Dreist oder berechtigt

Kundin soll Rücksendekosten tragen – und plötzlich ist das Produkt kaputt

Veröffentlicht: 06.07.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 06.07.2023
Gekreuzte Finger
In unserer Reihe „Dreist oder berechtigt“ nehmen wir Forderungen und Fragen von Verbrauchern, Kunden und Arbeitnehmern unter die Lupe.

 

In dieser Woche hat eine eher kleine Händlerin Ärger mit einer Kundin: Diese bestellt bei der Händlerin eine Teekanne aus Porzellan. Kurz nach der Lieferung erklärt die Kundin den Widerruf und bittet um ein Rücksendeetikett. Die Händlerin meint mit Verweis auf die Widerrufsbelehrung, dass sie zwar gern ein Rücksendeetikett erstellt, die Kosten der Rücksendung aber von der Kundin getragen werden müssen. Nun gibt die Kundin plötzlich an, dass sie die Kanne zurückschicken will, weil sie bereits zerbrochen ankam. Als Beweis schickt sie ein Foto der zerbrochenen Kanne im Versandkarton. Wieder verlangt sie ein Rücksendeetikett und dazu noch die Erstattung der vollständigen Kosten samt Versandkosten. Die Händlerin will allerdings nicht an einen Transportschaden glauben – zu Recht?

Grundsatz: Beweislast und Versandkosten

In diesem Fall kommen gleich mehrere Themenkomplexe zusammen. Fangen wir mit den Versandkosten an: Online-Shops dürfen in der Widerrufsbelehrung grundsätzlich festlegen, dass die Kosten des Widerrufs, sprich die Rücksendekosten, von der Kundschaft zu tragen sind. Anders ist es allerdings im Gewährleistungsrecht: Ist das Produkt mangelhaft, weil beispielsweise durch den Versand ein Schaden entstanden ist (B2C-Bereich), muss der Rückversand durch den Online-Shop bezahlt werden. 

Dass das Produkt einen Schaden hat, muss die Kundschaft beweisen. Da wir es im B2C-Bereich aber mit einer Beweislastumkehr zu tun haben, wird vermutet, dass dieser Mangel bereits bei der Lieferung vorlag. Das verkaufende Unternehmen kann aber die Vermutung widerlegen, indem es beweist, dass das Produkt mangelfrei übergeben wurde. So weit erst mal die rechtlichen Hintergründe in aller Kürze.

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Fazit: Händlerin hat gute Chancen

Was bedeutet das aber für unseren Fall? Nun, die Kundin hat durch ein Foto belegt, dass die Kanne tatsächlich kaputt ist. Nun müsste die Händlerin beweisen, dass die Kanne bei der Übergabe durch das Versandunternehmen ganz war. Das kann sie aber eigentlich nicht. Allerdings spielen ihr hier die Gesamtumstände des Einzelfalls in die Hände: Die Vermutung, dass die Kanne durch den Transport kaputt gegangen ist, wird durch das Verhalten der Kundin erheblich erschüttert. Diese erklärte zunächst den Widerruf; erst nachdem sie darauf hingewiesen wurde, dass sie in diesem Fall die Versandkosten tragen muss, kam sie mit der Schadensmeldung um die Ecke. Ist dieses Verhalten üblich? Eher nicht. Kommt ein Produkt kaputt, wird die Kundschaft diesen Umstand in der Regel monieren und gerade nicht den Widerruf erklären. Hier wirkt es eher so, als hätte die Kundin die Vase absichtlich kaputt gemacht, um die Versandkosten nicht tragen zu müssen. 

Die Händlerin hat also gute Chancen, den Gewährleistungsanspruch einfach abzulehnen. Das Verhalten der Kundin ist also dreist.

Was wäre wenn…

… die Kundin nun aber auf ihrem Widerrufsrecht besteht. Nun, die Käuferin dürfte den Widerruf nicht ablehnen, könnte aber einen Wertersatz geltend machen. Da die Kanne unverkäuflich ist und sehr wahrscheinlich absichtlich beschädigt wurde, beträgt dieser Wertersatz 100 Prozent. Die Kundin müsste also den Rückversand bezahlen. Der Anspruch auf Kaufpreiserstattung würde mit dem Wertersatzanspruch verrechnet werden, so dass die Kundin unterm Strich leer ausginge.

Und was wäre wenn es sich tatsächlich um einen Transportschaden handelte? In so einem Fall hätte die Händlerin das Recht zur Nacherfüllung. Sie dürfte der Kundin also noch einmal eine Teekanne zuschicken. Eine Rückzahlungsanspruch ergibt sich noch nicht direkt. 

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