Schade, dass du gehst, DaWanda – Ein Nachruf

Veröffentlicht: 04.07.2018 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 04.07.2018

DaWanda stellt den Betrieb ein. Händler werden sicher ein neues Zuhause finden, doch das Aus steht stellvertretend für eine traurige Entwicklung in der Branche.

Goodbye auf Schreibmaschine
© Sensay / Shutterstock.com

DaWanda, ich will ehrlich mit dir sein: Ich kenne viele Leute, die dich schätzten, ich selbst habe bei dir aber nie etwas gekauft. Meine Sentimentalität beschränkt sich auf Schallplatten, Filme, Games, Bücher – irgendwas mit Medien eben. Ich bin der klassische Amazon-Kunde. Ich brauche etwas, also wird es gekauft. Das muss nicht selbstgemacht, besonders schick oder ausgefallen sein, sondern funktional. Damit falle ich aus deiner Zielgruppe – und du aus meiner.

Und trotzdem finde ich es schade, dass du gehst. Denn du standst für einen persönlicheren Online-Handel, für Liebe zum Detail und dafür, dass man kein Multimilliarden-US-Riese sein muss, um digital erfolgreich zu sein. Aber ach, so richtig erfolgreich warst du am Ende dann eben doch nicht. Oder zumindest nicht erfolgreich genug. Man kann diskutieren, ob das Aus nun verdient ist oder nicht, ob die kaufmännische Vision gefehlt hat, ob der deutsche Markt allein für „Handmade“ zu klein ist oder ob zu viel Importware den Produktkatalog verwässert hat, wie der eine oder andere Händler moniert.

Aber ganz ehrlich? Die Rechtfertigung für das Aus ist mir eigentlich ziemlich egal. Denn mit dir geht nicht nur ein Online-Marktplatz. Mit dir geht auch einmal mehr eine Idee, die für einen durchorganisierten, umsatzgetriebenen, digitalen Handel einfach nicht gemacht zu sein scheint: Die Idee, dass auch die Kleinen, die Davids, neben den wenigen Goliaths bestehen können. Amazon, Ebay, Otto und Real sind gut und schön, aber erst die Praktiker, die Manomanos, die Roten Erdbeeren und eben die DaWandas machen den Online-Handel divers, überraschend und aufregend.

Das Internet wird ein bisschen abwechlungsärmer

Bei DaWanda stand das „Do It Yourself“ nicht nur drauf, man stellte es sich auch dahinter vor. In Büros, die nicht alle gleich aussehen, in Mitarbeitern, die nicht im Hemd, sondern im Band-Shirt zur Arbeit kommen oder in Vertragsgesprächen, die nicht im Meetingraum 4, sondern im Kiez-Café geführt werden. Ich weiß nicht, ob das stimmt, aber die Vorstellung im Kopf ist viel romantischer und sympathischer als beim nächsten Groß-Konzern.

Und weißt du was? Das Schlimme ist: Es liegt nicht an dir, es liegt an mir. Ich bin der 08/15-Kunde, der alles schnell und günstig und einfach will, der zwar wohlfeil fabuliert, wie toll er handgemacht, einzigartig und Bio findet und dann aber trotzdem beim Online-Riesen und beim Discounter einkauft. Wir schimpfen immer auf Konsolidierung und Monopolisierung und bemitleiden die Buchläden und Kleinanbieter, aber am Ende sorgen ja wir Kunden genau für diese Entwicklung, die man nicht gut finden sollte. Wenn wir irgendwann nur noch Amazon und Ebay, Zalando und H&M, Rewe & Aldi haben, dann sind wir ja selbst Schuld.

Tut mir leid, DaWanda, wirklich. Mit deinem Ende wird das Internet wieder ein bisschen abwechslungsärmer. Und das muss man schade finden.

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