Urteil

Verwendung von #DubistEinMann gegenüber Transfrau ist keine Beleidigung

Veröffentlicht: 09.11.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 09.11.2023
Perso hält Flagge für Trans

Der Ton in sozialen Netzwerken ist nicht selten rau. Oftmals jonglieren die Nutzer:innen dabei zwischen Meinungsfreiheit und rechtswidrigen Äußerungen, wie etwa Beleidigungen. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Hinweisbeschluss vom 26.9.2023, Az. 16 U 95/23) hat nun festgestellt, dass die Verwendung des Hashtags „#DubistEinMann“ unter dem Tweet einer Transfrau eine zulässige Meinungsäußerung ist. 

Diskussion auf X 

Die Klägerin ist Journalistin, Transfrau und Aktivistin. Auf der Plattform X twitterte sie folgenden Beitrag: „Beim @Frauenrat tummeln sich gerade jede Menge #TERF #TERFs in den Kommentaren. Gebt dem Frauenrat doch mal ein wenig Support (Herz-Emoji).“ Die Abkürzung TERF steht für Trans-Exclusionary Radical Feminism („Trans-ausschließender Radikalfeminismus“). Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass der damit bezeichnete Personenkreis transgeschlechtliche Personen, insbesondere Transfrauen diskriminiert oder die Transidentität als solche infrage stellt

Die Beklagte reagierte darauf wie folgt: „8 likes (Smiley-Emoji mit lachendem Gesicht und Schweißtropfen) times changed! #DubistEinMann“. Gegen die Verwendung des Hashtags „#DubistEinMann“ wollte die Klägerin im Eilverfahren vorgehen. Die Beklagte sollte es unterlassen, die Information zu verbreiten, bei der Klägerin handle es sich um einen Mann. Nachdem der Antrag zunächst vom Landgericht Frankfurt (Urteil vom 6.7.2023, Az. 2-03 O 228/23) abgelehnt wurde, scheiterte das Begehren nun auch in der nächsten Instanz. 

Hashtags sind keine direkte Ansprache

Um zu beurteilen, ob die Antwort auf den Tweet rechtswidrig war, musste das Gericht den Inhalt durch die Augen eines verständigen und unvoreingenommenen Lesenden bewerten. Mit dem Kommentar äußerte die Beklagte in erster Linie ihre Kritik an dem von der Klägerin erwähnten Beitrag des deutschen Frauenrates, in dem es um das Selbstbestimmungsrecht und Transgeschlechtlichkeit ging. „Mit ihrem Kommentar bringe die Beklagte zum Ausdruck, dass das Thema an gesellschaftspolitischer Bedeutung verloren und die Einstellung hierzu sich geändert habe“, heißt es dazu in der Pressemitteilung des OLG Frankfurts

Für die Verwendung des Hashtags stellte das Gericht klar, dass dieser keine direkte Ansprache der Klägerin darstelle: Es handle sich dabei um eine „verallgemeinernde, d.h. an jede Transfrau gerichtete Aussage“, führte das Gericht dazu aus. Die Verwendung des Begriffes „Mann“ gehe dabei mit denen durch die Klägerin verwendeten Hashtags „#TERF“ und  „#TERFs“ einher. Ausschlaggebend sei außerdem, dass die Verwendung von Hashtags im Allgemeinen der Verschlagwortung und Indexierung von Inhalten diene. Eine rechtswidrige Schmähkritik liege hier jedenfalls nicht vor. Vielmehr überwiege die Meinungsfreiheit der Beklagten: Die Klägerin begebe sich als Aktivistin wiederholt in die Öffentlichkeit und mache das Selbstbestimmungsrecht und ihr eigenes Geschlecht zum Gegenstand eines gesellschaftlichen Diskurses. Das in dem Tweet thematisierte Selbstbestimmungsgesetz und die damit verbundenen Wirkungen berührten die Öffentlichkeit wesentlich. Entsprechend habe die Meinungsfreiheit Vorrang vor dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin. 

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Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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