Kolumne: Hello Captain Obvious – der Amazon Dash Button ist rechtswidrig

Veröffentlicht: 02.03.2018 | Geschrieben von: Julia Ptock | Letzte Aktualisierung: 18.05.2018

Ich möchte euch mit auf eine Zeitreise nehmen…

Damals, der 01. April 2015. Dieser Tag ist in der News-Redaktion immer ein ganz besonderer, denn man weiß nie, ob Unternehmen einen nicht übers Ohr hauen wollen. Umso skeptischer waren wir damals, als die Meldung, dass Amazon einen physischen Bestell-Button an den Start bringt, sich am 01. April verbreitete. Hitzige Diskussionen, Lagerbildung… War der Button echt, war er es nicht? Spätestens am 02. April war dann klar: Das ist kein Fake.

Ähnliche Lösungen sind schon wieder verschwunden

Aber dann gingen die Fragen erst richtig los. Hat sich Amazon das überlegt? Das ist doch in Deutschland auf Grund der Gesetzeslage doch eh nicht drin, oder? Wo findet sich die Widerrufsbelehrung? Wir waren uns ziemlich sicher, dass der Dash-Button schnell wieder von der Bildfläche verschwindet, weil er einfach nicht mit dem geltenden Recht vereinbar ist.

Doch es blieb von rechtlicher Seite her erstaunlich ruhig. Und da der Dash Button a) in den Medien viel Aufmerksamkeit bekam und b) auch von den Kunden angenommen wurde, dauerte es nicht lang, bis ähnliche Lösungen angekündigt wurden. Modomoto, die ihr Geld mit Curated-Shopping verdienen, brachte seinen Modomoto-Button an den Start. 2016 sollte er in den Schränken der Männer kleben. Nach der Ankündigung des Tests hat man jedoch nichts mehr davon gehört. Auf der Seite des Unternehmens findet man bis auf die damalige Unternehmensmeldung keine Infos – selbst das Erklärvideo ist offline, die Seite gibt es nicht mehr. Und auch bei den Entwicklern des ReButtons sieht es nicht viel anders aus. Zwar gibt es hier noch die Seite, doch will man sich die App mal etwas genauer ansehen, findet man weder im Apple Store noch im Google Play Store irgendwelche Ergebnisse.

Laut Gericht ist der Dash Button rechtswidrig

Amazon scheint sich jedenfalls als einziges Unternehmen mit seinem Dash Button durchgesetzt zu haben. Zumindest kenn ich den ein oder anderen, der so einen Button besitzt und ihn auch nutzt. Wie lang der Button jetzt aber tatsächlich noch genutzt werden kann, steht in den Sternen, dann das Landgericht München I hat den Button jetzt als rechtswidrig eingestuft. Im Urteil, das noch nicht rechtskräftig ist, heißt es, „dass der Kunde nicht hinreichend über bestellte Ware und Konditionen aufgeklärt werde“. Auch die Belehrung über den Widerruf und die Widerrufsfrist fehlen. Amazon räumt sich in den AGB zudem das Recht ein, einen anderen Preis als ursprünglich angegeben vom Kunden zu verlangen. Größter Kritikpunkt ist jedoch, dass Amazon den Kunden sämtliche Infos zum Kauf erst in der Bestellübersicht anzeigt und nicht vor dem Kauf.

Die Argumente des Gerichts sind schlüssig und können von jedem, der sich mit der Thematik beschäftigt, nachvollzogen werden. Das Amazon überhaupt so lang damit durchgekommen ist, verwundert. Gut – die Verbraucherschützer haben Amazon bereits im September 2016 abgemahnt. Und vielleicht liegt es auch nur an den langsam mahlenden deutschen Gerichtsmühlen, dass das Urteil erst jetzt gesprochen wurde – klar ist aber: Es wurde Zeit. Denn nur weil Amazon Amazon ist, hat das Unternehmen keine Sonderstellung. Wie jeder andere muss sich der US-Konzern an geltendes Recht halten.

Und jetzt?

Das Urteil gegen Amazon könnte ein Stück weit Signalwirkung haben, denn am Ende ist der Button nur ein Teil des so viel gehypten Internet of Things. Waschmaschinen die selbstständig Waschmittel nachbestellen oder ähnliche Produkte stellen die Hersteller vor rechtliche Herausforderungen. Automatisierte Bestellungen sind in Deutschland aus gesetzlicher Sicht problematisch, eben weil es so viele Vorschriften und Pflichten gibt. Sind Technologie und Recht an dieser Stelle überhaupt vereinbar? Die Frage wird die Zukunft klären müssen.

Fakt ist jedoch, dass die Branche und die Nutzer nicht gerade glücklich über die Entscheidung sind. In den Kommentaren zu unserem Artikel wird kritisiert, dass der rechtliche Stand „praxisfern und nicht mehr Stand der Dinge“ ist. Jedoch sind die Gerichte nicht für die Gesetze zuständig, nur für die Einhaltung dieser. Sie treffen Urteile aufgrund der Gesetze. Wird sich also in Zukunft an den Gesetzen nichts ändern, ist fragwürdig, ob sich automatische Bestellungen, wie sie vielleicht durch IoT-Geräte möglich sind, überhaupt durchsetzen können.

 

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