Wir wurden gefragt

Woran erkenne ich, ob ein Unternehmen oder Verbraucher bei mir bestellt?

Veröffentlicht: 18.07.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 18.07.2023
Weißer und schwarzer König auf Schachbrett nebeneinander.

Schnell mal was auf Arbeit liefern lassen oder die letzten paar Dinge für den Urlaub fix vom Unternehmens-Account aus bestellen – was für die Kundschaft bequem ist, kann für Verkaufende zum Problemfall werden. Wir haben uns mal angeschaut, warum das problematisch sein kann und wie Online-Shops mit diesen Konstellationen umgehen können.

Gretchenfrage: Verbraucherrechte Ja oder Nein?

Ob es sich bei der Kundschaft um ein Unternehmen oder eine natürliche Person, die durch Verbraucherrechte besonders geschützt ist, handelt, wird vor allem dann spannend, wenn beispielsweise vom Widerrufsrecht Gebrauch gemacht wird. Dieses steht Unternehmen nicht zu. Auch bei der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen ist diese Unterscheidung wichtig: Verbraucherschützende Normen sehen etwa andere Beweisregeln vor. 

Daher ist es für den Online-Shop von großer Bedeutung zu wissen, ob hier nun ein Kaufvertrag mit einem Unternehmen (B2B) oder mit einem/einer Verbraucher:in (B2C) geschlossen wurde. 

Objektive Kriterien entscheidend

Tätigt eine sogenannte natürliche Person eine Bestellung, kann in aller Regel davon ausgegangen werden, dass diese Person zu Recht vom Verbraucherschutz profitiert. Schwierig kann es allerdings werden, wenn beispielsweise ein Solo-Selbstständiger etwas bestellt. In solchen Fällen kommt es ganz entscheidend auf den Zweck der Bestellung an. Wurde das Produkt für die Verwendung im Beruf gekauft oder für den privaten Gebrauch? Die Frage mag simpel erscheinen, kann aber durchaus zum Stolperstein werden: So kann ein Kugelschreiber sowohl für den beruflichen Zweck (beispielsweise Notizen beim Kundengespräch) erworben werden, aber auch für den privaten Bereich (Einkaufszettel schreiben). Etwas klarer wird es, wenn die Notarin eine Badehose bestellt. Sehr wahrscheinlich wird sie diese nicht für den nächsten Termin mit ihrer Mandantschaft erworben haben, sondern eher für die anstehende Urlaubsreise.

Auf die Details kommt es an

Wie immer kommt es also auf die objektiven Umstände des Einzelfalls an. Dass ein Produkt an eine Unternehmensadresse gesendet wird, ist jedenfalls noch kein alleiniger Beleg dafür, dass das Produkt für gewerbliche Zwecke erworben wurde. In der Realität ist es nun einmal nicht unüblich, dass Personen ihre Bestellungen für den privaten Gebrauch an den Arbeitsplatz senden lassen. Weitere Indizien für einen gewerblichen Kauf können etwa eine große Bestellmenge oder die Bezahlung über ein Unternehmenskonto sein.

Was ist jetzt aber, wenn eine Person beispielsweise vom Widerrufsrecht Gebrauch macht und der Online-Shop diesen Widerruf ablehnt, da die Bestellung möglicherweise im gewerblichen Kontext bestellt wurde? In so einem Fall muss die Kundschaft beweisen, dass die Bestellung für den privaten Gebrauch getätigt wurde. 

Bequemlichkeit zum Schaden der Kundschaft

Was ist nun aber, wenn jemand für den privaten Gebrauch in einem reinen B2B-Shop bestellt und dafür Schranken umgeht? B2B-Shops müssen einige Sicherheitsmechanismen einrichten, um zu verhindern, dass Verbraucherverträge zustande kommen. Bestellt nun jemand über seinen eigenen Unternehmens-Account für den privaten Zweck etwas, laufen diese Mechanismen ins Leere. Muss in solchen Fällen ein Widerruf akzeptiert werden? Nein: Umgehen Verbraucher:innen bewusst Schranken, indem sie beispielsweise einen bestehenden Unternehmens-Account benutzen, verwirken sie ihre Verbraucherrechte (BGH 11.5.2017, Az: I ZR 60/16). Das Gleiche gilt auch für Personen, die sich gegenüber einem Unternehmen als Gewerbetreibende ausgeben, also bei der Bestellung im B2B-Shop echt wirkende Fake-Daten angeben. Wird wahrheitswidrig gehandelt, kann die Geltendmachung von Verbraucherrechten mit Hinweis auf die Grundsätze von Treu und Glauben abgelehnt werden.

Nicht ganz so gut sieht es allerdings aus, wenn B2B-Shops keine ausreichenden Sperren haben, es also für die Kundschaft eher leicht ist, dort Bestellungen zu tätigen, obwohl die Unternehmereigenschaft nicht vorliegt. Hier können sich Verbraucher:innen oftmals zurecht auf Verbraucherrechte berufen, da es sich um ein Versäumnis des Shops handelt.

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

Sie haben Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie Sandra May

Kommentare  

#1 Jan 2023-07-18 20:36
Interessant wäre noch zu wissen, welche „Sicherheitsmec hanismen“ denn allgemein als ausreichend anerkannt werden. Ich betreibe einen B2B-Shop und habe auf allen Seiten oben einen entsprechenden Hinweis darauf, das Feld „Firmenname“ ist außerdem Pflicht und es gibt zu guter Letzt bei der Bestellung eine Checkbox, mit der man manuell bestätigen muss, dass man nicht als Privatperson kauft. Aus meiner Sicht sollte das ausreichen. Aber man weiß ja nie … Gibt es Erfahrungen dazu oder konkrete Gerichtsentsche idungen etc.?
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