 365 Tage im Jahr die besten Angebote, die krassesten Deals und die günstigsten Schnäppchen. In einer ruhigeren Zeit wurden die Augen und die Vorfreude groß, wenn Amazon, Saturn und Co. eine Schnäppchenwoche ankündigten, denn es war die Chance, wirklich mal richtig zu sparen, wenn die nächste Großanschaffung getätigt werden sollte. Mittlerweile muss man sich ernsthaft fragen, ob die Schwergewichte ihre Ware zum Normalpreis nicht mehr losbekommen, denn mittlerweile ist der Deal die Regel und nicht mehr die Ausnahme.

Gestern kündigte Amazon die Winter-Angebote an, die am 25. Dezember starten. So weit, so unspektakulär, allerdings läuft gerade noch die Last-Minute-Woche für die besten Schnäppchen vor Weihnachten. Man geht also nahtlos aus der Deal-Woche in die Deal-Woche. Saturn zieht Anfang 2017 nach und die Spiele-Plattform Steam ist ja ohnehin der König der Rabattaktion.

Machen wir doch gleich ein Deal-Jahr

Mal im Ernst, wer soll das alles kaufen? Seit dem Black Friday befinden wir uns in einem konstanten Strom der Konsum-Animation, sollen immer noch mehr für (vermeintlich!) noch weniger Geld kaufen. Aber wir haben doch nun wirklich mittlerweile alles gekauft, was geht. Die Weihnachtsgeschenke sind hoffentlich schon da, uns selbst haben wir bis zum Cyber Monday weitgehend versorgt. Ganz zu schweigen von Oster-Rabatten, Pfingst-Sale, Prime Day oder Herbst-Angeboten. Nervt es denn nur mich, dass alles ein einziger durchgehender Sale ist und man längst den Überblick verloren hat, was mal ein Normalpreis war?

Und entnervte Kunden sind ja das eine, aber was hält der Marktplatz-Händler davon, dass die Großen ihre Produkte fröhlich für Spottpreise verramschen (weil sie es sich leisten können) und sie auf ihrer Ware sitzen bleiben? Warum soll ich denn als Kunde beim kleineren Händler kaufen, wenn ich bei Saturn die Mehrwertsteuer einfach so einspare? Und zwar nicht für 2, 3 Tage, sondern gleich mehrere Wochen im Jahr.

First World Problems

Klar, es gibt, gerade angesichts eines Jahres wie 2016, das nur als schlechte Karikatur in die jüngere Zeitgeschichte eingehen kann, schlimmere Probleme als zu viele günstige Angebote. Es ist wohl der Inbegriff des First World Problems und am Ende bestellen wir von unserem Weihnachtsgeld doch wieder das nächste Gadget, das wir nicht brauchen, um die echten Probleme ein wenig beiseite zu schieben.

Aber man kann ja trotzdem mal fragen, wie notwendig es ist, den gutgläubigen Kunden wöchentlich zu suggerieren, dass man jetzt aber unbedingt zuschlagen sollte. Wer weiß, wann man wieder die Chance bekommt? Wie attraktiv wirkt ein Deal, wenn man dank des Überangebots schon wahnsinnig wird, wenn man den Begriff überhaupt hört? First World Problems – aber die sind ja kurz vor Weihnachten auch mal angenehm in diesem 2016, von dem wir uns nun aber wirklich verabschieden wollen. Es reicht – alles!

 

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