Kommentar zur ARD-Doku

Wieso vertraute die Politik René Benko?

Veröffentlicht: 12.02.2024 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 12.02.2024
Baustelle mit Signa-Banner

Der Name René Benko ploppte in den letzten Wochen und Monaten ständig in den Medien auf. Kein Wunder: Er ist der Vater der Unternehmensgruppe Signa, die sich auf Immobilienentwicklung spezialisiert hat. Dass diese Entwicklung nicht immer eine Gute war, wurde in den letzten Monaten immer deutlicher. Galeria Karstadt Kaufhof ist pleite – schon wieder. Das KaDeWe ist ebenfalls insolvent. Und der Elbtower wird wohl erstmal ein Skelett bleiben, welches als Mahnmal an eine außerordentliche politische Fehleinschätzung, mit der das Projekt einherging, erinnert.

In Summe soll der Benko-Signa-Investitions-Krimi die Steuerkasse in Deutschland wohl gut eine Milliarde Euro kosten. Aber: Warum vertrauten so viele Politiker René Benko? Dieser Frage geht die aktuelle ARD-Dokumentation „René Benko: Der Zocker und die Politik“ nach.

Der vorbestrafte Self-Made-Milliardär

Die Dokumentation skizziert nachvollziehbar, wie der österreichische Geschäftsmann René Benko, ein sprichwörtlicher Niemand, durch das Eingehen von Risiken und dem strategischen Spinnen von Kontakten Stück für Stück zu einem Jemand wurde. Ein Jemand, dem am Ende auch der Staat Geld zur Umsetzung von Projekten zur Verfügung stellte. Über dieser Anfangsgeschichte geistert dabei aber schon die Frage: Wieso um alles in der Welt hat sich die Politik auf eine Person eingelassen, die bereits vor zehn Jahren wegen Korruption verurteilt wurde? Damals ging es um eine Einflussnahme bei einem Verfahren in Italien. In Österreich wurde er daher wegen eines „Musterfalls von Korruption“ (O-Ton Richterin, Quelle: Kurier.at) zu einer einjährigen Bewährungsstrafe verurteilt. 

Eine wirkliche Antwort auf diese Frage kann nicht geliefert werden. Allerdings zeigt die Dokumentation wirtschaftliche Verquickungen auf und macht auf untypische Vertragsklauseln und verdächtig schnelle Genehmigungsverfahren aufmerksam. Der Zusammenschnitt aus Interviews, aktuellem und älterem Videomaterial lässt aber vermuten: Es ging um Macht, Geld, Anerkennung – und wahrscheinlich schwang auch eine ordentliche Portion Hybris mit.  

Von überhöhten Mieten und Mistkübeln

Aber: Kann man der Politik da wirklich einen Vorwurf machen? Immerhin ging es darum, die großen Warenhäuser vor der Pleite zu bewahren und damit auch darum, das viel beschworene Todesurteil für die Innenstädte noch mal in eine Bewährungsstrafe umzuwandeln. Na ja. Es hatte ja einen Grund, warum die großen Warenhäuser in Schieflage kamen. Und dass ein „Weiter so, wie es schon immer war“ schon immer wenig hilfreich für den Weg in die Zukunft war, ist eine Binsenweisheit. Aber dieser Umstand ist nur ein Aspekt des großen Ganzen, also: Zurück zu Benko. 

Dieser mimte laut der Dokumentation zunächst den Kaufhausretter und überhöhte dann die Mieten. Das Ende der Unternehmen, die der gute Benko doch retten wollte, war absehbar.  Neben den vielen Bauprojekten, die schlicht zum Stillstand kamen, war dies wohl auch ein Grund, aus dem die Signa Holding dieses Schicksal teilte. So konnte man kürzlich noch in einer Auktion in Wien das Mobiliar des Unternehmens ersteigern. Ein Teilnehmer ersteigerte sich zwei Mistkübel – also zwei Papierkörbe. Auf die Frage des „Warum“ kam die Antwort: „Ja, aber es war das günstigste. [...] Keiner kann sonst sagen, die haben vorher dem René Benko gehört.“

Als Abschluss genehmigt sich die Doku noch ein wenig Zynismus und schneidet ein Interview mit Benko aus dem Jahr 2007 rein und endet so mit seinen Worten: „Wenn erfolgreichen Leuten was passiert, freut man sich. Ich werde ihnen diese Freude nicht machen.“ So Unrecht hatte er mit dieser Prophezeiung auch nicht: Bereits im Oktober 2023 gerieten Unternehmen aus der Gruppe in die Schieflage. Aus der Signa zog er sich Anfang November kurz vor der Insolvenz zurück und ein erneutes Strafverfahren wegen Korruption endete in einem Freispruch. Andererseits hat Österreich gegen Benko persönlich einen Insolvenzantrag eingereicht. Es kann also sein, dass sein Privatvermögen nicht mehr allzu sicher ist. So oder so: Man will doch hoffen, dass man ihm nicht noch einmal vertraut.

Die Dokumentation kann in der ARD Mediathek abgerufen werden. 

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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