Marketingstrategien fürs Weihnachtsgeschäft

„Die Kommunikation mit den Kunden entscheidet über Erfolg oder Probleme“

Veröffentlicht: 28.09.2022 | Geschrieben von: Hanna Behn | Letzte Aktualisierung: 28.09.2022
Person am Laptop Online-Shopping zu Weihnachten

Nur noch 87 Tage sind es bis zum 24. Dezember – und bis dahin sollen nicht nur die passenden Geschenke unter dem Baum liegen. Für Handelsunternehmen ist das Jahresendgeschäft die wichtigste Zeit des Jahres, um gute Umsätze einzufahren. Doch diese Aufgabe wird für sie in diesem Jahr alles andere als leicht. Sicher, eine gewisse Krisenstimmung ist man durch die Corona-Pandemie gewöhnt, auch damit einhergehende Lieferengpässe sind nichts gänzlich Neues. 

Doch aufgrund der Sorge vor einer Rezession, einer voraussichtlichen Inflationsrate von rund zehn Prozent sowie enormer Kostensteigerungen für Energie halten die Leute ihr Geld zusammen. Der Fokus des Einkaufens verschiebt sich, Konsum wird eher Notwendigkeit als Vergnügen. Die Händler haben teils volle Lager, weil sie mit einem anderen Saison-Verlauf gerechnet hatten, die sie in der aktuell angespannten Konsumstimmung veräußern müssen. Gleichzeitig war und ist es in wegen Lieferkettenstörungen schwieriger, Produkte überhaupt zu beschaffen.

Welche konkreten Herausforderungen gilt es zu meistern und welche Maßnahmen könnten nun helfen, um sich im Weihnachtsgeschäft gut aufzustellen? Darüber haben wir mit verschiedenen Akteuren aus der E-Commerce-Branche gesprochen.

„Die Warenbestellung ist wie ein Lottospiel“

Noch immer wirkt sich die Corona-Pandemie stark auf Einkauf und Logistik aus: Für die Mehrheit der Händler stellen sowohl Beschaffungs- als auch Versandprobleme sowie die anhaltende Rohstoffknappheit weiterhin massive Hürden im täglichen Geschäft dar. Aber auch der Ukraine-Krieg führte bei einem Großteil der Händler zu Beeinträchtigungen bei Logistikprozessen und beim Absatz im Allgemeinen, wie eine kürzlich durchgeführte Logistik-Umfrage ergab, deren Ergebnisse im aktuellen Händlerbund-Branchenreport zusammengefasst sind.

Ein Online-Händler führt die Probleme gegenüber OnlinehändlerNews genauer aus: „Waren bei einem deutschen Großhändler zu bestellen, ist derzeit ein Lottospiel hinsichtlich Verfügbarkeit oder avisierter Liefertermine, die gegebenenfalls auch kurzfristig verschoben werden“, berichtet er. Lieferzeiten seien „unkalkulierbar“, Verzögerungen würden „ständig“ auftreten. Auf manch bestellte Artikel warte er zwar nur eine Woche, doch es könnten auch Monate vergehen, bis eine Lieferung erfolge. Hinzu kämen Preiserhöhungen, die statt nur etwa zweimal im Jahr derzeit etwa alle 14 Tage erfolgen würden. Im internationalen Geschäft wären gar Preissprünge von 100 Prozent keine Ausnahme. 

Wenn Großhändler neue Container mit Waren erhalten, so teilen sie hierzu bereits mit, dass rund 80 Prozent davon schon verkauft seien und Händler nun zügig bestellen müssten. Doch für eine größere Bevorratung reicht der Platz nicht: „Als Kleinunternehmer haben wir nur ein begrenztes Warenlager zur Verfügung, können somit nur immer wieder hoffen, dass wir Waren bekommen“, erklärt der Händler. Teils greift er deshalb auch auf das Direktlieferangebot seines Großhändlers zurück – verzögert sich dort aber die Lieferung der Ware, muss das direkt an die Kundschaft kommuniziert werden.

Das ist nicht nur unangehm, sondern zieht weitere Nachteile mit sich: „Viele Artikel haben wir schon aus dem Angebot herausgenommen, Bestands- und Neukunden informiert, dass wir nur noch Tagespreise anbieten bzw. Angebote nur zeitlich sehr begrenzt aufrechterhalten können“. Und all das stelle neben steigenden Versandkosten, Verpackungslizenzierung, Ausgaben für Verkaufsmessen sowie Sprit und Energie nur einen Teil der Belastungen für die Unternehmen dar. „Uns Händlern stellt sich die Frage, wie lange wir das überleben können, das Wasser steht uns bis Unterkante-Oberlippe und nicht mehr nur bis zum Hals“, resümiert der Geschäftsführer.

Händler sollten jetzt nur bewerben, was auch tatsächlich vorrätig ist

Um solche Schwierigkeiten meistern zu können, müssen Unternehmen vor allem in der eigenen Vermarktung und Werbung für ihre Produkte geschickt agieren, raten Lieferkettenexperten

Doch wie sieht denn das richtige Marketing aus? „Die wichtigste Voraussetzung für ein gutes Weihnachtsgeschäft liegt in diesem Jahr in einem gut gefüllten Lager. Lieferverzögerungen, Lieferausfälle und weitere Preiserhöhungen werden denen das Leben schwermachen, die nur das abrufen, was bereits von den Kunden bestellt wurde“, weiß Markus Burgdorf von der Werbeagentur Aufgesang.

„Das bedeutet aber auch, dass sowohl in Werbung als auch in der produktbezogenen Öffentlichkeitsarbeit die Nachfrage nur für die Artikel stimuliert werden sollte, die man tatsächlich im Lager hat. So ist man sicher vor Überraschungen. Denn ein Weihnachtsgeschenk, das nicht rechtzeitig vor dem Fest geliefert werden kann, erzürnt die Kunden und führt in der Folge zu negativen Bewertungen“, warnt der auf den Online-Handel spezialisierte PR-Profi und rät Händlern, nach besten Möglichkeiten dafür zu sorgen, dass ihre Bestseller auch wirklich in ausreichender Anzahl vorhanden sind. Werbemaßnahmen sollten zudem immer wieder an den aktuellen Produktbestand angepasst werden. „Dafür ist eine kontinuierliche Beschäftigung mit den Anzeigen bzw. die Betreuung der laufenden Werbekampagnen nötig.“

Wenn es im naturgemäß hektischen Weihnachtsgeschäft dennoch zu Problemen kommt, helfen eine besonders zeitnahe Information und das unmittelbare Angebot eines verfügbaren Alternativproduktes, rät der Fachmann. „Die Kommunikation mit den Kunden entscheidet hier über Erfolg oder Probleme. Ein gut informierter Kunde fühlt sich gut betreut und ernst genommen.“

Auch in diesem Jahr können Händler ein gutes Geschäft machen

Die Kommunikation und Werbemaßnahmen rund um die Lieferprobleme sind das eine. Doch mehreren Studien zufolge ist die Kauflaune aktuell stark eingetrübt. „Der E-Commerce hat im Frühjahr und Sommer darunter gelitten, dass die Menschen wieder das Einkaufserlebnis im stationären Handel spüren und erleben wollten. Verbunden mit der Inflation, den extrem gestiegenen Kosten für Energie und der allgemeinen Unsicherheit über die weitere Entwicklung haben sich die Verbraucher dann ab August mit Anschaffungen und dem Geldausgeben insgesamt zurückgehalten“, fasst Burgdorf zur derzeitigen Konsumstimmung zusammen.

Doch er ist optimistisch: „Ich sehe durchaus einen Nachholeffekt. Die Verbraucher*innen haben im Herbst weniger Geld ausgegeben und es ist zu erwarten, dass das Weihnachten 2022 für den Handel ein gutes Geschäft wird.“ Zwar werden die Leute noch eine Weile stark ihre Ausgaben im Blick haben. „Ich denke aber, dass zu Weihnachten davon abgewichen werden wird. Wer in den letzten Monate besonders sparsam war, wird sich und seinen Lieben nun etwas gönnen wollen. Und genau das ist die Chance für den Handel und die Hersteller“, so der Marketingexperte.  

Werbemaßnahmen wie Medienkooperationen, Website-Platzierungen und Geschenktipps – in Verbindung mit Social Media und einem klaren Bezug zum Thema „Weihnachten“ und „Geschenke“ – ließen sich mit wenigen Wochen Vorlauf noch realisieren. Einige Tipps dazu hat seine Agentur in einem PR-Leitfaden zusammengestellt.  Mit Performance-Marketing, zum Beispiel über Google Ads, Meta und Amazon sowie Preisvergleichsplattformen und über alle Feed-basierten Werbeformen könne man ausgewählte Produkte nun sehr gezielt bewerben.

 

Retouren? Wie Händler schon jetzt vorsorgen können 

Wird viel bestellt, wird oft auch vieles zurückgegeben. „Damit das Weihnachtsgeschäft durch Retouren nicht zum Verlustgeschäft wird, sollten Händler schon jetzt vorsorgen“, rät Anton Eder, Co-Founder und COO von der Versandplattform parcelLab. Einerseits sei das durch kundenfreundliche, einfach Prozesse bei der Rückgabe möglich. Dies können etwa  Retourenportale leisten. „Das wäre aus vielerlei Hinsicht nachhaltig, da es auch Papier und Tinte für die Rücksendeunterlagen spart und so die Umwelt entlastet. Ein weiterer Aspekt, mit dem Händler punkten können“. Andererseits dürften sich Händler auch trauen, für Rücksendungen eine Gebühr zu nehmen, meint er: „Denn wie wir in unserer Retouren-Studie herausgefunden haben, sind Verbraucher durchaus bereit, unter gewissen Umständen die Rücksendekosten mitzutragen. Das sorgt zumindest händlerseitig für eine Teil-Entlastung“.  

Oliver Lucas, Gründer und Inhaber des E-Commerce-Strategieberatungsunternehmens Ecom Consulting hebt hervor, dass Retouren auch als Kundenbindungsinstrument dienen können, „wenn Händler hier – wie auch in der gesamten Customer Journey ­– kundenzentriert agieren“. Das lasse sich etwa realisieren, indem das Retourenlabel ganz einfach per Download im Shop verfügbar ist oder Kunden für das Nicht-Retournieren der Ware belohnt werden. „Wer die Rückgabefrist ab Black Friday bis Mitte Januar verlängert, handelt auch im Interesse der Kunden“, so Lucas Tipp. Wer außerdem zusätzlich im Shop zu Sammelbestellungen motiviere, könne auch seinen Umsatz ankurbeln – „zum Beispiel über kostenlose Lieferungen ab einem Mindestbestellwert und durch saisonal optimierte Empfehlungen für Zusatzartikel im Checkout“, so der Handelsberater.   

Lieferzeit: Händler sollten auf mehrere Versandoptionen setzen

Neben der Kommunikation rund um das eigentliche Produkt ist es wichtig, dass auch der Versand reibungslos verläuft – und immer wieder Wert darauf gelegt wird, dass die passenden Informationen zur richtigen Zeit verfügbar sind. 

Grundsätzlich müssen sich Händler rund um den Versand in diesem Jahr mehrerer Trends bewusst sein, erläutert Rob van den Heuvel, Mitbegründer und CEO des Versanddienstleisters Sendcloud: „Zum einen erwarten Kund*innen, dass Lieferungen flexibel sind. Das äußert sich auch in dem Wunsch, die Lieferzeit nach dem Versand zu ändern sowie Zustellung am nächsten Tag, zu einer bestimmen Zeit und am Wochenende zu erhalten“. Gerade die jüngeren Zielgruppen bevorzugen zusätzlich Einkaufsmöglichkeiten, die eine nachhaltige Lieferoption anbieten.

 „Da eine positive Liefererfahrung grundlegend für die Entscheidung der Kund*innen ist, ob sie einen Online-Shop wieder nutzen, empfehlen wir Retailern, ihre Erwartungen zu erfüllen, indem sie eine Vielzahl von Lieferoptionen zur Verfügung stellen“, so van den Heuvel. In dem Händler auf eine Multi-Carrier-Strategie setzen, ließen sich Angebote verschiedener Spediteure, die bei manchen von der Liefergeschwindigkeit, bei anderen vom -volumen abhängig sind, kombinieren und Versandoptionen optimieren. „Wenn Spediteur A Schwierigkeiten hat, ein Lieferdatum einzuhalten, kann Spediteur B einspringen, um eine termingerechte Lieferung zu garantieren. Flexibilität ist der Schlüssel, um sowohl die Kosten für Einzelhändler*innen zu senken als auch den Kund*innen ein positives Erlebnis zu bieten“, erklärt der Logistikexperte. 

Durch eine gute Versanderfahrung können Kunden zu Stammkunden werden

Kundinnen und Kunden sollten rund um den Paketstandort und das voraussichtliche Lieferdatum zudem stets gut auf dem Laufenden gehalten werden, so der Sendcloud-CEO. Dem pflichtet auch Anton Eder von ParcelLab bei: „Wer eine gute Versanderfahrung bietet, hat gute Chancen, aus Käufern Stammkunden zu machen. Und genau in dieser Käufergruppe liegt das größte Umsatz-Potential. Daher ist es wichtig, eine relevante, individuelle Kommunikation mit den Kunden auch nach dem Kauf zu führen.“ Dazu zählen neben Lieferzeiten oder -verzögerungen – was gerade vor Weihnachten essenziell ist – auch Hinweise zum Retourenstatus. „Kunden wünschen sich, dass Händler sie auf dem Laufenden halten, was Ihre Bestellung angeht, wie sich in Studien immer wieder zeigt – und diese Wünsche sind leicht zu erfüllen.“

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