Kolumne: Facebook will jetzt alles sehen

Veröffentlicht: 10.11.2017 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 10.11.2017

Facebook hat so ziemlich alle Daten seiner Nutzer gespeichert: Lebensereignisse, dokumentiert durch Posts mit Emotions-Vermerk, Fotos und Standort-Angabe. Beziehungen werden munter in das Netzwerk eingetragen und deren Status aktualisiert. Vorlieben in Sachen Kinofilme, Musik, Fernsehsendungen, Hobbies, Nahrung etc. pp. – all das liegt auf den Servern des größten sozialen Netzwerks der Welt.

Doch jetzt wartet Facebook mit einem Service auf, der alle Daten bisher in den Schatten stellt: Das Unternehmen fordert seine Nutzer dazu auf, Nacktfotos, die man vielleicht gerade an seine Liebsten schicken will, doch zuerst bei Facebook hochzuladen. Zum Schutz, versteht sich. Denn immer wieder landen Nacktfotos ohne Zustimmung der abgebildeten Personen im Netz oder werden als sogenannte „Rache-Pornos“ verbreitet – halb Hollywood dürfte davon ein Lied singen können. Die Verbreitung der Nacktbilder aus den gehackten Cloud-Speichern zahlreicher prominenter Damen sorgte vor einiger Zeit für Aufruhr.

Facebook nimmt den gläsernen Menschen ernst

Damit die Nutzer von Facebook geschützt sind, sollen sie einen Chat mit sich selbst starten und dort die Nackt-Selfies, die sie rumzuschicken gedenken, hochladen. Das Bild landet auf dem Server von Facebook, wird mit einem Hash versehen und ist damit identifizierbar – was das Löschen im Fall einer unwissentlichen Verbreitung im Netz ermöglichen soll. Ob Facebook das Ganze über einen Algorithmus verwalten lässt oder dafür künftig ein Nackt-Selfie-Kontrollteam (vielleicht ja mit einem Head of Naked People) benötigt wird, ist bisher nicht bekannt. 

Außerdem ist da ja noch die Sache mit den Bildrechten, die Facebook sich ja beim Hochladen sichert.  „Für Inhalte, die durch Rechte am geistigen Eigentum geschützt sind, wie Fotos und Videos (IP-Inhalte), erteilst du uns ausdrücklich nachfolgende Genehmigung, vorbehaltlich deiner Einstellungen für Privatsphäre und Apps: Du gewährst uns eine nicht-exklusive, übertragbare, unterlizenzierbare, gebührenfreie, weltweite Lizenz für die Nutzung jedweder IP-Inhalte, die du auf bzw. im Zusammenhang mit Facebook postest (IP-Lizenz)“, heißt es in den Nutzungsbedingungen des Netzwerks.

Gut, nun versichert Facebook, dass die Nackt-Selfies der Nutzer nicht für andere Zwecke als den beschriebenen Schutz verwendet werden sollen. Aber Fakt ist, dass die Bilder in jedem Fall dann auf dem Facebook-Server gespeichert sind – und was irgendwo gespeichert ist, kann auch gehackt werden. Zumal Facebook obendrein nicht für seine Bemühungen im Datenschutz bekannt ist. Bisher war das Netzwerk dafür bekannt, aus seinen Nutzern gläserne Menschen zu machen. Nun will das Unternehmen ihnen auch tatsächlich an die Wäsche. Hätte man sich nicht ausdenken können...

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