Butter bei die Fische – Dr. Roger Gothmanns Finance Corner

Auch in Hochinflationszeiten gilt: Marge sichern!

Veröffentlicht: 25.10.2022 | Geschrieben von: Gastautor | Letzte Aktualisierung: 25.10.2022
Dr. Roger Gothmann

Als Online-Händler erfolgreich zu sein, heißt vor allem eine gute Marge zu haben. Doch die gerät aktuell zunehmend unter Druck. Plötzliche und heftige Preiserhöhungen sorgen dafür, dass Online-Händler sich noch stärker auf die Themen Preisgestaltung und Finanzbuchhaltung fokussieren müssen. 

Es kommt derzeit einiges zusammen: Lieferengpässe, Inflationsdruck, Kaufkraftverlust. Die Kombination aus anhaltend hoher Inflation und abflauender Konjunktur stellt viele Online-Händler vor große Herausforderungen. Sie müssen ihre Preise häufiger neu kalkulieren, als ihnen lieb ist. Und jeder weiß: Im Online-Handel gleicht die Kalkulation konkurrenzfähiger Preise einem Balanceakt. 

Viele Händler achten bei der Preisgestaltung zunächst auf Umsätze und Verkaufszahlen, nicht auf die Marge. Doch damit laufen sie Gefahr, mit einzelnen Produkten Geld zu verlieren, ohne es zu merken. Um das zu verhindern, sollten Online-Händler ihre Finanzzahlen im Griff haben. Und exakt analysieren, welche Produkte gut laufen – und bei welchen sie draufzahlen.

Eine saubere Finanzbuchhaltung ist dafür essenziell. Entscheidungen „aus dem Bauch heraus“ führen häufig zu unnötigen Margenverlusten. Unnötig deshalb, weil im Online-Handel permanent große Datenmengen erzeugt werden. Viele Händler sitzen quasi auf einem Datenschatz. Wer es schafft, diese Daten konsistent abzubilden und mit Blick auf definierte Unternehmensziele auszuwerten, ist klar im Vorteil. 

KPIs im Blick behalten

Hierzu gehört die fortlaufende und automatisierte Analyse wichtiger Key Performance Indicators (KPIs). Zu den KPIs, die ein Online-Händler definitiv im Blick haben sollte, zählt die Marge. Sie signalisiert, wie erfolgreich der Händler wirtschaftet. Die absolute Marge (im Handel die Differenz zwischen Verkaufspreis und Einkaufspreis) entspricht dem Deckungsbeitrag. Dieser dient zur Deckung der Fixkosten und beinhaltet im besten Fall auch einen Teil des Gewinns. 

Das Problem: Produkte mit negativer Marge können für den Online-Händler auf Dauer gefährlich werden. Finanzielle Analysen helfen, diese Produkte zu ermitteln – und sie entweder aus dem Sortiment zu entfernen oder bei der Marge gegenzusteuern. Die einfachste Lösung, die Marge eines Produkts zu sichern, sind Preiserhöhungen. Auf den ersten Blick bietet das hochinflationäre Umfeld dazu eine gute Gelegenheit. Doch vor allem kleinere Online-Anbieter dürften sich mit Preiserhöhungen schwertun; sie befinden sich in einem permanenten Preiskampf mit der Konkurrenz.

Auch hier kann Automatisierung helfen: Mit IT-Tools lassen sich Produktpreise am Markt überwachen und vergleichen. Mithilfe der Daten können Online-Händler ihre Preise justieren, etwa mit Blick auf die Verfügbarkeit der Waren. Doch auch mit automatisierter Unterstützung gilt: Online-Händler sollten immer eine (Mindest-)Marge für ihre Produkte definieren. Und über ihr Financial Controlling in Echtzeit überwachen, um Liquiditätsengpässe zu vermeiden. 

Existenzgefährdende Entwicklung verhindern

Ein Blick in die Halbjahresbilanzen 2022 zeigt, warum. Dort ist vielfach von steigenden Umsätzen bei gleichzeitig sinkenden Margen zu lesen. Für Unternehmen aus der Auto- oder Pharmabranche ist das vielleicht kein Problem. Für Online-Händler kann diese Entwicklung jedoch schnell existenzgefährdend werden. Zählt doch die Händlermarge in Deutschland im europäischen Vergleich ohnehin zu den niedrigsten. 

Gerade in diesen turbulenten Zeiten mit hohem Inflationsdruck sollten Online-Händler ihre finanziellen Risiken permanent im Blick behalten. Das gilt natürlich nicht nur für die Preis- und Erlösseite, sondern auch für die Kostenseite. Im Online-Handel lauern Kostenfallen, die einen wesentlichen Einfluss auf KPIs wie Marge, Deckungsbeitrag oder Liquidität haben. Fortsetzung? Folgt! Watch this space.


Über den Autor

Dr. Roger Gothmann ist Co-Founder und Co-CEO von Taxdoo, über dessen Financial-Operating-System Online-Händler aller Größen ihre Umsatzsteuer im EU-Ausland sowie ihre Finanzbuchhaltung automatisiert abwickeln können. In seiner Kolumne „Butter bei die Fische – Dr. Roger Gothmanns Finance Corner“ gibt er Praxistipps und spannende Einblicke für Online-Händler.

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.