Analyse

Amazon-Gebühren: Händler zahlen teils die Hälfte des Verkaufspreises

Veröffentlicht: 15.02.2023 | Geschrieben von: Hanna Behn | Letzte Aktualisierung: 15.02.2023
Finger berührt Amazon-Logo dunkler Hintergrund

Vor allem kleinere Handelsunternehmen, die Amazon als Verkaufsplattform nutzen, sollen aktuell vermehrt vor der Frage stehen, ob dies für sie noch ein lohnenswertes Geschäft sei. Dies ist das Ergebnis einer Auswertung des Datenanalysehauses Marketplace Pulse, in der die Gebührenentwicklung auf dem Marktplatz seit 2016 betrachtet wurde. In die Untersuchung seien auch von Händlern abgegebene Gewinn- und Verlustrechnungen eingegangen.

Demnach seien die Kosten für Händler in den letzten sechs Jahren stetig angestiegen: 2016 seien noch etwa 35 Prozent des Verkaufspreises an Gebühren angefallen, ein Jahr später etwa 40 Prozent. 2022 hätten sie erstmals durchschnittlich bei 50 Prozent des Verkaufspreises gelegen hätten. Unter anderem deshalb würden die Margen der rund 2 Millionen Drittanbieter, die auf dem Marktplatz verkaufen, nun immer mehr dahinschmelzen.

Mehrkosten entstehen durch optionale Dienstleistungen

Diese hohen Gebühren betreffen aber lediglich jene Händler, die auch Services wie Fuflillment by Amazon (FBA) oder Amazon Advertising in Anspruch nehmen. So wurden in die Gesamtkostenrechnung von Marketplace Pulse neben der Verkaufsprovisionen bzw. der sogenannten Transkationsgebühr in Höhe von 15 Prozent auch die Gebühren für die Lagerung, Verpackung und Lieferung von Waren (20 bis 35 Prozent) sowie für Werbeausgaben (bis zu 15 Prozent) mit einbezogen.  Währen die Transaktionsgebühr konstant blieb, stiegen vor allem die Gebühren für das Fulfillment. Die Werbepreise regelt der Wettbewerb, doch „der meiste Platz auf den Bildschirmen mit den besten Umsätzen ist für Werbung reserviert, sodass Verkäufer zwangsläufig werben müssen, um eine Chance zu haben, entdeckt zu werden“, so die Einschätzung von Juozas Kaziukenas, Gründer und Geschäftsführer von Marketplace Pulse.

Sowohl bei den Werbeplatzbuchungen als auch bei der Abwicklung der Logistik handelt es sich um optionale Dienstleistungen. Diese würden Händler lediglich dann nutzen, wenn dies einen zusätzlichen Wert für ihr Geschäft darstelle, argumentiert Amazon dem US-Nachrichtenmagazin Bloomberg zufolge zu dem Thema. Beispielsweise könnten Händler 30 Prozent sparen, wenn Amazon die Logistik für sie übernehme – und das sei ein Grund, warum sich Drittanbieter für diese Option entscheiden. „Viele Vertriebspartner haben ihr Geschäft ohne Werbung aufgebaut und betrieben“, so Amazon weiter. Es gebe keine Verpflichtung, Werbeplätze zu buchen oder Fulfillment-Services in Anspruch zu nehmen. 

Rückläufiges Online-Geschäft erhöht Kostendruck

Die Gebühren, die Amazon für die Nutzung des Marktplatzes erhebt, würden die eigenen Kosten und Investitionen des Unternehmens widerspiegeln, erläuterte eine Amazon-Sprecherin in dem Zusammenhang weiter. Um die derzeitige wirtschaftliche Situation des Konzerns ist es aktuell allerdings weniger gut bestellt. Dass Amazon deshalb aktuell kräftig an seiner Kostenstruktur herumschraubt, ist kein Geheimnis:  Zum Jahresanfang wurden rund 18.000 Stellen abgebaut, weniger lukrative Business-Bereiche eingestellt und Preise, etwa für die Prime-Mitgliedschaft, erhöht. Hierzulande wurde gerade auch der Mindestbestellwert für den Gratisversand angehoben. Auch die Mindestbestellsumme sowie die Liefergebühren für Amazon Fresh wurden angepasst.

 

Der gesamte Online-Handel ist darüber hinaus von einem rückläufigen Trend betroffen. So gingen fast in der gesamten Branche die Umsätze in den letzten Monaten merklich zurück, nachdem sich nach der Aufhebung coronabedingten Lockdowns und Maßnahmen das Einkaufsverhalten wieder normalisierte. Die derzeit schwierige Marktsituation mit hohen Energiepreisen und der Inflation erhöhen den Kostendruck zusätzlich.

Herausforderung für kleinere Handelsunternehmen

„Amazon könnte versucht sein, die Gebühren weiter zu erhöhen, weil es sich in einer schwierigen Lage befindet, aber es muss eine Art Gleichgewicht erreicht werden“, erläuterte der Datenanalyst Juozas Kaziukenas gegenüber Bloomberg. Gerade kleinere Unternehmen, die auf dem Marktplatz verkaufen, hätten es seiner Ansicht nach in der aktuellen Situation aber insgesamt schwer, profitabel zu wirtschaften, „weil sie immer mehr Geld für Amazon-Gebühren ausgeben“. Sie müssten bereits abwägen, ob sie beispielsweise selbst wieder den Versand übernehmen oder auch weniger Geld für Werbung auf dem Marktplatz investieren. Ob sie auf diese Weise wiederum mit der Konkurrenz mithalten können, gilt es aber immer wieder abzuwägen.

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