Gastartikel

Amazon FBA: Warum man beim Start auf Handelsware aus Europa setzen sollte

Veröffentlicht: 13.11.2019 | Geschrieben von: Gastautor | Letzte Aktualisierung: 22.11.2022
Produkte in einem Paket

Obwohl die goldenen Zeiten für Einsteiger in den Online-Handel vorbei sind, gibt es noch immer viele Interessierte, die sich mit Amazon FBA, Facebook-Shops oder Dropshipping ein zweites Standbein neben ihrem Angestellten-Dasein aufbauen wollen. Eine der Kernfragen ist dann häufig: Mit welchem Produkt soll ich starten?

Erster grundsätzlicher Ratschlag von allen Experten: Startet zuerst mit Handelsware. Denn bevor sich ein Händler auf den Weg „Eigenimport und Gestaltung eines Private Labels“ macht, sollte er ausreichend Erfahrung als Händler dieser Produktgattung haben. Zuerst sollte man also immer auf den Einkauf in Europa setzen und prüfen, welche Anforderungen die Kunden an die Produkte stellen, wo mögliche Verbesserungsstellen sind und welche Probleme es bei der Qualität geben kann. 

Schließlich gibt es auch so im ersten Schritt genug zu lernen: Was muss ich beachten, wenn ich mich nebenberuflich selbstständig mache? Wie funktioniert der Online-Handel – und speziell der Handel bei Amazon? Welche Voraussetzungen erwartet Amazon bei der Anlage eines bestimmten Produkts? Je nach Kategorie unterscheidet sich dies.

Warum Handelsware?

Handelsware ist, im Gegensatz zu speziell für einen Kunden entwickelten Produkten, bereits komplett fertig entwickelt und ausgetestet. Die meisten Produkte auf Alibaba sind im eigentlichen Sinne Handelsware – und in den meisten Fällen besteht ein Private Label daraus, dieser Handelsware ein individuelles Logo aufzubringen. Ziel dieser Aktion ist es, ein einzigartiges Listing bei Amazon zu generieren, an das sich keine Wettbewerber anhängen können, die dann den Preis kaputt machen.

Der Vorteil von Handelsware gegenüber einer kundenindividuellen Produktion: Je nach Produktgruppen und Frachtmöglichkeiten muss – egal wie produziert wird – eine deutlich höhere Menge gekauft werden. Ein hohes Risiko, wenn man bedenkt, dass der Auftraggeber sich mit dem entsprechenden Produkt noch gar nicht auskennt.

Auch erfahrene Online-Händler starten deshalb in neuen Produktgruppen immer mit Handelsware aus der EU. Damit können sie sofort erkennen, welche Zertifikate erfahrene Importeure nachweisen und sammeln außerdem Erfahrungen mit den Produkt- und Kundenfeedbacks. Sie erkennen, welche Anforderungen Kunden an die Produkte haben, wie groß die Marktnachfrage ist, welche Preisniveaus am Markt durchsetzbar sind und welche Features Probleme machen. Diese sind dann Grundlage von Produktinnovationen bei eigenen Entwicklungen. Der angenehme Nebeneffekt: Für immer mehr Kategorien erwartet Amazon zur Freischaltung eine Lieferantenrechnung als Beleg. Dafür eignen sich die Rechnungen der europäischen Hersteller und Importeure allgemein besser als eine chinesische.

Warum aus Europa?

Wenn sich ein Online-Händler für den Import aus China entscheidet, muss er beachten, dass er damit zum Quasi-Hersteller wird. In vielen Segmenten gibt es zum Schutz des europäischen Verbrauchers gesetzliche Vorschriften und Verordnungen, die ein Produkt, das in die EU eingeführt werden soll, erfüllen muss. Beispielsweise bei Elektrogeräten, Spielwaren oder auch Produkten, die mit Lebensmitteln oder dem menschlichen Körper in direkten Kontakt kommen. Gibt es derartige Regularien für eine Produktgruppe, dann muss der Importeur anhand einer Konformitätserklärung darlegen, dass das importierte Produkt den Vorschriften entspricht („konform ist“). Am Produkt selbst wird das CE-Zeichen angebracht, um das Erfüllen der Vorschriften offen zu zeigen.

Beim Import in die EU prüft die zuständige Zollstelle, ob das Produkt diese Verordnungen erfüllt. Der Importeur ist dafür verantwortlich, all diese Verordnungen einzuhalten und haftet in diesem Zusammenhang auch für spätere Schäden, die das Produkt verursacht.

Der Importeur sollte sich also vorher darüber informieren, welche Nachweise, Zertifikate und Kennzeichnungen die Produkte benötigen. 

Kauft der Online-Händler die Produkte dagegen in Europa ein, dann ist hierfür der Importeur zuständig. Der erfahrene Importeur kennt sich mit den ganzen Regeln und Vorschriften aus und weiß genau, was er testen lassen muss. Und wenn es später ein Problem mit einem Produkt gibt, kann der Händler den Importeur in Regress nehmen.

Wie sieht das ideale Einstiegsprodukt aus?

Es gibt eine ganze Menge an Voraussetzungen an ideale Produkte für den Online-Handel mit Amazon. Im Idealfall handelt es sich um ein Produkt, das es bislang auf Amazon noch nicht gibt  – und das sind viel mehr als man denkt. Sucht deshalb nach Produkten, die es noch nicht auf Amazon gibt und erstellt damit euer eigenes Listing. Eine gute Möglichkeit hierfür sind ausländische Lieferanten, die bei den deutschen Händlern noch kaum vertreten sind. Damit habt Ihr ein eigenes Listing (sogar mit der Original-EAN des Herstellers) und seid nicht im Preiswettbewerb mit vielen Konkurrenten. Auf der Großhandelsplattform zentrada sind über 60 Prozent der Produkte von Anbietern aus dem EU-Ausland.

Für fortgeschrittene Händler eignet sich dann auch die Möglichkeit von Produkt-Bundles. Dazu kreiert der Online-Händler ein neues Set aus bereits vorhandenen Produkten. Beispielsweise ein Federhalter im Paket mit der Tusche. So erschafft er sein eigenes Listing, für das er keine Konkurrenz hat. Nötig dazu ist Kreativität und – zumindest auf den meisten Marktplätzen – eigene EAN-Nummern.

Achtet auch auf die Produktmaße und das Preis-Leistungsverhältnis. Das ideale Produkt für Amazon FBA ist klein und leicht, denn dann fallen wenig Versand- und Lagerkosten an. Außerdem sollte es nicht zu billig sein, die unterste Preisschwelle (Brutto-Verkaufspreis) ist 10 Euro, darunter werden aufgrund der Pauschalgebühren von Amazon die Margen zu schwierig. Natürlich gibt es auch viele günstigere Produkte auf dem Marktplatz, mit denen Händler auch Geld verdienen, doch für den Start ist ein Produkt zwischen 15 und 20 Euro ideal. 

Ist Dropshipping eine einfache Alternative?

Aktuell ist das Thema Dropshipping mal wieder als die Methode für das schnelle Geldverdienen im Gespräch. Aus diesem Grund wollen wir dieses Thema hier auch kurz beleuchten.

Dropshipping bedeutet, dass der Händler, der ein Produkt an einen Kunden verkauft, dieses ihm nicht direkt schickt. Stattdessen schickt der Händler einen Auftrag an den Produzenten, der dieses dann direkt an den Kunden verschickt. Der Vorteil für den Händler: Er muss die Ware nicht auf Lager nehmen und vorfinanzieren. Dafür erhält im Gegenzug der Hersteller einen Serviceaufschlag für das Versenden von einzelnen Aufträgen. Der Nachteil des Systems: Der Händler hat die Ware selbst nie in den Händen, kann also weder die Qualität des Produkts prüfen, noch weiß er genau, was der Hersteller verschickt hat.

In Zusammenhang mit Dropshipping aus Asien kommen auf den Hersteller die gleichen Pflichten zu wie beim normalen Import. Auch hier ist der Händler der Inverkehrbringer der Ware und haftet für eventuelle Schäden. In der Regel wird Asien-Dropshipping nur mit günstigen Produkten betrieben, die beim Zoll nicht auffallen und deshalb einfach so durchgehen. Ein seriöser Händler sollte Dropshipping nur mit Lieferanten betreiben, die absolut zuverlässig sind und die Prozesse im Vorfeld abstimmen. Häufig wird Dropshipping als Sortimentsergänzung betrieben. Dann nimmt der Händler sein Kernsortiment und die Produkte, die häufig verkauft werden, auf Lager. Den Rest bietet er dann im Dropshipping-System mit wenig Risiko an.

Zwei gute Start-Strategien

Private Label light

Beim Stichwort Private Label denken viele Amazon Händler intuitiv an das Sourcing in China. Die Risiken, die damit verbunden sind, haben wir bereits beschrieben. Mit einer geschickten Kombination aus Handelsware und Kreativität können auch Einsteiger den Weg ins Private Label finden. 

Zu Beginn setzt der Online-Händler dabei auf No-Name-Handelsware, bringt dort beispielsweise sein eigenes Logo an und listet mit seinen eigenen EANs. Die Mindestbestellmengen sind hierbei regelmäßig überschaubar, so dass das finanzielle Risiko kalkulierbar ist und das Produkt schlank im Markt getestet werden kann. Aus den Erfahrungen kann der Online-Händler Produktverbesserungen entwickeln und diese entweder mit dem erfahrenen Importeur oder direkt in China verwirklichen.

Die Trendsetter-Strategie

Einzigartigkeit muss man aber nicht immer mit einem eigenen Label erreichen. Und seien wir mal ehrlich: Der Kunde erkennt mittlerweile sehr schnell, ob es sich um eine echte Marke handelt oder nur die gleichen Produkte unter einem anderen Namen angeboten werden. Eine bessere Möglichkeit ist deshalb das permanente Setzen auf neue Produkte. 

Jedes Produkt hat einen Produktlebenszyklus, der aus Einführung, Wachstum, Höhepunkt und Abschwung besteht. Im Online-Handel ist dieser Lebenszyklus deutlich ausgeprägter und schnelllebiger als im stationären Handel. Das kann man beispielsweise an den Fidget Spinnern im Jahr 2017 sehr gut sehen. Im Online-Handel waren die Spinner bereits Ende 2016 erhältlich und wurden dort auch gut verkauft. Im Frühjahr 2017 waren sie im Online-Handel nicht mehr rentabel zu verkaufen, die Preise waren bereits verfallen. Erst da ist der Stationärhandel auf diese Produkte gekommen und die Kunden standen Schlange um einen zu erhalten. Ein reiner Online-Händler muss deshalb auf einen neuen Trend sehr früh aufspringen und dann schnell liefern. Ansonsten läuft er Gefahr, dass er am Ende auf Restmengen sitzen bleibt.

Viele Online-Händler suchen sich bei erfahrenen europäischen Importeuren regelmäßig die neuen Produkte heraus, listen diese neu bei Amazon und sobald die Nachahmer kommen und der Preiskampf beginnt, suchen sie sich wieder neue Produkte.

Wo finden neue Onlinehändler Handelsware aus Europa?

Zentrada.de: Europäische Beschaffungsplattform für Händler (stationär wie online) im Bereich Konsumgüter. Alle Produkte wurden bereits in die EU importiert. Interessant für Händler, die Handelsware ohne eigene Entwicklungsarbeit verkaufen möchten. Über 60 Prozent der Produkte auf dem deutschen Marktplatz kommen aus dem EU-Ausland. 

Messen: Deutschland ist ein Messeland. Es gibt für fast jeden Fachbereich eine Fachmesse in Deutschland. Einen Überblick gibt es unter www.messen.de Beispielsweise im Bereich Dekoration und Haushaltsartikel die Frankfurter Messen Ambiente und Christmasworld oder – etwas breiter – in Köln die Internationale Aktionswarenmesse IAW.

Über die Autorin

zentrada martinaschimmel

Martina Schimmel (Dipl.-Kfm.) ist Deutschland-Managerin der Beschaffungsplattform zentrada und damit bei dem europaweiten Großhandels-Marktplatz für die Betreuung der deutschen Lieferanten sowie Einkäufer verantwortlich. Die gelernte Journalistin beschäftigt sich seit Jahren mit den innovativen Themen des Handels. Als nebenberufliches Hobby betreibt sie das Schneekugelhaus und kennt damit auch die Themen Asien-Import, Vertrieb über Online-Shop und Amazon FBA sowie den Aufbau eines Handelsvertriebs aus eigener Erfahrung.

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