Kolumne: Alle kritisieren Amazon, außer die Verbraucher

Veröffentlicht: 04.07.2014 | Geschrieben von: Giuseppe Paletta | Letzte Aktualisierung: 04.07.2014

Es ist schon erstaunlich, wieviel Kritik, Protest und Gegenwind der Konzern Amazon ertragen kann, ohne dass sich die Verbraucher von ihm abwenden. Wohl kaum ein anderes Unternehmen würde die vergangene Woche ohne mindestens einen Shitstorm oder Verbraucher-Boykott überstehen. Gewerkschaften, Gesetzgeber, Autoren, Kartellbehörden, Verlage und Verbraucherschützer – alle wehren sich gegen Amazon. Doch Amazon fühlt sich in seiner Politik solange bestärkt, wie die Verbraucher weiterhin dort einkaufen.

Gewerkschaften und Buchbranche gegen Amazon

Amazon hat angekündigt, die ersten Bestellungen deutscher Verbraucher in seinen neuen Logistikzentren in Polen abzuwickeln. Wer Amazon kennt, hat Grund zur Annahme, dass das Unternehmen bald Stellen in Deutschland streichen wird und dafür mehr Aufträge nach Polen auslagert, wo die Löhne und Steuerabgaben für Amazon deutlich niedriger als bei uns sind. Internationale Gewerkschaften – darunter auch Vertreter aus Polen – haben sich in dieser Woche in Berlin getroffen, um deshalb künftig stärker zusammenzuarbeiten.

Stellvertretend für die deutsche Buchbranche hat der Börsenverein des Deutschen Buchhandels eine Beschwerde gegen Amazon beim Bundeskartellamt eingereicht. Amazon wird dabei Erpressung vorgeworfen, weil das Unternehmen angeblich für eine Erhöhung der Rabatte auf die Produkte der deutschen Verlage auf unlautere Methoden zurückgreife.

Französische Regierung stärkt Amazons Konkurrenz

Die französische Buchbranche wird durch den Gesetzgeber gegen Amazon in Schutz genommen. Dieser hat Anfang der Woche ein als „Anti-Amazon-Gesetz“ umschriebenes Gesetz verabschiedet. Es verbietet die Kopplung des zulässigen 5%-Rabattes mit kostenfreien Lieferungen beim Verkauf von Büchern, eine Praxis die vor allem Amazon bislang ausnutzte und die den stationären Handel stärken soll.

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat in dieser Woche eine Warnung vor Amazons hauseigener digitalen Währung herausgegeben, die eigentlich mit dem Fazit endet: Finger weg davon! Amazon Coins seien alles andere als kundenfreundlich, im schlimmsten Fall könnten sie sich in Luft auflösen.

Die Verbraucher beziehen keine Position

Und dann waren da Anfang der Woche noch die rund 100 renommierten US-Autoren, die sich in einem offenen Brief an ihre treuen Leser gewandt und aufgerufen haben, einen Brief an Amazon-Chef Jeff Bezos zu schreiben. Die Leser bzw. Amazon-Kunden sollten den Konzern davon abbringen, Verlage wie Hachette systematisch unter Druck zu setzen, um lukrativere Verträge aushandeln zu können.

Amazon wurde in dieser Woche von so gut wie jeder Seite kritisiert, einzig die Verbraucher scheinen unbeeindruckt zu sein. Doch solange jeder bei Online-Bestellungen immer gleich zu Amazon rennt, wird sich Amazon auch weiterhin mit dem Argument rechtfertigen können, im Sinne der Kunden zu handeln. Und schlimmer noch: Die Marktmacht von Amazon wird gefestigt und sämtliche Kritik nutzlos werden.

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