Ama-Zone

Der Sensenmann des stationären Handels baut Kaufhäuser – Eier hamse!

Veröffentlicht: 25.08.2021 | Geschrieben von: Tina Plewinski | Letzte Aktualisierung: 26.08.2021
Sensenmann mit Amazon-Lächeln

In der Reihe „Ama-Zone“ grübelt Tina Plewinski über die vielfältige Welt von Amazon: über Vor- und Nachteile des Online-Riesen, neue Entwicklungen, trendige Hypes, die unablässigen Machtbestrebungen des Konzerns und – im aktuellen Teil dieser Reihe – über die neuen Kaufhäuser, die Amazon wohl eröffnen will.

Amazon plant eigene Kaufhäuser! Diese Nachricht rauschte in der vergangenen Woche durch die digitale Welt und sorgte für Aufruhr unter Händlern, gab Anlass zu Spekulationen von Branchenexperten und weckte das Interesse vieler Kunden.

Von außen betrachtet mutet diese Vorstellung unglaublich kurios an: Da metzelt sich ein Konzern mit aller Gewalt jahrelang durch die stationäre Landschaft, unterstützt – durch zielgerichteten Kundenservice, rabiate Vertragspolitik und eine aggressive Preisstrategie – das Sterben vieler kleiner Händler im Stationär-Handel, nur um den frei gewordenen Raum schließlich selbst mit eigenen Stationär-Konzepten zu füllen. Hut ab für so wenig Scham. Die Chuzpe muss man erstmal haben!

Stationär-Knaller war absehbar

Man muss allerdings dazu sagen: Wer sich in der Branche ein wenig auskennt und die Entwicklungen von Amazon verfolgt, der dürfte von den Kaufhaus-Gerüchten nicht gerade überrascht worden sein. Schließlich hat Amazon schon vor Jahren erste hauseigene Buchshops und Verkaufsläden in den USA eröffnet und betreibt im Zuge der Wholefoods-Übernahme sogar eine eigene Bio-Supermarktkette. Stationär ist Amazon also bereits stattlich unterwegs und konnte in den vergangenen Jahren viele Erfahrungen und vor allem handfeste Daten sammeln.

Dass da irgendwann mal noch ein richtiger stationärer Knaller kommt, war irgendwie absehbar. Und Händler haben jedes Recht und vor allem guten Grund mit bangen Blicken das zu erwarten, was da kommen mag. Doch was genau wird da wohl kommen? 

Amazon weckt Wünsche – und erfüllt sie sogleich

Der ein oder andere könnte sich jetzt fragen: Warum sollte ich in ein Amazon-Kaufhaus gehen, wenn der stationäre Handel doch quasi Arbeit ist? Teils lange Anfahrtswege, ewiges Suchen nach dem richtigen Produkt, Anstehen an der Kasse, Einkäufe schleppen – alles wie gehabt … Wieso sollte ich die Couch verlassen, wenn ich von dort aus genauso gut einkaufen kann?

Die Frage ist berechtigt. Doch Amazon wäre nicht Amazon, wenn es der Konzern nicht schaffen würde, Begehrlichkeiten zu wecken! So, wie man Amazon kennt, dürften die hauseigenen Kaufhäuser ein Spieleparadies für Kunden werden: Amazon-Gadgets zum Anfassen und Ausprobieren, Hilfe der Sprachassistentin genau dort, wo sie gebraucht wird, strikter Kundenfokus, fantastischer Service – alles das, was Kritiker des Stationär-Handels in den letzten Jahren und Jahrzehnten als verloren geglaubt und als Makel der verstaubten Ladenketten angeprangert hatten.

Verstaubte Stationär-Konzepte? Nicht mit Amazon!

Als Amazon im Winter 2018 einen weihnachtlichen Pop-up-Store in Berlin eröffnete, kamen viele Besucher aus dem Staunen nicht raus. Denn Amazon lockte nicht bloß mit einer Fülle von Produkten, sondern schaffte es tatsächlich, Neugierde und Spieltrieb zu wecken: Zwischen proppenvollen Regalen und kuscheligen Sitzmöglichkeiten fanden sich überall kleine Ecken zum Basteln und Ausprobieren. Selbst adrett drapierte Keksteller und sogar ein Hightech-Spendenautomat durften damals nicht fehlen. Doch das wohl Kurioseste von allem: Einkaufen konnte man im Shop von Amazon damals nicht: Alle ausgestellten Produkte hatten einen QR-Code, über den sich die Produkte nach dem Ausprobieren bequem online bestellen und dann nach Hause liefern ließen. Kein Schlange-Stehen. Kein Tüten-Schleppen. Kein Stress.

Und genau das ist die Antwort auf die Frage, warum man sich denn für ein Amazon-Kaufhaus von der Couch runterbewegen sollte: Weil Amazon Neugier weckt, Inspirationen schafft, Neues bietet und Wünsche erfüllt, von denen wir nicht wussten, dass wir sie haben. Ich erwarte Großes und befürchte das Schlimmste.

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