Interview mit Steuer-Experte Christian Deák

So können Online-Händler eine Betriebsprüfung angehen

Veröffentlicht: 16.10.2020 | Geschrieben von: Markus Gärtner | Letzte Aktualisierung: 16.10.2020
Hand mit Stift und Unterlagen

Online-Händler müssen durch die Mühlen der Bürokratie, auch Betriebsprüfungen können unter Umständen dazugehören. Steuer-Experte Christian Deák erklärt im Interview, wie Online-Händler eine solche Prüfung bestehen, wo die größten Fehler liegen und mit welchen Tools Händler generell ihre Buchhaltung vereinfachen können.

OnlinehändlerNews: Die Betriebsprüfungen nehmen stetig zu, gerade auch bei Online-Händlern. Dabei kann es durch das zuständige Finanzamt teils zu empfindlichen Nachzahlungen kommen. Warum ist eine solche Prüfung gerade für den E-Commerce so brisant?

Christian Deák: Kaum ein Bereich kann so schnell automatisieren und skalieren wie der Online-Handel. Das Problem hierbei aber ist, dass durch die starke Skalierbarkeit und Automatisierung sich auch sämtliche Fehler Eins zu Eins vervielfachen. Ein Betriebsprüfer hat hier ein leichteres Spiel und kann einen gefundenen Fehler direkt auf alle folgenden Vorfälle anwenden.

Steuer-Risiko bei grenzüberschreitendem Verkauf

Was sind denn häufige Fehlerquellen, können Sie das einem Beispiel erläutern?

Grundsätzlich kann gesagt werden, dass, sobald ein Verkauf oder ein Einkauf grenzübergreifend stattfindet, dieser ein erhebliches steuerliches Risiko birgt.

Wenn ein Online-Händler zum Beispiel auf verschiedenen Plattformen handelt, unterliegt er möglicherweise einer doppelten Steuerpflicht in den jeweiligen Ländern. Sobald der Mandant im Ausland steuerpflichtig wird (z.B. bei einer Lieferschwellen-Überschreitung oder durch ein PAN-EU-/CEE-Verfahren) und seine inländische Rechnungsschreibung nicht ändert (das heißt, er schreibt weiterhin deutsche Umsatzsteuer auf die Rechnung), so schuldet er die zu Unrecht ausgewiesene und die im Ausland bislang nicht abgeführte Steuer. Somit verkauft er sich mit jedem Vorgang in seine eigene Insolvenz. Wir wissen, dass dies in der Praxis ein sehr häufiger Fehler ist und leider viel zu oft vorkommt.

Wie können Online-Händler sich absichern?

Verschiedene Tools und Dienstleister können nicht nur den alltäglichen Aufwand reduzieren, sondern für Usability und die dringend notwendige Rechtssicherheit sorgen. Die Tools ermöglichen es zum Beispiel, die oftmals Tausende von Rechnungen per Mausklick an den Steuerberater zu übertragen und so vorzukontieren, dass die Masse an Belegen überhaupt abgearbeitet werden kann.

Manche Tools erkennen auch Sachverhalte, die ein Steuerberater nie sehen kann: Wir können z.B. nicht erkennen, ob Amazon verschiedene Warenlager in der EU bestückt („innergemeinschaftliches Verbringen“ und damit einhergehende Steuerhinterziehung im Ausland) oder ob Umsatzsteuer-ID-Nummern zum Zeitpunkt einer Lieferung vorgelegen haben und demnach auch die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung vorgelegen hat etc.

Gefahren im Online-Handel bei der innergemeinschaftlichen Verbringung

Gerade der Tatbestand der innergemeinschaftlichen Verbringung nimmt beim B2C-Geschäft immer häufiger zu. Der Kunde aktiviert bei Amazon z.B. das PAN-EU-oder CEE-Verfahren, bestätigt, dass ausländische Warenlager mitbenutzt werden dürfen und versendet somit automatisch (ohne sein Wissen) Waren in andere Warenlager – das heißt Länder! Er verkauft noch nichts, muss jedoch trotzdem Umsatzsteuer bezahlen, da die „innergemeinschaftliche Verbringung“ einem tatsächlichen Verkauf gleich steht.

Mit den entsprechenden Tools kann man außerdem die Lieferschwellen überwachen, das so genannte Reverse-Charge-Verfahren (der Kunde muss die Steuer des Leistungserbringers bezahlen) erfassen und noch vieles mehr.

Worauf sollten Online-Händler bei solchen Tools achten?

Alle Dinge im Einzelnen betrachtet sind nicht schwer, die Summe des Ganzen macht es jedoch unmöglich sich darum zu kümmern. Daher sollten Online-Händler sich darauf konzentrieren, ein digitales und rechtssicheres Setup mit einem Steuerberater aufzubauen.

Neben dem Aufbau eines solchen Setups ist es für den Alltag sehr nützlich, wenn die Programme untereinander auch kommunizieren können und man Belege weiterreichen kann. So sollten digitalisierte Belege etwa direkt im Anschluss an den ausgeführten Scan an den Steuerberater übertragen werden können. Wenn beide Seiten in der gleichen digitalen Welt unterwegs sind, werden viele Probleme und Risiken angesprochen, die ein analoger Steuerberater oft gar nicht kennt.

Tools für Buchhaltung im Online-Handel: Taxdoo, Lexoffice, FastBill

Würden Sie ein bestimmtes Tool als Must Have für Online-Händler empfehlen?

Für den Rechnungsausgang würde sich z.B. Taxdo anbieten. Ohne ein solches Programm könnten wir die Masse an Rechnungen, die unsere Mandanten verschicken, weder buchen noch überblicken. Zudem bietet dieses Programm die Möglichkeit die Lieferschwellen zu überwachen und demnach auch Steuerregistrierungen im Ausland anzustoßen und sogar durchzuführen.

Für den Rechnungseingang könnten Händler auf Lexoffice oder FastBill zurückgreifen. Die beiden Tools unterscheiden sich zwar, jedoch ist das Ergebnis am Ende immer gleich: Die digitalisierten Belege werden nach dem Scanvorgang mit wenigen Klicks an den Steuerberater übertragen. Der Vorteil: Es muss nichts mehr ausgedruckt und zum Steuerberater gebracht werden, die Belege bleiben im Unternehmen.

Christian Deák

Man kennt es aus dem stationären Handel oder kleineren Betrieben, dass dort teils noch wenig digitalisiert ist – gibt es das auch noch oft im E-Commerce?

Ja, obwohl viele Kunden glauben, komplett digital zu arbeiten, werden zum Beispiel trotzdem noch Rechnungen ausgedruckt und zum Steuerberater gebracht. Hier lauert eine Gefahr, denn Rechnungen müssen stets in ihrer ursprünglichen Form aufbewahrt werden - also in der digitalen Version. Daher sollte die Buchhaltung so abgeändert werden, dass digitale Belege direkt mit der Buchhaltung verschweißt und demnach automatisch aufbewahrt werden können. Hier schlägt man somit zwei Fliegen mit einer Klappe.

Über den Interviewpartner:

Christian Deák ist Steuerberater und Geschäftsführer der digitalen Steuerberatungsgesellschaft DHW, zertifizierter Berater für Online-Handel / E - Commerce sowie Dozent für Steuerrecht.

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