Einschränkungen für FBA-Händler

Amazon: Hohes Anliefervolumen führte zu Auffüllbeschränkungen

Veröffentlicht: 03.06.2021 | Geschrieben von: Markus Gärtner | Letzte Aktualisierung: 22.06.2022
Mann in Lager mit Paketen

Amazon hat jetzt im Firmenblog seine geänderten Bedingungen bei den Auffüllbeschränkungen erläutert, die jede Menge Ärger bei den FBA-Händlern hervorgerufen hatten. Das Unternehmen will die kritisierten Einschränkungen der Kapazitäten langsam wieder aufheben. Wie und wann genau, bleibt aber unklar, kritisiert Amazon-Experte Stephan Bruns.

Der Rekord-Andrang in der Coronapandemie hatte demnach die Auffüllbeschränkungen erforderlich gemacht. Als man zu Jahresanfang 2021 zum „Normalzustand“ der Vor-Pandemie-Zeit zurückkehren wollte und die Anlieferbeschränkungen gelockert habe, hätten sich aber „deutlich mehr Verkaufspartner:innen als erwartet dazu entschieden, diese Möglichkeit sofort und vollumfänglich auszuschöpfen und dabei auch noch häufig schnellere Versandmethoden gewählt“, so Amazon. Auch blieb die Kunden-Nachfrage weiter unerwartet hoch.

Update: Hohes Anliefervolumen führte zu Reaktionen „auf Tagesbasis“

So sei es seit Mai 2021 zu einem hohen Anliefervolumen in den Logistikzentren gekommen – Amazon habe deshalb wieder mit Einschränkungen der Anlieferung reagieren müssen, „teilweise wegen des sprunghaften Anstiegs sogar auf Tagesbasis“. Nun arbeite man weiter daran, die Einschränkungen der Kapazitäten „Schritt für Schritt wieder aufzuheben“. Bei den Änderungen handele es sich aber weder um ein technisches Problem, noch um eine Änderung in der grundsätzlichen Ausrichtung des FBA-Programms.

Beschränkungen für Amazon-Seller könnten eine ganze Weile dauern

Amazon-Experte Stephan Bruns warnt aber, dass Amazon keine Details und Zeiträume für die Rücknahme der Beschränkungen nennt. „Seller sollten sich darauf einstellen, dass die strengen Vorgaben noch eine ganze Weile bestehen bleiben. Ich sehe seit Einführung des Lagerbestandsindex’(LBI) im Jahr 2019 nicht, wie sich die Situation zukünftig wieder soweit beruhigen sollte, dass Seller ohne jegliche Beschränkungen Waren an Amazon einsenden können.“ Bei dem eingeführten Lagerbestandsindex werde vielleicht der aktuelle Schwellenwert auf ein verträgliches Maß gesenkt – das Instrument an sich werde Amazon aber nicht wieder zurücknehmen, so Bruns.

Das ist passiert: Änderungen von Auffüllbeschränkungen und Lagerbestandsindex

Amazon hatte zuvor im Verkäuferportal Seller Central verschiedene Änderungen für Online-Händler angekündigt, die das Fulfillment by Amazon (FBA) nutzen, vor allem wegen des in diesem Jahr schon im Juni stattfindenden Prime Days in Deutschland. Schon seit dem 16. Mai gelten geringere Auffüllbeschränkungen. Die FBA-Händler könnten im Schnitt den Lagerbestand für den Bedarf von zwei bis drei Monaten halten, heißt es.

Außerdem ändert Amazon den Schwellenwert für den Lagerbestandsindex (LBI): Die Kennziffer für Lagerbestandsmaxima steigt ab dem 1. Juli von 450 auf 500. Mit dem Lagerbestandsindex stellt Amazon fest, wie gut ein Amazon-Händler seinen FBA-Lagerbestand auf den jeweiligen Länder-Marktplätzen im Griff hat. Liegt der LBI der FBA-Händler in der Woche vom 17. Mai 2021 und in der Woche vom 21. Juni 2021 unter dem neuen Wert 500, würden im dritten Quartal Lagerbestandsmaxima in Kraft treten, heißt es. Händlern mit einem LBI-Wert über 500 steht weiterhin ein unbegrenztes Lagerbestandsvolumen für Standardgrößen und Übergrößen zur Verfügung.

„Reine Willkür“, „super ätzend“ – das halten FBA-Händler von den neuen Amazon-Regeln

In verschiedenen Foren zeigen sich betroffene Händler vor allem wütend über die wohl kurzfristige Ankündigung bzw. Umsetzung der Änderungen. So beschwert sich ein Nutzer des Seller-Central-Forums: „Vor dem 16 Mai wurden die Auffüllbeschränkungen eingeführt und am 17. Mai verkündet.(...) Wie ist es möglich das eine Firma wie Amazon das nicht rechtzeitig realisiert? Jegliche Planung ist unmöglich bei derart massiven und kurzfristigen Änderungen.“ Ein anderer Forenteilnehmer spricht von „reiner Willkür“, das Interesse, mit Amazon weiter Geschäfte zu machen, gehe gegen null. Auch in der Facebook-Gruppe „AMAZON SEO“ regt sich Protest: „super ätzend“, kritisiert ein Nutzer. Manche glauben bzw. hoffen sogar, dass das Ganze ein technischer oder Systemfehler sein könne.

Lagerstopp und horrende Strafgebühren – das könnte Händlern bei Amazon drohen

Auch Amazon-Experte Stephan Bruns von der Agentur Revoic sieht dadurch „drastische Folgen“ für Händler, wenn deren LBI-Wert unter 500 sinkt: „Da der LBI nur alle drei Monate neu bestimmt wird, bedeutet eine Unterschreitung von 500 Punkten am Stichtag (1. Juli 2021), dass der Lagerbestand massiv begrenzt wird.“ Unter bestimmten Bedingungen können Händler je nach Art des Verkaufstarifs dann für drei Monate keine weiteren Artikel mehr über die jeweilige Grenze hinweg einsenden, bis deren Index wieder gestiegen ist.

Außerdem müssen Händler bei Überbestand mit Strafgebühren pro Kubikmeter rechnen, was vor allem Händler von Großgeräten vor enorme Probleme stellen könne, warnt Bruns und verweist auf das Beispiel eines Kunden: „Ein Händler musste rund 15.000 Euro Überbestandgebühren an Amazon zahlen, da der LBI im kritischen Zeitraum abgerutscht war. Zudem musste die gesamte Ware schnellstens zurückgeholt werden, da pro Tag über 1.000 Euro Strafgebühren anfielen.“

Das können Amazon-Händler jetzt tun

Händler, die von den Änderungen negativ betroffen sein könnten, müssten bald handeln, rät Bruns:

  • Langsamdreher schnellstens abverkaufen, z. B. über Werbung oder Preismaßnahmen wie Coupons
  • Alternativ: die Ware jetzt schon remittieren, liquidieren oder vernichten lassen

Generell sollten Händler vor der Nutzung von FBA auch künftig genau abwägen, welche Artikel sie einlagern. „Lieber langsam und mit Schnelldrehern starten, als das Lager jetzt für den Prime Day zu überfrachten und dann später auf hohen Kosten sitzen zu bleiben. Ein Hybrid-Versand aus FBA und FBM wird dadurch immer attraktiver“, so Bruns’ Empfehlung.

Weitere Tipps, wie FBA-Händler auf Amazon ihren Lagerbestandsindex verbessern können, haben wir in einem eigenen Ratgeber zusammengefasst.

Kommentare  

#4 John Don 2021-05-29 09:35
Ist das nicht Kartelwiedrig, Amazon ist von allen Handler Mitbewerber, Amazon verkauft gleiche Produkte wie die Handler auf der Platform. Hat Amazon sich selbst ein Lager Volumen Begrenzung gesetzt, oder ist das nur für die Handler gültig? Wenn ja, das ist Kartelwiedrieg und Wettbewerbswied rieg (Amazon begrenzt den Lagervolumen für Handler damit Sie genügend Platz haben für eigene Ware)
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#3 Markus 2021-05-26 09:40
Ich habe diesen Newsletter gestern schon gelesen. Ich dachte mir: Betrifft mich nicht. Ich habe ja immerhin einen LBI von 647. Alles im grünen.
Pustekuchen!
Ich wollte heute wieder Artikel nach Amazon senden und musste feststellen das meine Lager-Maxima (auf Stückzahl-Ebene ) von 5000 Stück auf 2900 Stück gesunken ist. Zur Zeit habe ich 3300 Stück gelagert. Also 400 Einheiten bin ich schon über das Maxima. Ich kann nix mehr nach Amazon senden.
Ich muss erst 500 Einheiten Abverkauf abwarten, bis ich dann gnädigerweise 100 neue Einheiten liefern darf.

Unfassbar. So kann isch nit arbeide :(
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#2 DSG 2021-05-25 19:30
Wenn es denn so wäre das wir Bestand für 2-3 Monate einsenden könnten. .

Am 15.5 hatten wir noch ein Limit von 120.000 Einheiten
am 16.5 dann 90.000
am 19.5 dann 60.000
und am 21.5 dann schließlich 34.000 Einheiten

Und das bei einem Warenbestand von 65.000 Einheiten . .

Das ist etwas was wir in 4 Wochen verkaufen . .
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#1 Peter 2021-05-25 13:56
Wie lange noch wollen FBA-Kunden Amazon in den Hintern kriechen ???

Habt ihr überhaupt keinen Stolz ???
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