Interview mit Crowdfox-Chef Wolfgang Lang

So können Lieferanten ihre Chancen im B2B-Geschäft nutzen

Veröffentlicht: 20.02.2019 | Geschrieben von: Markus Gärtner | Letzte Aktualisierung: 20.02.2019
B2B vor Smartphone und Laptop

Die Crowdfox GmbH betreibt verschiedene Portale. Crowdfox Professional ist eine geschlossene B2B-Plattform für Großunternehmen, die dort in Echtzeit die Preise von Zulieferern vergleichen können. Nach einer Testphase wurde die Seite im Oktober 2018 offiziell gelauncht. Erst vor kurzem hat Crowdfox eine weitere Kapitalrunde in Höhe von 10 Millionen Euro abgeschlossen. Im Interview spricht Wolfgang Lang, Gründer und CEO von Crowdfox, u. a. über den Kampf gegen Amazon und worauf Lieferanten achten müssen, um nicht abgehängt zu werden.

Bei Crowdfox sollen alle Lieferanten gleiche Chancen auf eine Listung haben – wieso war es für kleinere Lieferanten zuvor so schwer, von Großkunden wahrgenommen zu werden?

Wolfgang Lang: Das Anlegen und Pflegen eines Lieferantenstamms ist für Großunternehmen mit hohem Aufwand und Kosten verbunden. Um diese zu reduzieren, setzen die Einkäufer vor allem auf eine kleine Zahl von Bestandslieferanten mit einem breiten Sortiment oder Spezialanbieter, mit denen langfristige Rahmenverträge vereinbart werden. Mit diesen Lieferanten zu konkurrieren und wettbewerbsfähige Preise anzubieten, fällt kleineren Lieferanten oft schwer. Hinzu kommt, dass bei klassischen Ausschreibungen in der Regel nur Anbieter zum Zug kommen, die eine breite Produktpalette abdecken können. Bei Crowdfox Professional gewinnen Lieferanten an digitaler Reichweite. Sie bekommen Zugang zu Großkunden und können dedizierte Angebote unterbreiten, was ihnen neue Chancen eröffnet.

Wie unterscheidet sich Crowdfox von anderen B2B-Plattformen wie Mercateo oder Wucato?

Wolfgang Lang: Der Hauptvorteil von Crowdfox Professional ist ein deutlich attraktiveres Preisniveau als die beiden genannten Plattformen anbieten können. Mercateo und Wucato sind ebenso wie Amazon Business als offene Marktplätze konzipiert und aufgrund ihrer Preise für Großunternehmen nicht interessant. Der Unterschied entsteht dadurch, dass Lieferanten nicht bereit sind, ihre Bestpreise öffentlich zu machen, was völlig nachvollziehbar ist. Die Preise sind auf Crowdfox Professional meistens deutlich niedriger, weil unsere Lieferanten dedizierte Preise für jeden einzelnen Kunden bereitstellen können. Zudem ermöglicht Crowdfox Professional den Zugriff auf mehr als 130 Millionen Bestpreis-Angebote für den Kernbedarf großer Unternehmen, während sich die offenen Marktplätze vor allem auf den Randbedarf konzentrieren. Außerdem können die meisten Anbieter den präzisen Realtime-Preisvergleich von Bestands- und Wettbewerbslieferanten selbst nicht effizient realisieren. Mit der Unique Trade Item Number (UTIN®) haben wir die dazu erforderliche Technologie entwickelt. Mehr als 18 Millionen Artikel lassen sich über diese Art Zentralartikel eindeutig identifizieren und in Echtzeit in einem transparenten Preis-Leistungs-Vergleich erfassen.

Wie kann man gegen Amazon Business bestehen?

Wolfgang Lang/Crowdfox

Auch Amazon bietet mit Business einen Marktplatz für Geschäftskunden – wie kann Crowdfox gegen ein so mächtiges Unternehmen mithalten?

Wolfgang Lang: Neben dem Preisvorteil bietet Crowdfox Professional eine große B2B-Produktpalette, insbesondere für Artikel, die noch keine Amazon Standard Identification Number (ASIN) haben und deshalb auch gar nicht bei Amazon Business gelistet sind. Die Überschneidung vom üblichen B2C-Produktsegment gegenüber dem B2B-Bedarf ist nicht so groß, was das Kernproblem von Großunternehmen – die hohe Anzahl an Freitextbestellungen – nicht löst. Hinzu kommen Provisionen, die Amazon Business von seinen Lieferanten erhebt. Sie sind nicht zu unterschätzen und werden in deren Preisgestaltung einkalkuliert. Crowdfox Professional bietet den Einkäufern zudem erstmalig die Möglichkeit, in einem Preisdaten-Report in Echtzeit die Katalogpreise seiner Bestandslieferanten mit denen von Konkurrenzanbietern zu vergleichen und automatisiert mit seinen Lieferanten nachzuverhandeln.

Apropos Amazon: Auch Ihr Unternehmen wurde im Rahmen des Kartellverfahrens gegen Amazon befragt, was war Ihr Feedback?

Wolfgang Lang: Das ist richtig. Als eines von vielen Unternehmen wurde auch Crowdfox im Rahmen des Missbrauchsverfahrens befragt, das Ende 2018 durch das Bundeskartellamt eingeleitet wurde. Der Vorwurf gegen Amazon lautete unter anderem, dass der US-Internethändler möglicherweise seine dominante Marktposition ausgenutzt sowie intransparente Kündigungen und Sperrungen von Händlerkonten vorgenommen hat. In der Befragung wurden im Wesentlichen die Leistungsbereiche und Volumina von Crowdfox abgefragt, um in Summe ein repräsentatives Bild des Gesamtmarktes und damit der Bedeutung von Amazon zu erhalten.

Wolfgang Lang: „Wir sind stark darauf bedacht, als neutraler Vermittler aufzutreten“

Ein häufiger Vorwurf an Amazon ist der Umgang mit Händlern – worauf müssen Sie als B2B-Plattform achten, um sowohl Anbieter als auch Käufer zufriedenzustellen?

Wolfgang Lang: Crowdfox legt großen Wert darauf, auf Augenhöhe mit den Händlern zusammenzuarbeiten. Zu unserem Lieferantenstamm zählen aktuell rund 90.000 geprüfte Anbieter mit Großkundenpreisen. Alle bei uns gelisteten Händler werden im Hinblick auf transparente Kriterien überprüft und aufgrund unserer Erfahrungen in unseren offenen Handelsplattformen Crowdfox.com und Crowdfox.biz bewertet – davon profitieren natürlich auch die Einkäufer. Wir geben den Händlern Feedback und helfen Ihnen damit, besser zu werden. Dabei steht Transparenz im Vordergrund und nicht automatisierte Regeln, weil die Lieferanten auf diesem Weg oft erstmal wertvolle Tipps bekommen und dies sehr zu schätzen wissen. Dabei sind wir stark darauf bedacht, als neutraler Vermittler aufzutreten. Kann ein Lieferant ein bestimmtes Produkt zu besonders guten Konditionen anbieten, steigt seine Chance, von Unternehmen in Betracht gezogen zu werden. Die Entscheidung darüber, welche Produkte über Crowdfox Professional angeboten werden und zu welchen Konditionen das geschehen soll, bleibt aber letztlich immer in der Hand des Lieferanten. Außerdem bieten wir den Lieferanten einen technisch sehr einfachen Zugang zu Konzernen, der für sie nicht mit Kosten verbunden ist.

Sie haben gerade eine weitere Investmentrunde erfolgreich abgeschlossen. Können Sie konkreter sagen, wie und wo Sie in ihrem Unternehmen investieren werden, um weiter zu wachsen?

Wolfgang Lang: Das frische Kapital nutzen wir, um das Wachstum von Crowdfox Professional weiter voranzutreiben. Dabei setzen wir zum einen auf die Internationalisierung des Geschäfts mit den weltweit tätigen Großkunden. Zum anderen wird die Produktpalette von Crowdfox Professional künftig nicht nur C-Artikel wie Büro- und Industriebedarf, Hard- und Software oder Telekommunikation umfassen. Perspektivisch werden wir das Angebot von Crowdfox Professional um die für unsere Kunden sehr relevanten B- und A-Artikel-Segmente sowie den Preisvergleich von Dienstleistungsangeboten erweitern. Hier sehen wir erhebliches Potenzial.

„Händler müssen auf digitale Kataloge umstellen“

Laut einer Ibi-Research-Studie hängen auch im B2B-Bereich noch viele Händler der Digitalisierung etwas hinterher. Wo müssen Anbieter Ihrer Meinung nach am meisten aufholen bzw. investieren?

Wolfgang Lang: Die Zeiten, in denen Kataloge eine Gültigkeit von einem Quartal oder sogar einem Jahr hatten, sind definitiv vorbei. Händler müssen auf digitale Kataloge umstellen und Schnittstellen zu ihnen herstellen, so dass Preisänderungen sofort gültig sind. Lieferanten, die auf Crowdfox Professional anbieten, stellen digitale Kataloge bereit, welche sie mindestens alle sechs Stunden aktualisieren. Manche Händler nutzen auch eine API-Schnittstelle, über die sie Produkt- und Preisdaten in Echtzeit zur Verfügung stellen. Nur so können sie rechtzeitig reagieren, ihr Angebot anpassen und konkurrenzfähig bleiben. Das ist die Zukunft, denn welches Großunternehmen möchte z. B. Handypreise, die 12 oder 24 Monate gültig sind?

Vielen Dank für das Gespräch!

Kommentare  

#2 Lovis Kauf 2019-02-25 09:51
Ich manage bei Mercateo das Marktplatzgesch äft.
Mercateo ist im Jahr 2000 zwar als offener Marktplatz gestartet, mittlerweile macht das aber nur noch einen kleinen Teil unseres Geschäftes aus. Den Großteil unserer Umsätze generieren wir über Kunden, die ihre Systeme mit und über Mercateo vernetzt und sich somit bewusst für eine weitaus engere Bindung entschieden haben, um Prozesse optimal zu managen. Diese Kunden decken ihre Randbedarfe effizient über Mercateo als ihren strategischen Partner. Unser nach außen sichtbares Marktplatzangeb ot ist durch die Integration unserer E-Procurement-F unktionalitäten und die direkte, digitale Vernetzung zwischen Kunden und Anbietern beliebig erweiterbar. Dies passiert auf Kundenwunsch, Anbieterwunsch oder weil wir es als Einkaufsexperte n unseren Kunden und Anbietern systematisch empfehlen. Unsere Kunden und Anbieter können in diesem Netzwerk genau die Geschäftsverbin dungen nutzen, die für sie relevant sind und die sich aus der individuellen Vernetzung ergebenen Konditionen sind für externe (Beobachter) nicht sichtbar.

Um eine nachhaltige und sichere Supply-Chain für ein produzierendes Unternehmen aufzubauen, gibt es neben den Produktpreisen Kostendynamiken , die es zu optimieren gilt. Wir betrachten den Beschaffungspro zess unserer Kunden breiter und sind als Dienstleister an effizienten, ganzheitlichen Lösungen für unsere Kunden interessiert. Bei Interesse stehen ich oder meine Kollegen auch für ein weiterführendes Gespräch zur Verfügung.
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#1 Lennart A. Paul 2019-02-20 15:11
"Der Hauptvorteil von Crowdfox Professional ist ein deutlich attraktiveres Preisniveau als die beiden genannten Plattformen anbieten können. Mercateo und Wucato sind ebenso wie Amazon Business als offene Marktplätze konzipiert und aufgrund ihrer Preise für Großunternehmen nicht interessant. "

--> Das ist ziemlicher Blödsinn. Wucato ist kein offener Marktplatz und die Preise sind kundenindividue ll. Diese und weitere Aussagen in diesem Interview sind, Crowdfox-typisc h, völlig unreflektiert und unbedarft. Crowdfox ist eine B2B-Preissuchma schine, die Kunden den günstigsten Preis heraussucht für einen Artikel über mehrere Anbieter heraussucht. Für die Kunden toll, für die Anbieter verschärft sich damit aber die Preistransparen z und der Preiswettkampf.

Ich finde, sich immer als "Amazon ist böse und doof" plus "Wir sind total nett und die Guten" zu verkaufen, ist ziemlich einfallslos. Hoffentlich funktioniert's für Crowdfox, die Idee der Preistransparen z ist nämlich eine Marktlücke.
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