Wir wurden gefragt

Verpackungsgesetz: Warum gelten Online-Händler als Hersteller?

Veröffentlicht: 23.06.2023 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 18.07.2023
Person mit Paketen unter dem Arm

Es betrifft quasi alle Online-Händler, die physische Waren verkaufen: das Verpackungsgesetz. Dessen Hintergrund ist insbesondere die Produktverantwortung, schließlich werden viele Verpackungen irgendwann zu Abfall, mit dem umgegangen werden muss. Die Verantwortung dafür verteilt das Verpackungsgesetz und erlegt den Verantwortlichen verschiedene Pflichten auf. Und zu diesen Verantwortlichen gehören oftmals auch Online-Händler, die sich in der Folge in einem Register, dem Verpackungsregister LUCID, registrieren müssen, und die Verpackungen darüber hinaus auch noch „lizenzieren“. Wir wurden gefragt: Warum sind Online-Händler plötzlich auch Hersteller von Verpackungen?

Eine Übersicht über die wesentlichen Pflichten im Umgang mit systembeteiligungspflichtigen Verpackungen haben wir übrigens hier zusammengestellt.

Die Frage: Warum kann ein Online-Händler als Hersteller einer Verpackung gelten?

Wer in Deutschland Verpackungen auf den Markt bringt, der muss sich auch an deren Sammlung und Verwertung bzw. Entsorgung beteiligen. Das ist der Grundgedanke, der im Verpackungsgesetz steckt. Wo das Regelwerk viele Pflichten den Personen aufdrückt, die es „Hersteller“ nennt, könnte man denken: Gemeint ist wohl die Wellpappenfabrik um die Ecke, die die Verpackungen produziert. Tatsächlich aber sind die allzu häufig nicht betroffen, sondern eben Online-Händler, stationäre Händler oder auch Hersteller von Waren. Wie das kommt, das wird sich gleich schnell auflösen. 

Das Verpackungsgesetz kennt hier ganz viele unterschiedliche Kategorien, es unterteilt Verpackungen zum Beispiel nach Material oder mitunter auch nach Inhalt. Ein Unterscheidungskriterium ist aber besonders wichtig, wenn man als Online-Händler wissen will, was Phase ist: die Systembeteiligungspflichtigkeit. Für systembeteiligungspflichtige Verpackungen (Teaser: Das ist die Art von Verpackung, mit der wohl die meisten Online-Händler am häufigsten zu tun haben), gelten nämliche andere Regeln, als für Verpackungen, die nicht systembeteiligungspflichtig sind. Was dieser Begriff meint, schauen wir uns als Erstes an. 

Systembeteiligungspflicht – was soll denn das jetzt sein?

Pappe oder Papier, Rot oder Grün, ganz klein oder größer – darum geht hier nicht unmittelbar, sondern darum, wo die Verpackung als Abfall anfällt. „Systembeteiligungspflichtige Verpackungen sind mit Ware befüllte Verkaufs- und Umverpackungen, die nach Gebrauch typischerweise beim privaten Endverbraucher als Abfall anfallen“, sagt hierzu das VerpackG. Eine Verpackung gilt also, etwas pauschaliert, dann als systembeteiligungspflichtig, wenn sie typischerweise beim privaten Endverbraucher als Abfall anfällt. 

Das kann ein privater Haushalt sein, wie man ihn kennt, aber auch eine der sogenannten gleichgestellten Anfallstellen, die nach der Art der dort anfallenden Verpackungsabfällen den privaten Haushalten vergleichbar sind, zum Beispiel Kinos, Krankenhäuser oder Gaststätten (mehr Beispiele gibt es in § 3 Abs. 11 VerpackG). Dabei schaut man nicht auf jeden Karton einzeln, sondern betrachtet das typisierend: Wo würde eine Verpackung dieser Art üblicherweise anfallen? 

Und fällt nun die klassische Versandverpackung (bestehend etwa aus Karton, Füllmaterial, Klebeband etc.) typischerweise beim privaten Endverbraucher als Abfall an, ist sie insofern grundsätzlich als systembeteiligungspflichtige Verpackung einzuordnen. 

Tipp: Besonders für Hersteller von Waren hilfreich zur Einordnung ist dabei der Online-Katalog der Zentralen Stelle Verpackungsregister. Dieser klärt nach Eingabe der betreffenden Ware (z.B. „Waschmaschine“) darüber auf, unter welchen Umständen die Primärverpackung dieser Ware systembeteiligungspflichtig ist oder nicht. Das war es im Grunde schon. 

Wer nun schon ganz unruhig ist, weil bislang die Antwort auf die Frage ausblieb, warum denn jetzt nicht die Wellpappenfabrik, die einen Versandkarton produziert hat, verantwortlicher Hersteller dieses Kartons im Sinne einer systembeteiligungspflichtigen Verpackung sein soll, der findet die Antwort übrigens in der oben genannten Definition: Als systembeteiligungspflichtige Verpackung gelten nur „… mit Ware befüllte [...] Verpackungen“. Die Wellpappenfabrik, die Kartons produziert, die dann beispielsweise von Online-Händlern gekauft werden, ist hinsichtlich dieser Kartons also kein Hersteller systembeteiligungspflichtiger Verpackungen – weil die Kartons schlichtweg leer bzw. nicht mit Ware befüllt sind und insofern auch noch keine systembeteiligungspflichtige Verpackung darstellen. Und das bringt uns zum Begriff „Hersteller“.

Hersteller von Verpackungen – Unter welchen Voraussetzungen ist man das?

Erwirbt nun ein Online-Händler so einen Karton, um darin Herrn X. das Bügeleisen zu schicken, dass dieser im Shop gekauft hat, befüllt hingegen er diesen Karton mit Ware – und macht aus dem Karton eine systembeteiligungspflichtige Verpackung im Sinne des Verpackungsgesetzes. Der Online-Händler wird mit dem „Losliefern“ zum Hersteller dieser systembeteiligungspflichtigen Verpackung: „Hersteller ist derjenige Vertreiber, der Verpackungen erstmals gewerbsmäßig in Verkehr bringt“, heißt es im Verpackungsgesetz.

Um das klarer zu machen, kann man das Beispiel noch etwas ausbauen: Häufig befinden sich die Waren, die Online-Händler verschicken, nämlich schon in eigenen (Primär-)Verpackungen. So wird es auch beim erwähnten Bügeleisen sein. Hat der Online-Händler dieses Bügeleisen samt dessen Produktverpackung vor dem Verkauf bei einem deutschen Bügeleisenhersteller erworben, gilt nun wohl wer als Hersteller der Bügeleisenverpackung? Richtig, es ist nicht der Online-Händler, sondern es dürfte der Bügeleisenhersteller sein, der die Produktverpackung mit dem Bügeleisen befüllt und in Verkehr gebracht hat. Der Online-Händler bleibt in diesem Fall nur Hersteller der von ihm genutzten Versandverpackung. Würde der Bügeleisenhersteller im Ausland sitzen, könnte das jedoch anders sein – denn im Falle des Imports gelten noch einmal andere Regeln. 

Mehr dazu sowie zu den verschiedenen Pflichten, die Online-Händler als Hersteller von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen berücksichtigen müssen, gibt es in diesem Artikel

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