Einnahmen gesperrt

Seller in Existenzangst: Amazon behält seit Tagen Auszahlungen ein (Update)

Veröffentlicht: 07.11.2023 | Geschrieben von: Ricarda Eichler | Letzte Aktualisierung: 07.11.2023
Smartphone zeigt Amazon Seller Account

Auf Amazon zu verkaufen geht mit immer wieder auftretenden Änderungen und Regulierungen einher, welche auf Verkäufer:innenseite nicht selten für Frust sorgen. Doch während diese in der Regel wenigstens angekündigt werden, gibt es ab und an auch Probleme, bei denen sich Händler:innen vollkommen alleingelassen fühlen. So erreichen uns derzeit vermehrt Zuschriften, dass Amazon bereits seit Ende Oktober ohne nachvollziehbaren Grund Einnahmen einbehält. Manche berichten von Summen im sechsstelligen Bereich und einer nahenden Existenzangst. 

Auszahlungsstopp auf Amazon: Das ist bekannt

Das Problem, welches derzeit in fast allen EU-Ländern verschiedene Händler:innen betrifft, scheint seit circa Ende Oktober zu bestehen. Bisher hofften die meisten Betroffenen auf schnelle Klärung seitens Amazon, doch diese blieb – wie auch eine Auszahlung der Einnahmen – bisher aus. So berichten im Sellerforum zwar zahlreiche Personen von Rückmeldungen seitens Amazon, bei einigen entstand allerdings der Eindruck, dass auch die Service Mitarbeiter:innen nicht wissen, wo das Problem liegt. 

Eine Person erhielt etwa die Rückmeldung, es solle an der nicht angegebenen Kreditkarte liegen, eine andere wurde über IT-Probleme in Kenntnis gesetzt und bei wieder anderen seien Compliance-Regulierungen oder gar Steuernummerngaben das Problem. 

Das einzige, was sich folglich festhalten lässt, ist, dass es Sellerkonten jeden Alters trifft, die in Deutschland und der EU Waren vertreiben. Viele der Betroffenen gaben an, dass die Account Health (ein Indikator über etwaige offene Problemfälle) im grünen Bereich sei und sie seit Jahren überwiegend positive Bewertungen erhalten.

Spielt die Änderung der Basisrichtlinie Lieferdatum +7 eine Rolle?

Erst im August kündigte das Unternehmen eine grundlegende Richtlinienänderung an. Im Kern dieser steht ein deutlich längerer Rücklageneinhalt als zuvor. Konnten viele Händler:innen ihre Verkaufserlöse davor noch sieben Tage nach Verkauf abbuchen, sollte dies nunmehr erst sieben Tage nach Lieferung möglich sein.

Die Änderung, de facto eine Angleichung an einen seit 2016 international geltenden Standard, verärgerte die Verkäuferschaft, dass Amazon die Möglichkeit einer verlängerten Übergangfrist einführte. Händler:innen, die also zunächst ihre Betriebsprozesse an die neuen Modalitäten anpassen wollten, konnten die zusätzliche Frist bis 31. Januar 2024 in Anspruch nehmen.

 

Manche Personen im Sellerforum warfen dabei nun auch die Vermutung in den Ring, dass gewisse Amazon-Automatismen nun mit den Konten, welche die Übergangsfrist wahrnehmen und jenen, die bereits umgestellt wurden, durcheinander gerieten. Da jedoch bereits umgestellte wie auch aufgeschobene Konten betroffen scheinen, ist auch diese Theorie eher unwahrscheinlich.

Wir haben Amazon um eine Stellungnahme zum Fall gebeten. Sobald diese vorliegt, wird der Artikel ergänzt. 

Update vom 07.11.2023

Obwohl sich immer mehr Betroffene zu Wort melden, wird über die genauen Gründe bisweilen spekuliert. Von IT-Fehlern bis hin zu unvollständigen Steuernachweise ist in den diversen Seller-Foren zu lesen. Und zumindest dahingehend deutet Amazon in seinem Statement an, woher der Wind weht.

Amazon verlange, dass alle Shops ihren Umsatzsteuerpflichten nachkommen. Online-Marktplätze seien verpflichtet, neben bestimmten Verkäufen importierter Waren die Mehrwertsteuer auch auf Transaktionen zu erheben und abzuführen, an denen Verkäufer aus dem Ausland beteiligt sind. „Die Mehrwertsteuer wird von Amazon berechnet und beim Checkout vom Kunden einbehalten, Amazon führt diese direkt an die zuständigen Steuerbehörden ab“, heißt es weiter in dem heutigen Statement. Wichtig ist dabei, dass der konkrete Ort der Umsatzsteuerpflicht erfasst sein muss. Darüber hinaus wollte sich das Unternehmen nicht weiter äußern.

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Über die Autorin

Ricarda Eichler
Ricarda Eichler Expertin für: Nachhaltigkeit

Ricarda ist im Juli 2021 als Redakteurin zum OHN-Team gestoßen. Zuvor war sie im Bereich Marketing und Promotion für den Einzelhandel tätig. Das Schreiben hat sie schon immer fasziniert und so fand sie über Film- und Serienrezensionen schließlich den Einstieg in die Redaktionswelt.

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Kommentare  

#30 Michael 2023-11-11 11:29
Es wird ja niemand gezwungen auf Amazon zu verkaufen! Wir sind seit 13 Jahren Onlinehändler -haben noch nie auf Amazon verkauft- und es läuft super! AUCH OHNE AMAZON!
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#29 Gahn 2023-11-10 19:22
HALLO Ich weiß nicht ob das evtl interessant ist .Mir wurde wegen einem 250€ Gutschein mein Konto gesperrt . Seit nem Monat und weiß nicht warum nach gefühlten 50 Mails und Anrufe gebe ich langsam auf ob wohl ich noch Guthaben auf mein Konto habe .. Wie ist da die Rechtslage???? Mfg Herr Gahn
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#28 Kai-Uwe nochmal 2023-11-08 18:22
Passte nicht in den vorherigen Kommentar:

Auf Politik oder sonst wen zu warten halte ich für sinnlos. Ist bei M*crosoft, google oder sonst einem großen Anbieter was bewirkt worden? Die mussten zwar manchmal strafe zahlen, aber groß geändert hat sich in meinen Augen nichts. Microsoft liefert sein Betriebssystem sogar wieder mit eigenem Browser aus, wenn ich richtig liege. Auf der anderen Seite wird sich ja auch so oft aufgeregt, das zu viel geregelt wird ;-)
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#27 Kai-Uwe 2023-11-08 18:21
@Ralf #24: Es gab schon einen Tipp -> siehe JUS #18 in den Kommentaren. Andere haben auf ebay gewechselt.

Ich kann nicht verstehen, das man sich überhaupt so in Abhängigkeit bei A. begeben hat, das es ohne A. nicht geht. Der Interessenskonf likt (ein großer Händler öffnet seine Plattform für kleine Händler) war doch von Anfang an da. Das A. das nicht tut, damit andere Händler groß werden...

Wenn ich für eine Firma arbeite und die ist nicht mehr gut zu mir, na klar wechsel ich dann die Firma. Gewerkschaft brauche ich da nicht, ich handel dann selbst und erwarte nicht das jemand anders für mich tut. Derzeit ist es auf dem Arbeitsmarkt ja so, das überall Mitarbeiter gesucht werden.


Natürlich meine ich das mit der Gaststätte ernst ;-) Sicher gibt es keine ähnliche Plattform wie A.. Man kann aber seine Art zu Verkaufen ändern (siehe z.B. JUS #18 in den Kommentaren). Wie schon geschrieben, ich nutzt A. überhaupt nicht und ich lebe trotzdem gut ;-)

Der Markt regelt das mit A. nicht mehr selbst. Händler nutzten ja trotz aller Unzufriedenheit weiter A. Mit den Gebühren der Händler wird A. dann auch noch finanziert und mit den Produkten attraktiv gemacht. Wenn der Markt das regeln sollte, müssten die Händler A. verlassen.


Klar kann man auf A. gut Umsatz fahren. Aber ist es nicht so, das A. schaut was gut läuft und das dann selbst ins Programm nimmt? Wenn das so stimmt, dann unterstützt ja der Händler A. auch noch dabei gute Produkte zu finden, die sich super verkaufen.

Wenn es so wäre, das 80% Händler A. verlassen und A. die Lücke selber füllt, dann ist es so. Aber ein System weiter nutzten, womit man nicht zufrieden ist, wo man manchmal scheinbar sein Geld nicht bekommt, das ist ja auch nicht die Lösung!?

Ob g**gle die A. Ergebnisse zuerst ausspielt, weiß ich nicht, ich nutzte auch g**gle nicht. Meiner Meinung nach der einzige Weg die großen Anbieter nicht zu nutzen, also selber handeln. Aber die meisten Menschen sind da wahrscheinlich zu bequem (und und flüchten sich in die Aussage: es geht nicht anders).
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#26 Christian 2023-11-08 17:20
Seit einigen Tagen gibt es im Vine Programm von Amazon auch ganz überraschend den Hinweis, dass man bitte das Steuerformular ausfüllen solle. Ich habe dafür bis Ende Dezember Zeit. Neue Vine User müssen dies bei Anmeldung mit angeben. Da die Aktion sehr überraschend kam, könnte es wohl möglich sein, dass Amazon aktuell im Fokus der Finanzämter steht und daher strengere Prüfungen vornehmen muss. So eben auch Prüfung bestehender Verkäufer.
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#25 Kühn 2023-11-08 14:41
Hallo,

eigentlich finden wir solche Dinge bei a nur mehr zum lachen. Geld wurde bei uns auch nicht ausbezahlt und haben wir auch nie mehr bekommen ca. 7000 Euro. Dann über Anwalt usw. endlosspiel ca. 1,5 Jahr konnten wir dann was erreichen, Geld bekommen ohne Gericht, war dann aber durch die Gegnerischen Anwälte wieder weg, wegen sehr hohem Streitwert. Seit 2008 im e-commerce ca. 10 Jahre davon auch bei a und eines möchten wir unbedingt sagen warum wir hier schreiben: einfach Finger weg und es geht auch ohne, auch wenn man es nicht glauben möchte und das ganze jeden Tag mit 110% mehr Lust am Verkauf. A ist nur und wirklich nur für den Kunden. Händler sind nur Marionetten.
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#24 Ralf 2023-11-08 14:31
@ Kai-Uwe. Du hast doch bestimmt für deinen schlauen Tipp auch ein Lösung als Beispiel für Händler die auf Amazon verkaufen und weg wollen. Bei deinem Tipp könnten man "verkaufen bei Amazon" mit dem Wort "arbeiten" ersetzen.

Das würde sich dann in etwa so anhören: "Wenn man für eine Firma arbeiten geht und diese dadurch groß wird, darf man sich nicht über die schlechten Arbeitsbedingun gen beschweren. Es wird viel übers Arbeiten gemeckert, aber es wird weiter arbeiten gegangen. Jeder Ruf nach Gewerkschaft ist eigentlich quatsch, da es jeder selber in der Hand hat und aufhören kann zu arbeiten. Jeder hat das "Druckmittel" in der Hand.

Und dein Vergleich mit der Gaststätte hast du ja jetzt nicht ernst gemeint. Gaststätten kann ich wechseln wie ich will, aber eine Verkaufsplattfo rm die genügend Umsätze fährt gibt es leider nicht in dieser Auswahl. Genau hier liegt der Hund begraben. Ich kann mir eine andere Arbeitsstelle suchen, ich kann die Gaststätte wechseln, kann den Supermarkt wechseln, ich kann die Reifen wechseln, kann mir ne andere Freundin suchen. Von allem gibt es genug Auswahlmöglichk eiten. Aber bezüglich Amazon nicht, da Amazon ein Monopol hat. Monopol heißt, es gibt nicht wirklich eine Alternative. Wie mit der Post. Werde wohl kaum eine Möglichkeit haben, mein Briefversand über ein anderes Unternehmen abwickeln zu können. Und wenn ich deinen Rat als mittelständiges Unternehmen befolgen würde, wäre die Konsequenz den größten Teil der Mitarbeiter zu entlassen. Rein hypotetisch, es würden 80 % der Händler bei Amazon aufhören, was wäre die Konsequenz? Wiederum 80 % von diesen 80 % würden pleite gehen oder so klein werden, das auf dem Markt Lücken entstehen. Wer wird diese Lücken füllen? Amazon natürlich. Letztendlich sind die Händler auch noch Konkurrenten bei Amazon, an denen Amazon allerdings mitverdient. Der Verlust durch weggehende Händler wird also Amazon zum größten teil durch eigenen Verkauf wieder rausholen. Hier kann nur noch der Staat oder die Politik Abhilfe schaffen, da der Markt es nicht mehr regeln kann. Und die großen amerikanischen Konzernen kratzen sich kein Auge aus. Sieht man schon bei Google. Amazon ist in den Suchergebnissen bestens gelistet. Wie soll man sich neben einem Monopol als Händler behaupten, wenn auch andere entscheidende Konzerne wie Google den Monopolisten bevorzugt bei der Suche ausspielen?
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#23 Philipp 2023-11-08 14:22
Das geht doch schon seit Jahren so ab bei Amazon. Steigen die Verkaufserlöse, steigt auch der Frust. Wir hatten nur Amazon Payments als Zahlungsart für den eigenen Onlineshop, dennoch war es sehr ärgerlich ständig irgendwelche Unterlagen nachzureichen. Sie hatten ja eigentlich schon alles. Aber gut so haben wir uns schließlich Ende 2019 gegen Amazon entschieden und es läuft nicht schlechter ;D.
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Eigene Produkte sollte man eh über die eigene Plattform verkaufen und die Großen nicht noch größer machen. Lieber schauen das man selbst eine eigene Marke etabliert.
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#22 chembaer 2023-11-08 14:21
Ich kann die Kommentare hier gut nachvollziehen. Gott sei Dank sind wir bisher nicht betroffen.

Ja, man kommt an Amazon als Online-Händler nicht vorbei, aber Amazon braucht eigentlich auch die Händler (nur weiß das dort anscheinend keiner).

Es sollten sich einfach mal alle Händler einig sein und auf Amazon 24h lang keine Artikel anbieten. Amazon hätte dadurch gewaltige Umsatzeinbußen und auch Kundenverluste, wenn bestimmte Waren bei Amazon nicht kaufbar wären. Wäre außerdem ein wirksames Mittel, die Medien auf die Probleme mit Amazon aufmerksam zu machen.

Leider wird dies nicht funktionieren, da es immer Schmarozer geben wird, die sich nicht beteiligen und dann Reibach machen wollen.

Also werden wir Händler weiter wie dumme Schafe alles akzeptieren, was Amazon treibt.
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#21 Andreas 2023-11-08 11:04
Als a im Jahr 2018 dieses perfide Spiel das erste Mal mit uns abzog, haben wir sofort gehandelt. Mit Lieferanten und Versanddienstle istern gesprochen und um Zahlungsaufschu b gebeten, mit den Banken gesprochen ob eine temporäre Erweiterung der Kreditlinie möglich wäre und eine Notfalllösung für unsere Mitarbeiter besprochen. Juristisches Einschreiten haben wir auch diskutiert aber wegen der Langwierigkeit solcher Angelegenheiten nicht weiter verfolgt.

Bei uns wurden damals rund 130.000 Euro einbehalten.

Zur Lösung hat seitens a genau überhaupt niemand mit gearbeitet. Die "Verkäuferhotli ne" bei a kann sich gerne in "Abteilung mit eingeschränkten Deutschkenntnis sen zum Abwimmeln unliebsamer Anfragen" umbenennen. Die immer wieder benannte "Fachabteilung" , an die unser Anliegen angeblich weitergeleitet wurde, existiert vermutlich gar nicht.

Anfänglich habe ich nur 1x täglich telefoniert oder einen neuen Fall geöffnet. Das hat 3 Wochen lang gar nichts gebracht. Dann habe ich die Frequenz jeden Tag erhöht. 5 Anrufe, 5 Fälle täglich aufgemacht, zum Ende hin dann 15 Fälle und Telefonate. Im Stundentakt. Nach 6 Wochen dann, übrigens ohne das Nachreichen von irgendwelchen Unterlagen, die Freigabe der Umsätze.

Konsequenz: Als erstes haben wir unsere Umsätze bei a auf maximal 30% unseres Gesamtumsatzes begrenzt. Gingen bei Aktionen die Umsätze steil nach oben waren bei Überschreitung von 30% dann automatisch alle Artikel auf a ausverkauft. In anderen Kanälen waren die Artikel natürlich noch bestellbar. Inzwischen haben wir unseren Account bei a gänzlich geschlossen.

Jedes mal wenn von a eine Mail mit dem Intro "Wir freuen uns Ihnen mitteilen zu können, dass im Rahmen der Kundenzufrieden heit folgendes ab sofort umzusetzen ist...." gekommen ist, wussten wir: es kostet Zeit und Geld. Darauf hatten wir im Laufe dieses Jahres dann absolut keinen Bock mehr.

Auf nimmer Wiedersehen a.
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