Um Bußgelder zu vermeiden

Amazon gelobt Besserung bei Buybox, Datennutzung und Prime

Veröffentlicht: 19.07.2022 | Geschrieben von: Patrick Schwalger | Letzte Aktualisierung: 20.07.2022
Amazon Logo an Gebäude

Seit 2019 ermittelt die EU-Kommission wegen Wettbewerbsverstößen bei der Nutzung von Dritthändler-Daten gegen Amazon, 2020 kam eine Untersuchung wegen Selbstbevorzugung des Konzerns bei der Buybox und bei Prime hinzu. Nun will Amazon selbst sein Verhalten ändern und bietet verpflichtende Zusagen an: Man will keine nicht-öffentlichen Dritthändler-Daten mehr zum eigenen Verkauf nutzen und die Kriterien für den Zugang zur Buybox und zu Prime sollen gelockert werden. 

Die EU-Kommission will die Vorschläge bis 9. September prüfen und bis dahin auch Feedback von gewerblichen Nutzern des Amazon-Marktplatzes sammeln. Dann soll die Entscheidung getroffen werden, ob man die Vorschläge Amazons annimmt und die Untersuchungen zu Wettbewerbsverstößen einstellt. 

Amazon kann Strafen entgehen

Hintergrund der Amazon-Vorschläge sind zwei Untersuchungen, die die EU-Kommission derzeit führt. Darin geht es darum, ob Amazon sich als Verkäufer auf dem eigenen Marktplatz bevorzugt und unfaire Wettbewerbsvorteile verschafft. Seit 2019 ermittelt die Kommission dazu im Bereich Nutzung von Dritthändler-Daten, seit 2020 im Bereich Buybox und Prime. In beiden Fällen hat die Kommission den vorläufigen Schluss gezogen, dass es zu einer verbotenen Selbstbevorzugung durch Amazon kam. Dadurch drohen dem Konzern hohe Bußgelder. 

Das EU-Recht ermöglicht es Amazon aber, im Zuge der Untersuchung freiwillige Zusagen vorzuschlagen, wie die Verstöße abgestellt werden. Die Kommission kann dann prüfen, ob die Zusagen ausreichend sind und daraufhin die Untersuchung einstellen. Dann würde für Amazon erst einmal kein Bußgeld fällig. Allerdings werden die freiwilligen Zusagen verpflichtend für Amazon und bei Verstoß drohen Bußen in Höhe von bis zu 10 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes. 

Diese Änderungen will Amazon umsetzen

Daher hat Amazon nun Zusagen für Änderungen in den drei Bereichen Datennutzung, Buybox und Prime gemacht.

Datennutzung: Amazon will die oftmals kritisierte Praktik aufgeben, nicht-öffentliche Daten zu nutzen, die bei Verkäufen von Dritthändlern generiert werden. Amazon erhält als Marktplatzbetreiber Unmengen an Verkaufsdaten von den auf der Plattform tätigen Online-Händlern, etwa Verkaufszahlen, Umsätze, Lieferanten, Logistik, Kundenverhalten und Verkäuferperformance. Anhand dieser sieht Amazon, welche Produkte gut laufen und kann diese Produkte als Verkäufer auf dem Marktplatz kopieren oder direkt übernehmen und die konkurrierenden Dritthändler ausstechen. Das ist unfairer Wettbewerb. 

Darum will Amazon künftig keine nicht-öffentlichen Daten mehr für den eigenen Verkauf nutzen und analysieren, die von den Verkäufen von Dritthändlern stammen und zu denen Amazon im Wettbewerb steht. 

Das heißt aber nicht unbedingt, dass Amazon künftig keine von Dritthändlern generierten Daten mehr nutzt. Wahrscheinlicher ist, dass Amazon diese Daten in irgendeiner Weise auch für Dritthändler auf dem Marktplatz öffentlich und zugänglich machen wird. Denn der Konzern bekennt sich ja nur dazu, keine „nicht-öffentlichen“ Daten mehr zu nutzen. 

Buybox: In der Buybox auf dem Amazon-Marktplatz zu landen, ist für Händler enorm wichtig. Die meisten Kunden kaufen direkt beim Händler, der in diesem Bereich angezeigt wird. Wie aber die Vergabe genau funktioniert und wie genau die verschiedenen Kriterien gewichtet werden, hält Amazon seit jeher geheim. 

Nun verspricht Amazon, dass es künftig keine Bevorzugung für Amazon-Angebote bei der Vergabe der Buybox geben soll. Die Kriterien sollen gelockert werden. Außerdem soll in der Buybox direkt auch ein zweites konkurrierendes Angebot angezeigt werden, „wenn es ein zweites Angebot gibt, das sich hinsichtlich des Preises und/oder der Lieferung hinreichend von dem ersten unterscheidet“, wie es bei der EU-Kommission heißt. Das könnte bedeuten, dass es unter dem ersten Angebot ein zweites gibt, das günstiger ist, aber eine längere Lieferzeit hat. 

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Prime: Bei Prime sollen ebenfalls die Kriterien gelockert werden, die über die Qualifikation von Händlern für die Nutzung von Prime entscheiden. Zudem sollen Prime-Verkäufer künftig frei entschieden können, welche Dienstleister sie für die Logistik und den Versand wählen. Auch die Vertragskonditionen sollen dann selbst und unabhängig ausgehandelt werden können. Amazon erklärt darüber hinaus, dass man über Prime erhaltene Informationen über Bedingungen und Leistungen von Drittanbietern nicht mehr für die eigenen Logistikdienste verwenden will. 

Online-Händler können Feedback geben

Bis 9. September will die EU-Kommission nun die Vorschläge von Amazon prüfen und dann entscheiden, ob sie ausreichen, um die Untersuchungen nach Wettbewerbsverstößen zu beenden. In diesen Entscheidungsprozess können sich auch Online-Händler einschalten. Bis zum 9. September sammelt die Kommission nämlich Feedback zu den Vorschlägen von betroffenen und interessierten Parteien. 

Die vollständigen Vorschläge Amazons kann man in englischer Sprache bei der EU-Kommission (hier klicken) einsehen. Aktuell ist noch nicht bekannt, wann die Konsultation der Online-Händler startet. Dies wird aber über die Seiten der EU-Kommission bekannt gegeben werden.

Update (20.07.2022): Amazon ist mit EU-Kommission „nicht einverstanden“

Zu den Untersuchungen und Ergebnissen der EU-Kommission erklärte eine Amazon-Sprecherin gegenüber OnlinehändlerNews: „Obwohl wir ernsthaft darüber besorgt sind, dass der Digital Markets Act Amazon und einige andere US-Unternehmen in unfairer Weise ins Visier nimmt, und wir mit etlichen Schlussfolgerungen der Europäischen Kommission nicht einverstanden sind, haben wir konstruktiv mit der Kommission zusammengearbeitet, um ihre Bedenken auszuräumen und unsere Servicebereitschaft für europäische Kund:innen und die mehr als 185.000 europäischen kleinen und mittleren Unternehmen, die in unseren Stores verkaufen, zu erhalten. Kein Unternehmen kümmert sich mehr um kleine Unternehmen oder hat in den letzten zwei Jahrzehnten mehr getan, um sie zu unterstützen, als Amazon.“

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