Dreist oder berechtigt

Kundin will zugeschnittene Meterware zurückgeben

Veröffentlicht: 24.08.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 23.08.2023
Roter Stoff wird zurecht geschnitten.
In unserer Reihe „Dreist oder berechtigt“ nehmen wir Forderungen und Fragen von Verbrauchern, Kunden und Arbeitnehmern unter die Lupe.

 

In dieser Woche führt uns unser Fall wieder in den Handmade-Bereich: Eine Kundin bestellt bei einer Stoffhändlerin einen Meter Stoff. Diesen schneidet die Händlerin vom Ballen ab und schickt ihn der Kundin zu. Kurz darauf meint die Kundin, sie habe sich vertan und erklärt den Widerruf. Die Händlerin verweigert den Wunsch. Immerhin habe sie den Stoff nur für die Kundin abgeschnitten. Ein Widerruf sei daher ausgeschlossen. Die Kundin sendet die Ware dennoch zurück und verlangt eine Erstattung. Zu Recht?

Grundsatz: Individualisierte Ware und das Widerrufsrecht

Im B2C-Bereich muss nicht für jeden Kauf im Fernabsatzhandel ein Widerrufsrecht eingeräumt werden. Für welche Fälle von Anfang an kein Widerrufsrecht vorgesehen ist, regelt das Gesetz. Hier steht, dass das Widerrufsrecht in den Fällen ausgeschlossen ist, in denen ein Produkt nach Kundenspezifikationen gefertigt wurde.

Der Sinn und Zweck der Regelung sind, dass Händler:innen nach einem Widerruf nicht auf ihrer Ware sitzen bleiben, weil sie sie schlicht niemand anders dafür interessieren wird. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein Familienfoto auf ein Kissen gedruckt wurde. Im Kern geht es also um die Frage, ob die Ware so personalisiert wurde, dass ein Weiterverkauf nicht möglich ist. Kann das Produkt – wenn auch mit einem verhältnismäßig kleinen Verlust – weiterverkauft werden, darf der Widerruf nicht abgelehnt werden.

Fazit: Händlerin muss Stoff zurücknehmen

Was bedeutet das nun für unseren Fall? Die Händlerin hat den Stoff zwar extra für die Kundin zurechtgeschnitten, allerdings handelt es sich nicht um eine Kundenspezifikation im Sinne des Widerrufsrechts. Sie kann den Stoffabschnitt problemlos weiterverkaufen. In Stoffläden findet man solche Abschnitte oftmals als „Reststücke“ zu einem etwas reduzierten Preis. Die Kundin besteht also zu Recht auf die Erstattung. 

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