Erzwungener Verkauf

TikTok-Verbot: Langer Rechtsstreit ist vorprogrammiert

Veröffentlicht: 25.04.2024 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 25.04.2024
TikTok

Ein mögliches Verbot wird TikTok nicht hinnehmen. Nachdem in den USA ein Gesetz auf den Weg gebracht wurde, welches TikTok-Eigner ByteDance dazu verpflichtet, das Videonetzwerk zu verkaufen, hat die Plattform in einer Videobotschaft klargestellt, dass man sich dagegen wehren werde. „Seien Sie versichert, wir gehen nirgendwo hin. Täuschen Sie sich nicht, dies ist ein Verbot. Ein Verbot von TikTok und ein Verbot von Ihnen und Ihrer Stimme. Die Fakten und die Verfassung sind auf unserer Seite und wir erwarten, dass wir siegen werden“, sagte der TikTok-Chef laut Spiegel in einer Videobotschaft.

Schon zuvor hatte ByteDance angekündigt, sich gegen einen Zwangsverkauf oder ein mögliches Verbot juristisch zu wehren, da es sich um einen Angriff auf die Meinungsfreiheit handeln würde. Und tatsächlich ist aktuell noch nicht klar, ob der Vorstoß der US-Regierung Erfolg haben kann. Die USA müssten bei einer Klage Belege dafür liefern, dass TikTok die nationale Sicherheit gefährdet. Zudem müsste erklärt werden, warum das Gesetz speziell auf TikTok zugeschnitten ist. Es gibt auch Kritik von Teilen der demokratischen Partei, denn von künftigen Regierungen könnte das Gesetz zur Beschneidung der Redefreiheit missbraucht werden. Ein vorheriger Verbotsvorstoß in Montana wurde gerichtlich gestoppt, weil er nicht mit der US-Verfassung vereinbar sei. Die Diskussion um ein Verbot von TikTok wird sich wohl noch eine Weile hinziehen. 

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So berichtete OHN am 24.04.2024: TikTok-Verbot: Jetzt wird es Ernst

Die Diskussionen über ein Verbot von TikTok reißen nicht ab. Sowohl in den USA als auch in Europa und Deutschland wird das soziale Netzwerk von der Politik kritisch gesehen. Zumindest in den Vereinigten Staaten könnte es nun aber schneller gehen als gedacht. Nachdem ein entsprechender Gesetzesentwurf aus dem März wegen mangelnder Erfolgsaussichten nicht mehr verfolgt wurde, ist ein neues Gesetz nun auf dem Weg.

Am Samstag stimmte das US-Repräsentantenhaus für das Gesetzesvorhaben, das dem aus dem März ähnelt, diesmal aber mit anderen Maßnahmen gebündelt wurde, vor allem mit den Militärhilfen für die Ukraine, Israel und Taiwan. In den USA ist es, vereinfacht gesagt, so, dass Gesetzespakete entweder komplett durchgewunken oder abgelehnt werden. Daher werden eventuell umstrittene Vorhaben von der Politik gern mit solchen gebündelt, die sehr wahrscheinlich Zustimmung erhalten werden. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch stimmte nun auch der US-Senat mit überwältigender Mehrheit (79 zu 18 Stimmen) dafür, wie u. a. die FAZ berichtet.

TikTok: Verkauf, sonst Verbot

Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, hatte schon im Vorfeld gegenüber der Washington Post gesagt: „Der Senat ist nun bereit für den nächsten Schritt.“ Das heißt konkret, dass TikTok nun neun Monate Zeit hat, einen neuen Eigentümer zu finden. Ansonsten wird es aus den Appstores von Apple und Google in den USA verbannt. Präsident Biden hat bereits bestätigt, dass er das Gesetz unterzeichnen wird. Unklar ist noch, ob das Vorhaben vor US-Gerichten bestehen kann. Frühere Verbotsdrohungen scheiterten, so weit wie das aktuelle Gesetzesvorhaben ist aber auch noch kein Vorstoß gekommen.

TikTok-Eigentümer ByteDance gilt in den USA als chinesisches Unternehmen. Die Befürchtung lautet: Ein chinesisches Unternehmen muss im Zweifel an die Regierung in Peking berichten. Die chinesischen Behörden könnten demzufolge Zugriff auf persönliche Daten US-amerikanischer Nutzer:innen erhalten. Darüber hinaus bestehe die Gefahr, dass China die Plattform für politische Propaganda missbrauche.

 

TikTok dementiert und kritisiert

ByteDance selbst erklärt im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens einmal mehr, dass man sich nicht als chinesisches Unternehmen sehe. ByteDance befinde sich zu 60 Prozent im Besitz westlicher Investoren, der Firmensitz liege auf den Cayman Islands. Allerdings hat ByteDance eine Zentrale in Peking und die chinesischen Gründer halten 20 Prozent des Unternehmens – und haben damit die größten Stimmanteile.

Gegenüber der Washington Post erklärt TikTok: „Es ist bedauerlich, dass das Repräsentantenhaus unter dem Deckmantel wichtiger ausländischer und humanitärer Hilfe ein weiteres Mal ein Verbotsgesetz durchsetzt, welches das Recht auf freie Meinungsäußerung von 170 Millionen Amerikanern mit Füßen treten, 7 Millionen Unternehmen vernichten und eine Plattform schließen würde, die jährlich 24 Milliarden Dollar zur US-Wirtschaft beiträgt.“

Zweifelhafter Fanclub

US-Präsident Biden ist für ein TikTok-Verbot, befindet sich aber in einer Zwickmühle. Eine harte Position gegenüber China ist ihm, den Demokraten und den Wähler:innen wichtig. Bei jungen Amerikaner:innen ist TikTok aber enorm populär und die braucht Biden, will er im November wiedergewählt werden. Biden kann die aktuell festgelegten neun Monate für einen Zwangsverkauf noch auf zwölf Monate verlängern – das würde die endgültige Entscheidung in einen Zeitraum nach der Wahl verschieben.

Es gibt aber auch in den USA Stimmen, die ein Verbot ablehnen. Ob diese Stimmen für das Videonetzwerk hilfreich sind, ist allerdings fraglich, denn die prominentesten Gegner eines Verbots sind Donald Trump und Elon Musk. TikTok sei ein wichtiges Gegengewicht zu Facebook, sagte Trump in einem Interview, in dem er Facebook auch als „Feind des Volkes“ bezeichnete, so der Spiegel. Elon Musk ist ebenfalls gegen ein Verbot, da es aus seiner Sicht gegen die Rede- und Meinungsfreiheit verstoßen würde, „auch wenn ein solches Verbot der Plattform X zugutekommen könnte“, so Musk.

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Über den Autor

Christoph Pech
Christoph Pech Experte für: Digital Tech

Christoph ist seit 2016 Teil des OHN-Teams. In einem früheren Leben hat er Technik getestet und hat sich deswegen nicht zweimal bitten lassen, als es um die Verantwortung der Digital-Tech-Sparte ging. Digitale Politik, Augmented Reality und smarte KIs sind seine Themen, ganz besonders, wenn Amazon, Ebay, Otto und Co. diese auch noch zu E-Commerce-Themen machen. Darüber hinaus kümmert sich Christoph um den Youtube-Kanal.

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Kommentare  

#2 Dirk 2024-04-23 10:10
Prinzipiell bin ich auch für möglichst große Freiheiten. Aber bei TikTok liegen neben dem potentiellen Datenabfluss die Gefahren doch ganz woanders:
TikTok sorgt durch seine Algorithmen dafür, dass Nutzer immer känger online bleiben. Die Folge: Ganze Generationen verblöden, verschwenden Lebenszeit, die ansonsten produktiv genutzt werden könnte.
So wird westlichen Gesellschaften massiv geschadet.
China weiß ganz genau, warum TikTok in der westlichen Form in China selbst verboten ist - dort gibt es nur eine stark zensierte und überwachte Form.
Deshalb gilt in diesem Fall: Ein Verbot für TikTok ist ein Gewinn für die Gesellschaft.
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#1 Torsten 2024-04-23 08:45
Wenn den USA etwas zu gefährlich wird, werden Unternehmen zum Verkauf gezwungen oder verboten. Ich bin kein Fan von TikTok, da es ein hohen Suchtpotential hat. Aber es dient der Meinungsfreihei t, die hier tatsächlich einmal mehr mit Füßen getreten wird.
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